Wolfgang und Traute Dreier aus Schwitschen sind der BMW Isetta verfallen - VON GUIDO MENKER

Eine Knatterbüchse mit zwölf PS

Wolfgang Dreier ist in seiner Werkstatt ganz in seinem Element, wenn er erklärt, was die Isetta so besonders macht.
 ©Guido Menker

Schwitschen – Sie machen sich wieder einmal auf den Weg. Für eine Woche geht’s in Richtung Titisee. Dort steigt von Freitag bis Sonntag das nächste Isetta-Treffen. Die Vorfreude bei Wolfgang und Traute Dreier aus Schwitschen ist groß. Schließlich dreht sich an diesen Tagen wieder alles um die Knatterbüchse mit den zwölf PS. Die Isetta – das ist die große Leidenschaft des 80-Jährigen und seiner 73-jährigen Frau.

„Die Isetta war schon immer mein Traumauto“, berichtet Traute Dreier. Schon vor mehr als 30 Jahren – sie fuhr einen Golf II – war sie drauf und dran, ihren flotten Volkswagen abzugeben und sich eine Isetta anzuschaffen. Davon erzählte sie seinerzeit auch, als sie Wolfgang kennenlernte. Und der habe gesagt: „Ich habe eine.“ Vier Jahre später läuteten die Hochzeitsglocken – das gerahmte Hochzeitsfoto entstand vor einer BMW Isetta.

Wolfgang Dreier hat sich seine erste Isetta 1962 gekauft – für 65 D-Mark. „Ich hatte gar keine Ahnung davon, und zuerst bin ich schwarz auf einem Flugplatz damit gefahren.“ Diese Möglichkeit hatte er als gelernter Flugzeugtriebwerkmechaniker. Nach und nach fand er große Freude an diesem Auto mit der Fronttür und den zwei Sitzplätzen. „Aber dieses Fahrzeug war schon bald nicht mehr gern gesehen, es war nicht besonders beliebt. Für viele war es einfach nur eine Knatterbüchse.“ Auch die Mädchen seien nicht gerade begeistert gewesen, sie seien lieber auf einem Motorrad mit gefahren, berichtet Dreier. „Nur dann, wenn es regnete, sind sie eingestiegen.“

Wolfgang Dreier ist eigentlich Bückeburger. Zuletzt hat er in Celle gearbeitet. 1997 ist er in den Ruhestand gegangen. „Dann sind wir in mein Elternhaus hier in Schwitschen eingezogen“, sagt seine Frau. Ein Haus mit großem Hof und mehreren Nebengebäuden. Es gibt also viel Platz, um im Ruhestand der Leidenschaft reichlich Raum zu verschaffen. Eine blaue Isetta, die Wolfgang Dreier wahrscheinlich wieder verkaufen wird, steht in einer Scheune. Der Motor ist ausgebaut; er muss überholt werden. Viele Jahre lang hat sich der Techniker mit dem kleinen Gefährt intensiv beschäftigt und daran herumgeschraubt. Das geht heute nicht mehr so einfach. „Für mich ist es die Höchststrafe – ich werde erblinden.“ Ganze acht Prozent noch betrage seine Sehfähigkeit auf einem Auge – viel zu wenig, um den passenden Schraubenschlüssel zu finden. Traute Dreier assistiert und hilft auch beim Ausbau des Motors. So ganz kann der 80-Jährige es einfach noch nicht lassen.

Die Leidenschaft erhalten sie sich dennoch – auch wenn Wolfgang Dreier selbst nicht mehr fahren darf und seine Frau beim Fahren mit Zwischengas nicht besonders gut zurechtkommt. Deshalb steuern sie das 44. Clubtreffen in Baden-Württemberg mit dem Wohnmobil an – die knallrote Isetta kommt auf den Anhänger.

Wolfgang Dreier gehört dem Club seit 1978 an, und mehr als sechs Jahre war er Vorsitzender. „Als ich den Posten übernahm, hatten wir 450 Mitglieder. Als ich ihn an meinen Nachfolger abgegeben habe, waren es etwa 1 400.“ Daran lässt sich ablesen, dass die beiden Senioren aus Schwitschen nicht alleine dastehen mit ihrer Leidenschaft. Die gilt zwar den Autos grundsätzlich, aber vor allem die kleinen haben es ihm angetan, sagt Dreier. In einer weiteren Garage steht ein knallroter Karmann Ghia – den holt er an diesem Tag aber nicht heraus. Es regnet.

Auch dieser Wagen ist attraktiv im besten Sinne – er zieht die Blicke auf sich. Das gelte aber noch mehr für die Isetta, sagt Dreier: „Egal, wo man damit unterwegs ist, die Menschen lächeln und rufen einem zu. Manchmal kommen sie und sagen, schon ihr Opa habe so einen gefahren.“ Es sei nicht zuletzt diese besondere Form des Kleinwagens, der eine Spitzengeschwindigkeit von 85 bis 90 km/h erreicht. „Dieses Auto verzaubert die Gesichter vieler Menschen.“

Das haben er und seine Frau Traute oft erlebt – auch in den USA. 30 Jahre ist das her, zusammen mit Freunden gingen sie auf große Tour. Die Kleinwagen kamen in einen Schiffscontainer, die Freunde sind im Flugzeug rüber. Drei Wochen durch mehrere Bundesstaaten – „wir haben da einiges erlebt“, strahlt Traute Dreier heute noch. Sie zeigt Fotos von damals. Lange Strecken, kleiner Tank – „also haben wir sie aufgefüllt, wo immer es ging“. Wenn dann aber gerade einmal eine Gallone in den Tank lief, haben sie an der Kasse schon komisch geguckt.

Das gilt auch für die Menschen, die in einem Stadion beim Baseball waren. Die Gruppe hatte die Aufmerksamkeit von Polizisten geweckt. „Sie sind auch eingestiegen und mit uns gefahren.“ Dann die Idee: Die Polizei organisierte einen Ausflug ins Stadion, ein Sohn spielte dort mit. Unter Polizeigeleit ging es zum Baseball. Alle waren begeistert. Auch die Spieler. Sie alle unterschrieben auf einem Ball – und der liegt heute im „Nostalgieraum“ auf dem Hof.

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