Lebensmittelausgabe Sottrum: ein Ort der Integration - Von Andreas Schultz

Koffer zum Abschied

Bevor der Ansturm auf die Lebensmittel losgeht, ist in der Ausgabestelle einiges zu tun. Leiterin Brigitte Mintenbeck (Dritte von links) sucht noch nach Unterstützern.
 ©Andreas Schultz

Sottrum. Mussa greift zu. Seine Hände gleiten in die Grifflöcher der grünen Lebensmittelkisten. Anheben, auf den Tisch und sortieren. Die Sottrumer Lebensmittelausgabe verfügt über viele ehrenamtliche Helfer, nur hier und da dürften es etwas mehr sein, meint Tafel-Chefin Brigitte Mintenbeck. Einen Teil dieser Lücke füllen Menschen, die Krieg und Not nach Europa trieben. Mussa ist einer von ihnen.

Wenn Integration irgendwo gelingt und gelungen ist, dann sicher bei der Lebensmittelausgabe – diese Meinung vertritt die Leiterin. Damit ist nicht nur Mussa gemeint, der als Flüchtling von der Elfenbeinküste kam und mittlerweile fester und offizieller Bestandteil des ehrenamtlichen Tafel-Teams ist. „Wenn wir an den Ausgabetagen mit der Arbeit anfangen, sind immer fünf bis sechs Flüchtlinge dabei, die unbedingt helfen wollen“, freut sich Mintenbeck. Bei 40 bis 60 Tafelkunden, die mit Familie und Kindern zur Ausgabe kommen, sei das eine beachtliche Zahl. Und deren Hilfsbereitschaft geht sogar so weit, dass die jungen Männer das ankommende Auto mit den Lebensmitteln fast schon selbstständig entladen. „Wir Frauen dürfen schon gar nichts mehr reintragen“, sagt die Tafel-Chefin und lacht.

Wenn mal ein Platz im Team der Ausgabe frei ist, dürfen die spontanen Flüchtlinge auch bei der Brot- und Obstausgabe helfen. Der Ansturm der Bereitwilligen ist aber manchmal so hoch, dass nicht alle mit anpacken können. „Und ich kann ja nicht einfach meine Leute nach Hause schicken“, sagt Mintenbeck schmunzelnd und wohl wissend, dass sie dabei mit einem Luxusproblem zu kämpfen hat.

In der Lebensmittelausgabe, die sich noch im alten Lidl-Gebäude befindet, dominiert der soziale Gedanke. In der Spielecke können sich die Kinder beim Toben mit dem Spielzeug kennenlernen. Etwas ruhiger gehen die Erwachsenen vor: Sie tauschen sich bei Tisch aus, denn im ehemaligen Supermarkt ist der Wartebereich mit Sitzmöbeln ausgestattet. So kommen die deutschen Tafelkunden aus der Samtgemeinde mit geflüchteten Afrikanern, Balkanesen, Syrern und Palästinensern ins Gespräch. Das geht zur Not mit Hand und Fuß – so wie bei der Ausgabe selbst: „Dort klappt viel schon mit bloßem Zeigen auf die Lebensmittel“, meint Mintenbeck. Im Notfall hilft Mussa aus: Er spricht französisch, arabisch und rudimentäres Deutsch. So gelingt die Kommunikation auch mal über den afrikanischen Mittelsmann.

Und der kommt hin und wieder auch dann zum Einsatz, wenn es nicht mehr nur um das reguläre Tafelangebot geht. Mintenbeck kümmert sich vor Ort vereinzelt auch um Angelegenheiten, die eigentlich ins Aufgabengebiet des Asylkreises fallen. Als Mitgründerin der inzwischen in Sottrum etablierten Organisation nimmt sie sich der Sache an, wenn zum Beispiel Flüchtlinge mit Amtsschreiben und Dokumenten ankommen, die sie nicht verstehen. „Diese Arbeit machen wir hier zwar weniger, aber im Grunde läuft hier zwischen Tafel und Unterstützerkreis Asyl alles zusammen“, erklärt Mintenbeck. Doch wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Wenn eine Flüchtlingsfamilie mal vorbeischaut und nicht nach Lebensmitteln fragt, sondern nach Koffern, „dann wissen wir sofort, was los ist. Das macht jedes Mal traurig“, so Mintenbeck. Wenn für bekannte Gesichter die Ausreise anstehe, sei das nicht leicht zu verschmerzen.

Was der Tafel noch fehlt, sind Kräfte, die anpacken – und zwar als feste Mitarbeiter. Die spontane Hilfe sei zwar schön, aber keine Größe, mit der sich gut planen lasse, so Mintenbeck. Vor allem Transportfahrer wünscht sich die Tafel-Leiterin. Wer also im wahrsten Sinne des Wortes einsteigen möchte, erreicht sie unter Telefon 0173/7374205.

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