Über die Schwierigkeit, von Menschen unbeeinflussten Boden zu finden

Natürlicher Boden? Von wegen!

Das Wittorfer Holz ist ein alter Waldstandort. Foto: Joachim Looks
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Wittorf. Kein Neubaugebiet, in dem nicht Spielplätze kindliche Energie in für Erwachsene überschaubare Bahnen lenkt. Sich langweilende Kleine haben schon oft unbeschäftigt Fantasien entwickelt und voller Energie umgesetzt, auf die vernünftige Große gerne verzichtet hätten. In meinem ersten Schuljahr kam meiner in unserem Haus beschäftigten Mutter die Stille in unserem Garten verdächtig vor. Sie hatte meinen Bruder, der bis zu meiner Einschulung wie eine Klette an mir gehangen hatte, zum Spielen nach draußen geschickt, was er nur ungern tat, weil er alleine nichts mit sich anzufangen wusste. So kam er immer wieder ins Haus und nervte.

An dem betreffenden Tag herrschte dagegen Ruhe. Eigentlich wäre dieses eine Gelegenheit gewesen, glücklich über den Zustand zu sein, weil kurz davor Handwerker auf dem Schulgelände, wo wir wohnten, Wasserleitungen außer Haus neu frostsicherer verlegt hatten und die viele ausgegrabene, hin- und her bewegte Erde zu reichlich Sand auch im Wohnhaus führte, der beseitigt werden musste. Und nun kein nörgelndes Kind im Garten, sondern verdächtige Stille. Beim Blick nach draußen setzte sich meine Mutter erst einmal. Die Baumaßnahmen mussten mächtig Eindruck auf meinen Bruder gemacht haben, denn er hatte sich Schaufel und Eimerchen aus der Sandspielecke geholt, um ans Werk zu gehen: er hob Gräben für einen Rohrbau mitten durch den sorgfältig gepflegten Gemüsegarten aus! Unsere Gartenerde war so, wie sie sein sollte, fein krümelig, gut zu bearbeiten, auch für ein Kleinkind, dessen Energie durchaus reichte, Gräben und Löcher auszuheben, die, nicht wieder zugeschüttet, keine frostsichere Rohrverlegung ermöglichten, aber versicherungspflichtige Stolperfallen darstellten.

Hätte mein Bruder seinen gut gemeinten Rohrleitungsbau nicht in der Schleswig-Holsteinischen Hügellandschaft versucht, wo meine Familie damals lebte, sondern bei uns im niedersächsischen Nordwestdeutschland, wäre er möglicherweise frühzeitig gescheitert, denn weite Teile unsere Region werden durch Podsolböden geprägt. Podsol, auch Ascheboden, Bleich- oder Grauerde genannt, ist ein sandiger, oftmals saurer, ertragsarmer Boden. Mit Podsolierung wird ein jahrtausendlanger Prozess bezeichnet, bei dem unter unserem atlantisch geprägten, feuchtkalten oder feuchtgemäßigten Klima Eisen aus oberen Bodenschichten in tiefere durch Auswaschungen gelangt und dort zur wasserstauenden Ortsteinbildung führt. Mein Vorhaben, vor über vierzig Jahren einem Zaunpfahl durch Tiefersetzen größere Stabilität als mit dem vorhandenen Bodenloch von ungefähr zwanzig Zentimeter zu geben, scheiterte an genau so einer Ortsteinschicht, die sich meinen rudimentären Bemühungen, sie aufzubrechen, hartnäckig widersetzte. Ich hätte eine Spitzhacke gebraucht. Der so optimistisch begonnene Rohrleitungsbau meines Bruder wäre angesichts dieser Gegebenheiten sehr rasch zum Erliegen gekommen oder doch ziemlich oberflächlich geblieben.

Klar, dass diese Bedingungen nicht gerade dazu führten, dass es Landwirtschaft auf ertragsarmen Podsolböden leicht hatte. Hunger war in Regionen mit solchen Produktionsbedingungen lange Zeit ein ständiger Begleiter. Das ist heute kein Thema mehr. Ortstein konnte nach dem Aufkommen sogenannter Dampfpflüge durch Tiefpflügen aufgebrochen und landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Zu seiner Verbesserung wurde früher Stalleinstreu als Dünger verwendet. Während eines langen Prozesses verwandelte sich so Podsol in nährstoffreicheren Boden. Und die Entwicklung ging weiter. Moderne Agrarwirtschaft gleicht Nachteile des Podsolbodens durch Kalkung, Grün-, Stall- oder Mineraldüngung aus. Der hohen Wasserdurchlässigkeit begegnet Beregnung. Problematisch ist beim Wirtschaften auf Podsol aber nach wie vor, dass dieser Boden wegen seiner Durchlässigkeit zu Auswaschungen neigt. So besteht die große Gefahr, dass Pflanzenschutzmittel sowie Dünger ins Grundwasser gelangen.

Menschlicher Einfluss hat im Laufe von Jahrhunderten Böden gravierend verändert. Natürliche bzw. naturnahe Böden finden sich eigentlich nur noch bei alten Waldstandorten, die keine Nutzungsänderung erfuhren.

Und gibt es solche Standorte im Altkreis Rotenburg (Wümme)? Es gibt sie. Wer in Wittorf die B 440 bei der K 235 in Richtung Jeddingen verlässt, wird nach 1,1 Kilometern hinter dem Abzweig auf der linken Seite an das Wittorfer Holz kommen, auch Dickes Holz genannt. Etwa einen halben Kilometer kann auf einem Rad-/Fahrweg entlang dieses Waldes geschlendert werden. Eine Bank bei einem kleinen Wäldchen gegenüber des alten Waldstandorts lädt zu einer Pause ein mit ansprechendem Blick entlang des südlichen Waldrandes.

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