„Mit Taten zu Salaten“ / Folge sieben: Kopfsalate in der Reife

Die roten Riesen schießen

Faszinierend: Salate entwickeln Blüten. Aber andererseits: Wie sonst sollten sich die Pflanzen fortpflanzen?
 ©Andreas Schultz

Bötersen. Salate haben Blüten! Für jemanden mit wenig Gartenerfahrung und Zugang zu Supermarkteisbergsalaten ist das eine Enthüllung, eine wahre Entdeckung. Als Dorfkind bekommt man ja so einiges mit, zum Beispiel, dass die Schokolade nicht von der Milka-Kuh kommt und dementsprechend die Milch nicht im Supermarkt entsteht. Aber Pollen produzierende Blätterknollen? Dass uns so was blühen würde!

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht es erst mal eins: Zu viele Köche, äh, Köpfe. In zu großer Zahl auf dem Felde verderben sie den Brei, wenn die Reifephase binnen weniger Tage aus kleinen Pflanzen sehr große macht. Als ich zuhause die Setzlinge vorgezogen hatte, war ich wohl aufgrund der ersten Erfahrungen mit den Wurzelbohrern zu pessimistisch. Jedenfalls wuchsen die sogenannten Blattrosetten im Garten schneller als gedacht, und begannen bald zu schießen – so heißt das, wenn aus Köpfen plötzlich Türme werden, auf denen sich Blüten bilden.

Lieber eine zu große Ernte als eine zu kleine, aber dennoch ist es natürlich schade, wenn etwas übrig bleibt. Und das muss es beinahe zwangsweise, wenn die Schädlinge plötzlich ihr Fressverhalten ändern. Ja, Luxusprobleme, jammern auf hohem Niveau, schlechte Nachrichten aus dem Leben im Salatüberfluss. Ziemlich bitter. So schmeckt übrigens auch ein „ausgewachsener“ Salat. Aber warum eigentlich? Auf der Suche nach der Antwort hilft mir ein Buch weiter, das mein Vater uns schenkte, nachdem er von unserem Saisongartenprojekt Wind bekommen hatte. So schreibt Claudia Ritter in ihrem Werk „Heimische Nahrungspflanzen als Heilmittel“ davon, dass der Bitterstoff Lactucin den Pflanzen gegen Fressfeinde und Schädlinge helfe. Weißer Milchsaft mit Bitterstoffen sei vor allem in Stängel und Blütenständen zu finden, die wiederum erst beim „Schießen“ entstehen. Also dann, wenn der Salat zwischen Juni und August in die sogenannte generative Entwicklungsphase übergeht. Übrigens reifen demnach die Früchte der Salate im September, ein Haarkranz entsteht und der Wind verbreitet die Früchte aus diesem. So schreibt es Ritter. Und ich bin ein bisschen erstaunt, denn Salat definierte sich in meinen Augen immer bloß über eine große Ansammlung gebündelter Blätter. Was man nicht alles lernt, wenn man einfach mal wachsen lässt. Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, dass wir etwas zu viel Salat haben. Wir werden ein paar Pflanzen stehenlassen und beobachten, was sich da noch so entwickelt an unseren wunderbaren „Merveille des quatre saisons“. Über die Autoren Als Hermann Solte Anfang März mit der Idee eines Saisongartens in Bötersen an die Öffentlichkeit ging, waren Rosemarie Swingle und Andreas Schultz sofort Feuer und Flamme für die Vision eines „eigenen“ Stück Landes für die Gemüseproduktion. Die Herausforderung: Keiner von beiden hat weitergehende Erfahrung mit Bewirtschaftung einer – wenn auch kleinen – Ackerfläche. Da er hauptberuflich für die Rundschau schreibt, und sie das neben dem Studium tut, berichten beide nun abwechselnd in dieser Gartenkolumne über die Lichtblicke und Fallstricke der teils erdigen Grünpflegearbeiten. Das Ziel ist klar: Rosemarie und Andreas wollen „mit Taten zu Salaten“ kommen.

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