Visselhövede. Belgien und die USA, Japan und Visselhövede: Das Erfolgsensemble Quattrocelli kommt gut herum – nicht ohne Grund, denn die vier Cellisten Lukas Dreyer, Tim Ströble, Matthias Trück und Hartwig Christ begeistern die Menschen weltweit. 1997 fanden sie zusammen, seitdem sind sie unzertrennlich. Abseits des Mainstreams, dafür direkt an der Vissel spielen die Musiker am Freitag, 19. August, ab 20 Uhr ihr Programm „Scenes“ – und fügen sich damit perfekt ins Kultursommer-Konzept 2016.
Eure Musik ist das Skript fürs Bühnenprogramm, sagt ihr. Wie kann man sich das vorstellen, was erwartet die Konzertgäste am Freitag, wenn „Scenes“ beginnt?
Tim Ströble: Wir haben ausgewählte Filmmusik eigens für unser Quartett aufgearbeitet und arrangiert. So, dass es zu uns gut passt. Das hat super funktioniert, weil wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Musikalisch ist es sehr gemischt, ganz verschiedene Stilarten. Und ein Lichttechniker ist dabei, der die Stimmungen visuell unterstützt, für die die Musik sorgt. Er ist für uns eine Art fünfter Mann, der Nils Lauterbach. Nun gibt es ja kaum einen Film ohne Musik, die Auswahl ist dementsprechend groß. Star Wars, Pulp Fiction und Fluch der Karibik sind dabei – nach welchen Kriterien habt ihr die Soundtracks ausgesucht? Ströble: Es ist ganz witzig, denn irgendwie ist es so: Wenn die Musik gut ist, dann ist auch der Film gut. Entscheidend war für uns in erster Linie aber die Musik, nicht der Film. Es sind Titel geworden, die wir selbst gern hören, die einfach hängenbleiben. Wir mussten aber auch sehen, was mit einem Cello-Quartett funktioniert. Wir versuchen, Klänge zu finden und testen Kombinationen. Was gut ist, schreiben wir auf. Die Zuhörer werden also bekannte Titel wiedererkennen, aber sie tragen eure eigene Note, richtig? Ströble: Genau, das ist wie eine eigene Sprache. Die Gäste werden so etwas sagen wie „Ah, das kenn ich doch!“ und früher oder später darauf kommen. Und das ist auch das Schöne: das Publikum mit einzuspannen. Genau das ist auch unser Ziel. Wir wollen nichts eins zu eins kopieren, sondern mit dem Material etwas Eigenes machen. Worauf das Publikum in Visselhövede sich freuen darf, wissen wir jetzt. Worauf freut ihr euch denn? Ströble: Auf eine gute Stimmung! Wir haben auf jeden Fall immer Lust zu spielen. Wir sind auch davor in der Woche schon unterwegs, danach geht’s direkt zum Rheingau-Musik-Festival. Das ist schön, so ein paar Konzerte hintereinander zu haben. Wir genießen das und freuen uns drauf! Visselhövede – das ist auch ein witziger Name, oder? Vis-sel-hö-vede (lacht). Zurück auf Anfang: 1997 habt ihr euer Quartett gegründet. Wie kam das? Ströble: Wir haben alle an derselben Hochschule studiert, und es hieß, wir sollen Kammermusik machen. Da kam uns die Idee: Versuchen wir es doch zu viert, alle mit Cello. Dann haben wir uns während des Studiums gegründet und uns erstmal erkundigt, was wir so zusammen spielen können. Da haben wir erst gemerkt, dass da wahnsinnig viel möglich ist! Nämlich? Ströble: Zum Beispiel ist etwas, was uns auch ausmacht, dass wir keinen ersten Cellisten haben. Man kann ständig wechseln, auch während des Stücks, und so sind unsere Arrangements auch. Quasi hat jeder die Oberstimme und jeder die Bassstimme – das wäre mit Geigern gar nicht möglich, weil sie nie so tief kommen wie ein Cellist. Mit vier Celli kann man wechseln, es finden Dialoge statt, das macht es so spannend. Und irgendwann haben wir dann auch gesagt: Lasst uns doch auch selber schreiben. Noch weiter zurück – wie kommt man denn aufs Wunschinstrument Cello? Ströble: Also, bei mir war es so: Als Kind habe ich Schlagzeug gespielt, auch leidenschaftlich gern, bis dann meine Oma gesagt hat, das ist ihr zu laut und sie zieht aus, wenn der kleine Bengel weiterspielt. Ups. Ströble: Ja (lacht). Und dann war es so, dass wir in der Schule ein Orchester hatten, das war wirklich nicht schlecht. Beim Konzert fand ich das Cello einfach toll. Und toll war auch, dass dieses Orchester so viel gereist ist, nach Spanien und Frankreich. Da wollte ich dann unbedingt mitmachen. So kam ich zum Cello. Im Nachhinein eine super Entscheidung. Warum? Ströble: Weil das Cello so interessant ist. Wir als Quartett genießen eine unglaubliche Freiheit. Es ist nicht so, dass wir uns – sagen wir mal – ins gemachte Nest setzen. Wir vier ergänzen uns, sind auch ganz unterschiedliche Typen mit verschiedenen Erfahrungen. Nächstes Jahr haben wir schon 20-Jähriges, dadurch kennen wir uns halt auch in- und auswendig. Es ist schön, dass jeder seinen Teil einbringt. Dadurch wird es farbig, das Ganze. So wird es nie einseitig oder langweilig. Ihr bereist die ganze Welt. Habt ihr Lieblingsspielorte? Wo hattet ihr Auftritte, die ihr nie vergessen werdet? Ströble: Nie vergessen werden wir Japan. Wir wussten überhaupt nicht, was uns da erwartet. Wir sind dort angekommen und dachten: „Uns kennt hier doch kein Mensch. Wer soll denn da zum Konzert kommen?“ Und dann waren alle sechs Konzerte ausverkauft, und in den kleinsten Saal passten so um die 1.800 Leute. Das ist aber ordentlich! Ströble: Ja, für uns war das wie, keine Ahnung, wie in einem anderen Film. Das war schon eine Erfahrung, auch die ganz andere Kultur kennenzulernen. Aber Lieblingsspielorte ... eigentlich ist es so: Es kann genauso gut ein Wohnzimmerkonzert sein, also ganz klein. Das kann ebenso intensiv sein, wenn nicht gar intensiver. Das hängt von vielen Faktoren ab – wie das Publikum reagiert, zum Beispiel. Denn so reagiert man ja auch. Das ist ein Miteinander. Sprich, wenn die Leute beim Konzert einschlafen, was uns bisher Gott sei Dank nie passiert ist, dann wäre man ja nicht motiviert, alles rauszuholen. Die Visselhöveder sind aufgeweckt, keine Sorge. • Karten für Quattrocelli gibt es an der Abendkasse im Theaterzelt am Heimathaus. Weitere Informationen und das komplette Kultursommer-Programm unter www.kultursommer-visselhoevede.de