Westerwalseder Florian Moch im Ensemble der Augsburger Puppenkiste - Von Fred Olthoff

Ein Kindheitstraum wurde wahr

So wie dem Piratenkapitän Jack Sparrow verpasst Florian Moch mit handwerklichem Geschick jeder seiner Marionetten einen individuellen Charakter Foto: Olthoff
 ©Rotenburger Rundschau

Wie viele kleine Kinder verfolgte Florian Moch aus Westerwalsede gespannt die Abenteuer der Augsburger Puppenkiste vorm Fernsehgerät. Er hegte den Wunsch die berühmten Figuren wie Jim Knopf, und Urmel aus dem Eis nachzubasteln. Schon im Alter von fünf Jahren entstand seine erste Marionette. Das Hobby ließ ihn nicht mehr los und wurde zum Beruf.

Der Student der Theaterwissenschaften absolvierte 2005 ein Praktikum in seinem Lieblingstheater im Schwabenland. Nach Abschluss des Masterstudiengangs bewarb er sich Mitte des Jahres erfolgreich auf eine freie Stelle im Ensemble des berühmten Marionettentheaters. "Nach der Praktikumszeit habe ich immer Kontakt zu den Puppenspielern gehalten“, sagt Moch. "Die Kollegen haben mich sofort informiert, als eine Stelle frei wurde.“ Im August erhielt er die Zusage auf seine Bewerbung. 70 Menschen sind in der Augsburger Puppenkiste beschäftigt und kümmern sich um alle Belange. In dem fünfzehnköpfigen Puppenspieler-Ensemble kann der Westerwalseder schon kleinere Rollen übernehmen. "Wichtig ist, dass ich jetzt Erfahrung sammel.“ Zirka drei Jahre wird es dauern, bis er genug Spielreife entwickelt hat, um eine größere Nebenrolle zu übernehmen. Der Richtwert für Hauptrollen liege bei sechs Jahren. "Um die nötige Routine zu bekommen, braucht es Zeit.“ In der Augsburger Puppenkiste sind Allround-Talente gefragt. Die Ensemblemitglieder spielen nicht nur, sondern gestalten auch die Marionetten und betätigen sich als Kulissenschieber. Beim Umbau während der Aufführungen müssen alle mit anpacken. Der schnelle Kulissenwechsel in den Pausen der ein bis eineinhalb Stunden langen Stücke müsse genauso wie jeder andere Handgriff sitzen, "Teamarbeit und Timing sind sehr wichtig“, weiß Moch. Die Dialoge werden von den Marionettenspielern nicht live gesprochen, sondern im Tonstudio von Schauspielern und professionellen Synchronsprechern auf Band aufgenommen. "Das hat sich bewährt.“ Der Theatersaal mit der sogenannten Guckkastenbühne bietet Platz für 220 Zuschauer. Auch wenn die Bühnenstücke nicht im Fernsehen zu sehen sind, dürfen die aus dem TV bekannten, aufklappenden Deckel der Puppenkiste natürlich nicht fehlen. Am Nachmittag werden Märchen für Kinder aufgeführt, abends werden Stücke wie der Sommernachtstraum von Willam Shakespeare gespielt. Die Figur des Puck wird von Ben Becker gesprochen. "Der Schauspieler kann natürlich nicht jeden Abend live auftreten.“ Deshalb wird auch hier eine Tonbandaufnahme eingespielt. Tradition ist eine alljährliche Neuproduktion eines Kabarettstücks, das jeweils zu Silvester Premiere feiert. Dafür werden von einer AG des Ensembles Figuren der Zeitgeschichte wie die Bundeskanzlerin als Biene Merkel und der Außenminister als Wester-Willy angefertigt. Wer einmal live dabei sein möchte, sollte sich rechtzeitig Karten sichern, denn die Puppenkiste erfreut sich großer Beliebtheit bei Jung und Alt. Florian Moch schnuppert in alle Abteilungen des Marionettentheaters wie die Schreinerei, die Malerei und das Tonstudio rein. Hilfreich bei seiner Arbeit seien seine im Laufe der Jahre erworbenen Kenntnisse, die sein theoretisches Theaterwissen ergänzen. Mit geschickten Händen hat er schon vielen Marionetten mit markant geschnitzten Gesichtszügen, Fäden und Spielkreuz zum Leben erweckt. Dazu gehört beispielsweise der Piratenkapitän Jack Sparrow aus "Fluch der Karibik“ Für die Herstellung seiner Figuren, die zum Großteil aus Lindenholz geschnitzt und mit Ölfarbe bemalt werden, benötigt der 24-Jährige circa 45 bis 65 Arbeitsstunden. "Durch das Herausarbeiten der Gesichtszüge erhält jede Marionette ihren individuellen Charakter.“ Der von ihm produzierte Kurzfilm "Splettrhex“ wird nochmals passend zu Hallween am morgigen Montag, 31. Oktober, 20.15 Uhr, auf ZDF Kultur im Digitalfernsehen gezeigt. Darin geht es um mysteriöse Leichenfunde, faulen Zauber und Heldentaten. Natürlich kommt neben den Horroreffekten auch die romantische Liebe nicht zu kurz. Die Arbeit im Augsburger Ensemble macht ihm großen Spaß. "Ich finde es prima, dass es direkt nach meinem Studium richtig losgeht“, freut sich der Westerwalseder auf das schnelle Engagement. "Damit ist für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.“ Währnd eines einwöchigen Arbeitspraktikums musste er sein Talent als Puppenspieler unter Beweis stellen. Mit Erfolg: "Ich war noch eingeschriebener Student, als ich die Zusage bekam. Damit ich im August rechtzeitig einsteigen konnte, musste ich schnell die Magisterarbeit schreiben.“ Es sei schon vorteilhaft für die Bewerbung gewesen, dass er schnitzen und auch schon eine eigene Produktion vorweisen konnte. Kreativität und handwerkliches Geschick sind wichtige Fähigkeiten. Ein Studium ist nicht unbedingt erforderlich, aber eine abgeschlossene Berufsausbildung. "Meine Teamkollegen kommen aus unterschiedlichen Handwerksberufen. Mein Studium als theoretischer Hintergrund ergänzt sich aber prima mit dem praktischen Part.“

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