Leserbrief

Eine Aufgabe der Gesellschaft

Zu: "Standortsicherung statt Besitzstandswahrung - Haupt- und Realschule bald gemeinsam organisiert“ (Rundschau-Online vom 20. August)

Das dreigliedrige Schulwesen mag den Eindruck erwecken, als ob leistungsschwächere Kinder die Hauptschule, die Kinder eines mittleren Leistungsspektrums die Realschule und die leistungsstärksten Kinder ein Gymnasium besuchen würden. Untersuchungen wie TIMSS und PISA haben jedoch gezeigt, dass sich beispielsweise die Lerngruppen der Hauptschule und der Realschule in ihren Leistungen keineswegs eindeutig voneinander abgrenzen. Dies wird auch am Beispiel der Schullaufbahnempfehlung und der Leseleistung der Kinder am Ende von Klasse vier deutlich: Von Kindern im unteren Leistungsbereich des Lesens erhalten 57,8 Prozent eine Empfehlung zur Hauptschule und 32,9 Prozent zur Realschule, im mittleren Leistungsbereich des Lesens werden 25,4 Prozent zur Hauptschule und 45,9 Prozent zur Realschule empfohlen. Die Zahlen weisen darauf hin, dass es Kinder beider Leistungsgruppen sowohl in der Haupt- als auch in der Realschule gibt und dass die Leseförderung eine Aufgabe beider Schulen ist. Fazit: Kinder sind nicht aufgrund ihrer Schulleistungen in diesem oder jenem Fach Hauptschüler oder Realschüler, sondern sie werden durch die erzwungene Sortierung des dreigliedrigen Schulsystems zu solchen gemacht. Die Befürchtung, dass Hauptschüler die Qualität des Unterrichts in einer gemeinsamen Schule verschlechtern könnten, entbehrt jeder Grundlage. Die Qualität wird vor allem bestimmt durch eine geeignete innere Differenzierung des Unterrichts. Strategien der Leseförderung unterscheiden sich nicht nach Schulformen sondern vielmehr von Kind zu Kind. Angesichts der bestehenden Situation in Visselhövede ist darüber nachzudenken, wie die Bündelung der Energien (sinnvolle Zeit- und Raumstrukturen, Teamstrukturen von Lehrkräften) in einer veränderten Schulstruktur zu guten Lernmöglichkeiten für alle Kinder und Jugendlichen dieser Stadt führen kann. Der Gedanke der Schulgemeinschaft, zu der alle Kinder einer Gemeinde gehören, könnte im Jahr 2010 helfen, das im Kaiserreich (1870–1918) entstandene Schulsystem zu verändern. Wichtig dabei ist: Die Emotionen der direkt Beteiligten, also der Kinder, Eltern und Lehrkräfte bei diesen Veränderungen sind natürlich. Wir müssen sie ernst nehmen, sensibel mit ihnen umgehen und könnten fragen: Was braucht ihr, um Wege der Veränderung zu gehen? Welche Schwierigkeiten befürchtet ihr? Welche Wünsche habt ihr? Entscheidet sich die Stadt für eine veränderte Schulstruktur, sind es doch die Beteiligten, die ihren Weg zu diesem Ziel selbst finden und steuern müssen. Sie im Dialog miteinander dabei zu unterstützen, ist Aufgabe der Gemeinschaft. Martin Pape, Visselhövede Leserbriefe stellen keine redaktionellen Meinungsäußerungen dar. Sie geben die persönlichen Ansichten ihrer Verfasser wieder. Ein Anspruch auf Veröffentlichung besteht nicht. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

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