NATUR-LOOKS Folge 193: Ein über 500 Jahre alter Waldstandort und seine Geschichte - VON CHRISTIANE LOOKS

Das Wedeholz – Wenn der Wald rauscht

Ehemalige Hofanlage im Wedeholz
 ©Joachim Looks

Rotenburg – Im Naturschutz stellen Schutzgebietsausweisungen komplexe Aufgaben dar, die sich lange hinziehen können. Die Zeiten sind vorbei, in denen innerhalb eines halben Jahres vom Sandabbau bedrohte Binnendünen am Rande der Wümmeniederung unter Schutz gestellt werden konnten unter Beteiligung betroffener Grundstücksbesitzer wie beim ältesten Naturschutzgebiet unseres Landkreises, den Vossbergen. Heute sind Entwürfe einer geplanten Verordnung nebst Begründung nach entsprechend veröffentlichtem Hinweis mindestens einen Monat zur Einsichtnahme für jedermann öffentlich auszulegen, damit Bedenken und Anregungen vorgebracht und behördlicherseits abgewogen werden kann, ob Kritik berücksichtigt oder unter Nennung des Ablehnungsgrundes unbeachtet bleibt. Da reicht es nicht mehr, wie 1934 alle Beteiligten zu einem Termin einzuladen, um deren Zustimmung zum Vorhaben zu kassieren.

Bei kreisübergreifenden Schutzgebieten stellt nicht jeder beteiligte Landkreis eine eigene Verordnung auf, sondern es übernimmt derjenige Kreis, auf dessen Gebiet sich der größte Flächenanteil befindet. Auslegung, Abwägung und endgültige Genehmigung erfolgen dann in den jeweiligen Landkreisen nach gesetzlicher Vorgabe für den eigenen Bereich.

Der historische Waldstandort „Wedeholz“ ist seit 2019 Naturschutzgebiet gemäß der FFH-Richtlinie, wobei von der 183 Hektar großen Fläche lediglich 14 Hektar im Bereich des Landkreises Rotenburg liegen, folglich also der Landkreis Verden die Verordnung erstellte. Es ist nicht ungewöhnlich für das Gebiet, dass sich zwei Kreise den Bereich teilen, denn das heutige Naturschutzgebiet weist eine wechselvolle Geschichte auf. 1488 wurde das Gebiet zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt, in der Bürgern von Rotenburg durch den Verdener Bischof Bartholdo die Eichel- und Buchenmast im Wedehofwald, wie der Wald auch genannt wurde, geschenkt bekamen für ihre Dienste auf der Rotenburger bischöflichen Burg. Aber bereits 200 Jahre später kam der Wald wieder zurück zum Amt Verden, weil die Dienste der Rotenburger Bürger für den Bischof in Rotenburg wegfielen – das Sekretariat des Bischofs konnte rechnen!

Der Name des Wedeholzes geht auf das mittelniederdeutsche Wort „Wede“ zurück und bedeutet „Wald“. Bis 1725 gab es hier zwei Meyerhöfe, Wohnsitze von Verwaltern (Meiern) des bischöflichen Waldes, die landwirtschaftlich genutzt wurden.

Was macht das Wedeholz für den Naturschutz interessant? Es ist der durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Tot- und Altholz sowie Höhlenbäumen begünstigte Bestand an Fledermäusen in dem von Eichen und Buchen geprägten Wald. Von den 19 in Niedersachsen heimischen Fledermausarten leben 13 Arten im Wedeholz, darunter die selten gewordene Bechsteinfledermaus oder das Große Mausohr, das in Waldgebieten jagt. Hutewaldreste aus der Zeit der Bewirtschaftung mit Vieh, das nicht nur Eicheln und Bucheckern suchte, sondern auch junge Bäume verbiss, bereichern neben einem kleinen, waldfreien Moor den mehrere hundert Jahre alten Waldstandort, der nicht nur Rückzugsort für streng geschützte Fledermausarten ist, sondern auch für geschützte Vogelarten wie Schwarz-, Bunt-, Mittel- und Kleinspecht oder Trauer- sowie Grauschnäpper. Landschaftlich galt er schon lange als „schön“ wegen seiner lange Zeit bewusst gepflegten „Waldbilder“. Auch wenn es heute keine Rundwanderwege mehr gibt, um die ebenfalls vielfach gelobte Ruhe und Stille des Schutzgebietes nicht unnötig zu stören, gibt es nach wie vor Möglichkeiten, den Wald im Winde rauschen hören zu können.

Dieser Empfehlung des 1786 geborenen Arztes und Schriftstellers Justinus Kerner lässt sich nach wie vor am besten dort nachspüren, wo der damalige Förster meiner Schulklasse Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zeigte, dass ein Wald, vor allem ein sehr alter wie das Wedeholz, über „schöne“ Waldbilder verfüge. Wir sind damals mit dem Linienbus von Verden in das Wedeholz bis zur Bushaltestelle Wedehof gefahren, um über den Weg links des Hofes auf dem Foto zum heute ehemaligen Forsthaus zu gelangen, von wo aus der Förster mit uns dem Waldweg tiefer in „seinen“ Wald folgte und auf die von ihm sorgfältig gepflegten Waldbilder aufmerksam machte, wo der Wald besonders „schön“ im Winde rauscht.

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