Kirchwalsedes Noch-Bürgermeisterin zieht Schlussstrich - VON JENS WIETERS

Hoppe zieht sich zurück

Das Schild mit der alten Schrift von Maler Wempe würde sie gerne als Erinnerung behalten: Ursula Hoppe am Eingang des Gemeindebüros.
 © Wieters

Kirchwalsede – Ein Kirche und eine Schule mitten im Dorf. Ein Arzt und eine Zahnärztin gleich um die Ecke. Eine Gaststätte, eine Kita samt Krippe und sogar noch ein paar Vollerwerbslandwirte: Kirchwalsede ist das Vorzeigedorf schlechthin! Aber die erhitzte Diskussion um die Zukunft der Kinder des Orts hat nicht nur das Dorf gespalten, sondern auch die Noch-Bürgermeisterin Ursula Hoppe (CDU) dazu bewogen, nicht einmal ihr normales Ratsmandat anzunehmen.

Das Bürgermeisteramt hatte sie schon am Abend des 12. September abgehakt, als klar wurde, dass ihre Fraktion nur noch vier Sitze erreichen wird und die „Bürgerliste Kirchwalsede – Deine Meinung zählt“ sieben Vertreter in den neuen Gemeinderat schickt. „Und auch schon ein paar Tage später hatte ich mich dazu entschlossen, auch das Ratsmandat nicht anzunehmen“, sagt die 64-Jährige, die zehn Jahre lang Bürgermeisterin war und ihrer Meinung nach gemeinsam mit dem Rat viel auf die Beine gestellt hat: „Breitbandausbau, zwei Baugebiete, neue LED-Technik an der Straßenbeleuchtung, das Gewerbegebiet und die Kinderkrippenerweiterung auf zwei Gruppen.“ Aber die Liste lässt sich ergänzen: „Ein Wappen fürs Dorf, Urnenfeldern für die Friedhöfe, die Realisierung der Nordpfade Federlohmühlen und D’ört Moor, der Fahrradweg nach Lüdingen und die Patenschaft mit dem 6. Jägerbataillon 91 der Rotenburger Kaserne.“

Aber von dem nun im Dorf kursierenden zweifelhaften Titel einer beleidigten Leberwurst will die Riekenbostelerin nach ihrem Ratsverzicht nichts wissen: „Ich bin mit dem Anspruch angetreten, noch einmal Bürgermeisterin zu werden. Das hat nicht geklappt, weil die Gegenseite es verstanden hat, das Kindergartenthema so hoch zu hängen, dass die Wähler mir ihr Vertrauen nicht mehr geschenkt haben“, zieht Hoppe, die seit 1996 im Gemeinderat politisch aktiv ist, ernüchtert Bilanz. „Und jetzt in die zweite Reihe zu rücken, wäre auch nicht gut für den Rat, weil der neue Bürgermeister, der wohl Friedrich Lüning heißen wird, sich profilieren muss. Und wir wären sicher in manchen Dingen aneinandergeraten.“ Eigentlich hatte sie ihrer Faktion 2020 mitgeteilt, dass sie nicht mehr kandidieren wolle, aber „wir hatte so viele Projekte auf dem Zettel, die wollte ich noch zu Ende bringen. Aber das hat sich ja nun erledigt.“

Ein weiterer Grund, sich jetzt völlig aus der Gemeindepolitik zurückzuziehen, sei auch die fehlende Rückendeckung durch die Wähler an sich gewesen. „Wir hatten eine höhere Wahlbeteiligung als 2016 und dennoch habe ich weniger Stimmen bekommen. Aber das ist nun mal Demokratie und ich muss meine Konsequenzen ziehen.“

Traurig sei sie aber darüber, dass sie am Ende nur auf ihre Haltung in der Kindergartenfrage reduziert werde: „In der Öffentlichkeit wurden seit mehr als einem Jahr fast alle anderen Themen ausgeblendet. Und wenn die Bürgerliste am Wahlabend mit dem Spruch durchs Dorf läuft ,Wir haben die Bürgermeisterin gestürzt‘, dann fragt man sich, wofür man das alles macht.“

Hintergrund der ganzen Kita-Misere ist, dass die Eigentümer der Gemeinde den Pachtvertrag für das aktuelle Kindergartengrundstück samt Fachwerkhaus in der Dorfmitte gekündigt hatten. Daraufhin hatte sich der Rat entschieden, das ehemalige Sparkassengebäude, das seit 2017 in kommunaler Hand ist, so umzubauen, dass dort die Kita einziehen kann.

Aber ein paar Monate nach dem Ratsbeschluss hatten sich Kirchwalseder Einwohner mit Gabriele Hornhardt an der Spitze entschlossen, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, das das Ziel hatte, die Kita am Standort zu halten und das Gelände zu kaufen.

Allerdings haben Hornhardt und Co. die Ratsmehrheit nicht zum Umdenken bewegen können, wohl auch weil Hoppe mittlerweile etwa 850 000 Euro für die Finanzierung des Um- und Erweiterungsbaus des neuen Kindergartens eingeworben hatte.

Der aktuelle Stand ist, dass die Kita-Kinder in der etwas achtmonatigen Bauphase im Westerwalseder Sporthaus betreut werden. Allerdings hatte Gabriele Hornhardt bereits angekündigt, diesen Beschluss nach der konstituierenden Sitzung am 16. November wieder zu kassieren.

„Ich glaube allerdings, dass sie mit dieser Meinung auch in der Bürgerliste relativ allein da steht“, so Hoppe, die hofft, dass das ganze Theater nicht die gutnachbarlichen Beziehungen zu Westerwalsede gefährden. Und auch Friedrich Lüning hält sich zu Hornhardts Idee bedeckt – nur so viel: „Sie ist eine von sieben bei uns.“

Ursula Hoppe wird diese Diskussion ab Mitte November zwar nur noch aus der Ferne verfolgen, aber ganz die Finger von der Politik lässt sie nicht: Im Botheler Samtgemeinderat komplettiert sie die Reihen der CDU. „Und dort wartet auch eine Menge Arbeit auf uns, denn die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden werden jetzt Stück für Stück einen Teil ihrer Arbeit an die Samtgemeinde abgeben, und das muss auch alles kanalisiert werden“, sagt Hoppe, die einer Samtgemeinde positiver gegenübersteht als einer Einheitsgemeinde. „Aber gerade während der Corona-Zeit ist das Bürgermeisteramt schon eine halbe Stelle gewesen.“

Für sie wird übrigens Oliver Diercks in den Kirchwalseder Rat nachrücken, „so haben wir weiterhin jemand aus Riekenbostel in dem Gremium“, so die scheidende Bürgermeisterin, die weiß, dass die beiden Ortsteile auch nach Jahrzehnten immer noch „nicht so richtig zusammengewachsen sind“.

Neben der Politik werde sich Hoppe nun auch ihren Hobbys widmen, etwa dem Posaunespielen und Gospels singen. Auch in der Kirchengemeinde wird sie weiter aktiv bleiben und die Enkelkinder in Lingen „häufiger besuchen“. Wenn sie in ein paar Tagen ein Schlussstrich zieht, lautet ihr Fazit: „Am Ende ist die neue Situation ein Gewinn für mich, aber für das Dorf Kirchwalsede tut es mir leid.“

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser