Sottrum. Das hätte Ben Faber, einer der beiden Initiatoren des Bläserensembles „Wildes Blech“, sich wohl nicht träumen lassen: ein Klönschnack mit Stephan Weil am Samstagmorgen. Der niedersächsische Ministerpräsident war Laudator für den Ehrenamtspreis, den die Sottrumer Heavy-Metal-Formation am Wochenende für ihr Studioprojekt bekam.
Normalerweise wären bei der Preisverleihung von „Unbezahlbar und freiwillig“, dem Niedersachsenpreis für Bürgerengagement, wohl Hände geschüttelt und Schultern geklopft worden – doch in Coronazeiten wurde die Feier erstmals virtuell abgehalten. So nahm Faber stellvertretend für seine Mitstreiter Ralf Linders und Ellen Cordes und rund 45 Hobbymusiker aller Alters- und Könnensstufen den Preis am Bildschirm entgegen. Ein Novum, nicht nur für Faber, sondern auch für die Organisatoren des niedersächsischen Ministerium und zwei Banken, die seit vielen Jahren unterschiedlichste Projekte würdigen und finanziell unterstützen.
Ein wenig komisch sei das schon gewesen, meint der Komponist und Musiklehrer: „Gerade dadurch, dass wir den direkten Vergleich hatten, weil wir vor zwei Jahren ja für den Publikumspreis nominiert waren und somit die Spannung in einem großen Saal mit festlichem Rahmen eine ganz andere war als zuhause vor dem Bildschirm im Wohlfühlambiente.“ Aufgeregt sei er gleichwohl gewesen: „Momentan fehlen ja Konzertmoderationen und Pressetermine, da ist man einfach nicht mehr so in Übung!“ Und stolz, und das können er und „sein“ Wildes Blech mit Fug und Recht sein. Nicht nur, dass ihr Projekt als eins von acht unter 357 Bewerbungen aus ganz Niedersachsen geehrt wurde, darunter ganz unterschiedliche Projekte aus den Bereichen Umweltschutz, Flüchtlings- und Obdachlosenhilfe, Therapiehunde oder Hilfe für Brustkrebspatientinnen. Nein, auch NDR-Moderator Jan Starkebaum und Laudator Weil sparten nicht mit Lob für die wilden Bläser. Starkebaum, der sich schon vor den eingespielten Videoaufnahmen vom „Rock den Georg“-Konzert 2018 auf Youtube eine Liveaufnahme von Van Halens „Jump“ angesehen hatte, schwärmte von der Energie der Musiker: „Ich saß vor dem Rechner in meinem Arbeitszimmer und habe lauter gedreht – man soll den Begriff Gänsehaut ja nicht überstrapazieren, aber hier passt er.“ Weil nannte das Musikprojekt, das gerade Jugendliche mit Musik der härteren Gangart bei der Stange beziehungsweise ihrem Instrument hält, ein „hochattraktives Beispiel für musikalische Jugendarbeit“ und lobte vor allem die Idee, angesichts des Ausfalls von Proben und Live-Auftritten während der Pandemie durch Studioaufnahmen eine Alternative zu schaffen: „Toll, auch als Haltung – Sie zeigen: Sie lassen sich nicht unterkriegen!“ Die Tatsache, dass die Bläser durch Corona „doppelt gelackmeiert“ seien, hatten die Musiker auch bei den geplanten Studioaufnahmen in Kleingruppen zu spüren bekommen: Nach intensiven Einzel- und Registerproben musste der Termin für sie nur vier Tage vor dem geplanten Studiobesuch abgesagt werden; „nur die Soli und die Gitarrenparts konnten eingespielt werden, da die beim Spielen ja Mundschutz tragen konnten“, so Faber. Die Musiker verfolgten die Preisverleihung am Bildschirm; als ihr Dirigent tatsächlich live aus Sottrum der virtuellen Veranstaltung zugeschaltet wurde, um den Preis entgegenzunehmen, hagelte es in der Whats-App-Gruppe Konfetti- und Sektglas-Emojis; einige stießen zu zweit am Bildschirm an. Faber: „Ich wusste natürlich schon länger von dem Preis, war aber zur Geheimhaltung verpflichtet – gar nicht so einfach, wenn man sich selbst so freut und diesen Kick auch gern mit den anderen teilen möchte!“ Die wenigen Bandmitglieder, die bei den Dreharbeiten zum Einspielfilm im Studio mitgewirkt hatten, wussten Bescheid – und hielten dicht. Die finanziell durch den Preis unterstützten Studioaufnahmen wollen die „Wilden Blechler“ nachholen, sobald dies wieder möglich ist. Fast ebenso viel Anlass zur Freude gab auch das Versprechen von Weil, bevor er sich bei Faber mit einem „Keep on Rocking“ verabschiedete, nämlich, irgendwann einmal persönlich zu einem Konzert vorbeizukommen.