Wittorfer Kindergarten pflegt bilinguales Konzept - Von Nina Baucke

Englisch für „Bären“

Welcher Tag ist heute? Alena Lühmann stellt ihre kleinen Schützlinge auf die Probe. Foto: Nina Baucke
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Wittorf. „Who is missing today?“ Alena Lühmann breitet eine Reihe Fotos mit Kindern auf dem Boden aus. Wer ist heute nicht da? Der dreijährige Henry zeigt nach kurzem Überlegen auf ein Foto. „Very good!“, lobt Lühmann. Für die Erzieherin ist Englisch die Alltagssprache, wenn sie mit ihren Schützlingen im Kindergarten „Wittorfer Zwergenstube“ spricht. Seit einigen Jahren bietet die Einrichtung ein bilinguales Konzept an – ein Unikum im ganzen Landkreis. Und seit dem 1. August sind erstmals gleich zwei Erzieherinnen als sogenannte „Native Speaker“ mit an Bord.

„Das ist wie ein Sechser im Lotto“, schwärmt Kindergartenleiterin Ute Schorpp-Bolz über Lühmann und Natalie Löffler. „Wir sind glücklich, dass wir die beiden gefunden haben, sodass wir unser englischsprachiges Konzept jetzt auf weitere Füße stellen können.“ Währenddessen hat Lühmann, die ein Jahr als Au-pair in Connecticut an der Ostküste der USA gelebt hat, nur auf so ein Angebot gewartet: „Ich kann hier wieder Englisch jeden Tag anwenden und lerne sogar selber was dazu“, freut sie sich. Löffler wiederum hat einige Zeit in einem Kindergarten in der Nähe von Manchester gearbeitet. „Wir merken daher untereinander, dass es Unterschiede in unserem Englisch gibt“, sagt sie. „Ich rede einfach schneller“, ergänzt Lühmann. „Da muss ich mich immer wieder mal bremsen.“

Die Idee, aus der „Zwergenstube“ eine bilinguale Kindertagesstätte zu machen, war 2008 ein Elternwunsch gewesen. „Und wir haben nur die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und uns gefragt, wie wir das machen sollen“, erinnert sich Schorpp-Bolz. Für sie und ihre Kolleginnen war damals klar gewesen: Mit ein bisschen Englisch im Morgenkreis oder in einer Stunde pro Woche ist es nicht getan. „Wir wollten Nachhaltigkeit.“

Die Lösung: Ein „Native Speaker“, also jemand, der Englisch auf muttersprachlichem Niveau spricht, bleibt den ganzen Tag konsequent im Englischen. „Als 2012 der erste ,Native Speaker‘ bei uns angefangen hat, haben die Kinder eine Woche lang versucht, ihr Deutsch beizubringen“, erzählt Schorpp-Bolz mit einem Lachen. „Dann kam bei ihnen die Erkenntnis: Wenn es mit Deutsch nicht klappt, muss ich versuchen, Englisch zu verstehen.“

Dazu gehört, dass Löffler und Lühmann mit den „Polar Bears“ und den „Brown Bears“, so die beiden Gruppennamen, im Morgenkreis und auch so beim Spielen konsequent Englisch sprechen – aber auch untereinander. „Nur wenn wir im Besprechungsraum sind und kein Kind in der Nähe ist. „So ist es für sie normal, sie wissen, dass sie bei mir anders sprechen müssen – und notfalls mit Händen und Füßen“, sagt Lühmann. Überhaupt geht vor allem am Anfang viel mit Gestik und Mimik. „Es läuft viel über Wiederholungen. Anfangs war ,Wash your hands‘ noch von Waschbewegungen der Hände begleitet“, erinnert sich Schorpp-Bolz. Jetzt reicht der Satz – und die Kinder gehen Händewaschen. Lühmann sagt: „Clean up!“– und die kleinen „Bären“ räumen auf.

Auch die Jeddingerin sieht, wie sich Englisch im Alltag der Kinder verankert. „Wenn es in der Kuschelecke zu laut wird, sage ich ,It’s to loud in the cosy corner!‘. Darauf kam ein: ,Okay, wir sind leise!‘. Ein Mädchen sagt zu uns nicht mehr Danke, sondern ,Thank you‘. Es ist einfach schön, zu erleben, wie Kinder das aufnehmen“, sagt Lühmann.

„So etwas sind Erfolge, die uns bestärken, dass unser Weg richtig ist“, erkärt Schorpp-Bolz.

Bei allem ist es ihr wichtig, dass es dabei nicht um eine Verschulung des Kindergartens geht. „Wir haben einen Bildungsauftrag, wir fördern Kompetenzen wie Ausdauer, sich zurückzunehmen und so weiter – auf Deutsch und Englisch“, so die Kindergartenleiterin. „Wenn unsere Kinder zur Schule kommen, können sie auf Englisch Körperteile benennen und ihre Gefühle ausdrücken, sie kennen die Farben, Zahlen, einige Gegenstände und Tiere. Zwar dauert es dann, bis sie wieder Englischunterricht haben, aber Grundwissen ist da, der Zugang zu dieser Sprache ist offener.“

Schorpp-Bolz ist von dem Konzept überzeugt: „Mich verwundert es, dass wir damit noch so einzigartig sind. Denn wir können den Kindern auf diese Weise etwas für ihre Zukunft mitgeben, eine Chance.“

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