VON MICHAEL KRÜGER

Landrat erwartet Kritik

Paraderolle: Marco Prietz als Landrat bei einer Rede im Kreistag. Foto: Menker
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Rotenburg – Die Gardinen sind neu, an der Wand hängt Banksys „Balloon Girl“, und das alte Ledersofa muss auch mal raus. Aber es gibt noch Dringenderes zu tun, als das Landratsbüro aufzuräumen. Ein Jahr ist Marco Prietz hier nun zuhause. Und man wird den Verdacht nicht los, dass mit dem heute 34-Jährigen doch langsam etwas frische Luft durch die große Behörde weht.

„Ich vergleiche den Landkreis gerne mit einem großen Tanker“, sagt der Bremervörder, der das Amt nach seinem klaren Wahlsieg von CDU-Parteifreund Hermann Luttmann übernommen hat. Mehr als 1 000 Mitarbeiter zählt der Landkreis, „viel PS und Zugkraft“, sagt Prietz. Fahrt aufzunehmen, koste allerdings viel Zeit und Kraft. „Wenn er aber rollt, dann hält ihn keiner auf.“ Man müsse sich nur dran gewöhnen, dass es manchmal eben drei Schritte vor und dann wieder zwei zurückgehe.

„Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“, war ein Zitat, das Prietz in seiner Nominierungsrede beim CDU-Kreisverband vor zwei Jahren benutzte. Und wo ist er nun als Landrat besser geworden? „Es gibt in dieser Aufgabe einen permanenten Mangel an Zeit“, so eine von Prietz’ Erkenntnissen nach zwölf Monaten. Damit einhergehend habe er etwas lernen müssen, was ihm zuvor schwerfiel: Geduld. Weil eben nicht alles auf Anhieb klappt, und weil sich auch nicht alles umsetzen lasse, was man sich wünsche. Und, vielleicht ein ganz neuer Satz aus dem Rotenburger Landratsbüro: „Ich mache auch Fehler.“ Viele Mitarbeiter seien überrascht gewesen, dass sie gefordert seien, auch Kritik zu üben, mehr eigene Initiativen einzubringen. Dem „Klima einer traditionellen Behörde“, so Prietz, wolle er mit „Humor und Selbstironie“ etwas mehr Lockerheit verleihen. Man schreibe schließlich das Jahr 2022 – in Besprechungen sitzt Prietz nicht automatisch mehr am Kopfende: kleine Stellschrauben im Miteinander.

Zuallererst wird eine Behörde aber natürlich an dem gemessen, was sie leistet. Und was sie für den Bürger – heute oft: Kunde – bewirkt. Schon im Wahlkampf hatte Prietz beispielsweise immer wieder notwendige Veränderungen im Bauamt angemahnt. Die habe man auf den Weg gebracht. Offene Stellen bis hin zur Amtsleitung seien besetzt und Arbeitsabläufe optimiert worden. Die Folge: Habe es zu Beginn des Jahres noch 180 unbearbeitete Bauanträge mit Wartezeiten von vier bis fünf Monaten gegeben, liege man aktuell bei 50.

Mobilfunkausbau, Investitionen in Schulen und Straßen, höhere Defizite durch steigende Energiekosten, die Unterbringung von Flüchtlingen, andauernde Belastungen durch die Pandemie: Beim Gespräch blickt Prietz nur kurz auf seinen kleinen Notizzettel, um die großen Baustellen in der Kreispolitik sachlich zu umreißen. Mit fast zehn Millionen Euro droht der kommende Haushalt ins Minus zu rutschen, die Schulden des Landkreises werden durch die vielen Investitionen nach vielen Jahren des Abbaus wieder kräftig steigen.

„Ich habe hier viel zu tun für die nächsten Jahre“, sagt Prietz, um damit auch vorerst Spekulationen aus dem Weg zu räumen, das Landratsamt sei für ihn nur ein Sprungbrett auf dem Weg in die Berliner Politik. Noch viel habe er im Kopf, was er im Kreis bewegen will.

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