Insolvenz in Eigenverwaltung / 50 Bewohner und 45 Mitarbeiter betroffen

Curata-Seniorenheim im März dicht

Das Curata Heim Visselhövede schließt Ende März.
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VON JENS WIETERS

Visselhövede – Das Visselhöveder Seniorenheim Haus am Visselpark an der Rotenburger Straße schließt Ende März. Das Haus der mit gut 40 Einrichtungen bundesweit agierenden Curata Care Holding GmbH fällt einer „angestrebten Restrukturierung im Rahmen eines für solche Fälle der Unternehmenssanierung vorgesehenen Insolvenzverfahrens in Eigenregie“ zum Opfer, wie es in einer Mitteilung an die Angehörigen der aktuell 50 dort untergebrachten Pflegebedürftigen heißt. Für die Menschen im Alter zwischen 50 und 90 Jahren müssen nun neue Heimplätze gesucht werden. Und auch die rund 45 Mitarbeiter müssen sich einen neuen Job suchen – wobei das angesichts des Fachkräftemangels wohl das kleinste Problem sein dürfte.

„Teile der Curata-Gruppe sind durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die explodierenden Energiekosten und sonstigen allgemeinen Preissteigerungen in eine finanzielle Schieflage geraten. Verschärft wurde die für die gesamte Branche herausfordernde Situation durch die Anhebung des Mindestlohns sowie vor allem durch den Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal“, teilt das Unternehmen mit, das die nötigen Unterlagen zur Beantragung des Insolvenzverfahrens am vergangenen Donnerstag beim zuständigen Gericht eingereicht hat, und das als einen Faktor für eine „grundlegende und tief greifende Sanierung des gesamten Curata-Verbunds“ betrachtet.

Die Holding verspricht den Angehörigen und den Pflegebedürftigen selber, dass „ein Pflegeplatz in einer anderen Curata-Einrichtung“ ermöglicht werden solle. Sollte diese Alternative nicht den Vorstellungen der Betroffenen entsprechen, werde Curata bei der Suche nach einem Platz bei einem anderen Betreiber behilflich sein.

Um den Umzug der Pflegebedürftigen vorzubereiten, ist am Donnerstag, 12. Januar, ab 18 Uhr ein Angehörigenabend geplant, bei dem die wichtigsten Punkte angesprochen werden.

Für Randolph Opper, der seit zwei Jahren die Geschicke der Visselhöveder 100-Betten-Einrichtung leitet und die „gemeinsam mit der Pflegedienstleitung nach einigen Turbulenzen wieder zum Laufen gebracht und auch das Personalproblem in den Griff bekommen hat“, sind die Gründe für die Pleite aber nicht bei Curata oder den aktuellen Umständen zu suchen, sondern vor allem bei dem Eigentümer der Immobilie, der Grand City Property (GCP) mit Stammsitz in Berlin und mit rund 63 000 Wohnungen eines der größeren Wohnimmobilienunternehmen in Europa.

„Curata ist nur der Betreiber und wir haben bereits umfangreiche Sanierungspläne bis hin zu einem Neubau vorgestellt. Das hätte alles realisiert werden können, wenn uns GCP bei der Pacht entgegengekommen wäre, aber der Konzern hat in keiner Weise mitgespielt“, berichtet Opper. Und mit dem baulichen Zustand der Einrichtung sei nun mal ein Seniorenheim nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. „Die Küche ist dem Nebengebäude in der früheren Molkerei untergebracht, wo die Wärme rund um Uhr entweicht, weil kaum etwas gedämmt ist und eine alte Ölheizung immer unter Volllast läuft“, nennt Opper „nur ein Beispiel“ von der mangelnden Investitionsbereitschaft des Eigentümers. Das gelte auch für „drei oder vier weitere Curata-Häuser, deren Eigentümer ebenfalls GCP ist.“

Über die Zukunft der Pflegefachkräfte macht sich Opper weniger Sorgen, denn die „werden sicher gesucht“. Aber auch in der Küche und im Hauswirtschaftsbereich habe die Einrichtung Leute beschäftigt, die teilweise schon 30 Jahre im Haus seien. „Ob die sich noch umgewöhnen können, bleibt abzuwarten“.

Bei Opper und seinem Team glühen jetzt die Telefondrähte, um Pflegeplätze für die 50 Bewohner des Heims zu suchen. Denn deren Angehörige haben sich bewusst einen Platz für ihre Eltern, Omas oder Opas ausgesucht, der in der Nähe ihres eigenen Wohnorts liegt. „Hier in unmittelbarer Nähe etwas zu finden, wird aber eher schwer“, dämpft Opper zu hohe Erwartungen. Er sieht sich aber auch in der „moralischen Pflicht, für die Menschen alles zu tun“.

Und Opper liegt mit seiner Einschätzung wohl nicht ganz falsch: „Leider sind unsere Häuser voll und wir arbeiten eine lange Warteliste ab, sobald ein Platz frei wird“, so Manfred Meyer von der Visselhöveder Senioren- und Pflegeresidenz zur Mühle, der kaum noch vom Telefon wegkommt, seitdem Curata die Infopost verschickt hat. Aber Meyer lässt seinen Kollegen nicht hängen: „Wir tüfteln gerade mit der Heimaufsicht einen Plan aus, um vielleicht zehn Betroffene aufnehmen zu können, indem wir aus Einzelzimmern Doppelzimmer machen.“ Wenn die Heimaufsicht zustimme, würden umgehend Gespräche mit den Bewohnern und deren Angehörigen folgen.

Wenn kein Heimplatz auf die Schnelle gefunden werden kann, dann bleibt für die Angehörigen wohl nur noch die Variante, die zu pflegenden Personen wieder nach Hause zu holen. Aber wer kümmert sich dann um die medizinische Versorgung? Ambulante Pflegedienste wissen vor Arbeit nicht, wo ihnen der Kopf steht. „Das wird nichts bei uns“, sagt Ralf Goebel, Geschäftsführer der Diakonie-Sozialstation Visselhövede-Bothel. Es gebe keine freien Kapazitäten. Manfred Meyer könnte „unter Umständen“ noch zwei Personen in der Tagespflege in Visselhövede aufnehmen, damit „sie wenigstens tagsüber versorgt werden können“.

Auch Heike Rathmann vom „Visseler Pflegedienst“ hätte „unter Umständen“ Zeit für zwei Pflegeeinsätze bei denen, die ihre Angehörigen wieder zurück nach Hause holen. „Aber die guten Pflegezeiten sind natürlich weg. Vor 10 Uhr geht nichts“.

Und was geschieht ab März mit dem Curata-Gelände? „Nach entsprechender Anfrage per E-Mail werden wir uns bei Gelegenheit darum kümmern“, heißt es aus Berlin. Noch-Curata-Einrichtungsleiter Randolph Opper stellt aber klar: „Für einen anderen Seniorenheimbetreiber rechnet sich ein Engagement unter diesen Voraussetzungen nicht.“

Visselhövedes Bürgermeister André Lüdemann betont, dass es aus kommunaler Sicht natürlich sehr schade sei, dass Pflegebedürftigen so die Möglichkeit genommen werde, vor Ort betreut zu werden. Zu der Eigentümersituation hat der Verwaltungschef natürlich auch eine Meinung: „Es ist immer besser, man hat die Leute hier vor Ort sitzen und kann mit ihnen Gespräche führen.“

Der Eigentümer des Grundstücks und der Gebäude, das Unternehmen Grand City Property aus Berlin, bezieht zu den Vorwürfen, er würde die Sanierungspläne der Curata Care Holding nicht mittragen, folgendermaßen Stellung: „Diese Schilderungen und Ableitungen sind unzutreffend. Kosten für Instandhaltungs- und Renovierungsmaßnahmen sind grundsätzlich vom Mieter zu tragen.“ Auf die Frage nach einer künftigen Nutzung nach der Schließung des Seniorenheims gibt es folgende Antwort: „Es ist in solchen Situationen üblich, dass der Eigentümer verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für die Zukunft des Gebäudes prüft. Diese Prüfungen finden nun statt. Wir werden natürlich bei Bedarf auch die entsprechenden Stellen der Stadt kontaktieren beziehungsweise einbinden.“

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