Heiraten im Christentum und im Islam: Infoabend gut besucht

Miteinander reden

Der 18-jährige Farshid Sharifi hatte dem Anlass entsprechend einen afghanischen Hochzeitsanzug angezogen. Er lebt mit seinen Eltern in Sittensen. Foto: Heidrun Meyer
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Sittensen (mey). Integration, die gelingen soll, ist eine langwierige Aufgabe. Halbwissen und Vorurteile abbauen, aufklären sowie miteinander statt übereinander sprechen: Das ist das Ziel einer Initiativgruppe aus dem Flüchtlingshilfeverein „EWiS“ und den Sittenser Kirchengemeinden. Deshalb hat sie eine Veranstaltungsreihe zu „elementaren Ereignissen des menschlichen Lebens“ geplant. Die Premiere zum Thema Heiraten im Christentum und im Islam war gut besucht.

„Integration kann eigentlich ganz einfach gelingen, es braucht aber Begegnungen und Anlässe, um sich kennenzulernen und besser zu verstehen. Um nicht zu pauschalisieren, sondern um jeden Einzelnen als Individuum wahrzunehmen“, wandte sich Wolfgang Steiner, Vorsitzender von EWiS, eingangs an die zahlreichen Besucher im Heimathaus. „Wir haben das Gefühl, dass genug Leute da sind für das, was wir beabsichtigen“, sagte Steiner erfreut, der gemeinsam mit den Pastoren Ralf Schöll von der Freien evangelischen Gemeinde und Andreas Hannemann von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde zu den Initiatoren gehört.

Zunächst zeigten Helfer in szenischen Darstellungen eine deutsche, standesamtliche Trauung und eine kirchliche, evangelische Hochzeit. Und weil die Gäste mit einbezogen werden sollten, wurden kurzerhand Freiwillige aus dem Publikum als Protagonisten dazu geholt. Schöll schlüpfte in die Rolle des Bräutigams, Hannemann blieb Pastor. Auch den Talar hatte er angezogen. „Er entspricht einem einfachen Gelehrtenkittel. Bewusst hat die Kirche auf ein prächtiges Priestergewand verzichtet“, erfuhren die Besucher.

Da nicht alle Anwesenden ausreichend der deutschen Sprache mächtig waren, standen Übersetzer aus dem Geflüchtetenkreis für die arabische, französische und persische Sprache bereit. Wenngleich die Zeremonien sehr realistisch dargestellt wurden, verzichtete das „Brautpaar“ auf den obligatorischen Brautkuss.

Danach sahen die Gäste ein Video über das Heiraten im Islam, das von EWiS in Zusammenarbeit mit Geflüchteten entstanden ist. Da die Rituale in afrikanischen und arabischen Ländern sehr vielfältig und von den jeweiligen Kulturen geprägt sind, konzentrierte sich der Film an die Regeln, die der Koran für einen gültigen Hochzeitsvertrag vorschreibt und der für alle islamischen Hochzeitszeremonien gilt. Denn der Ehevertrag ist zwingender Bestandteil einer Eheschließung und wird zwischen dem Vater oder dem islamischen Vertreter der Frau, dem Wali, und ihrem zukünftigen Ehemann mündlich geschlossen. Genauso ist die Anwesenheit von mindestens zwei männlichen Zeugen erforderlich, um die Aufrichtigkeit der Ehe zu bezeugen. Eventuelle Vereinbarungen zwischen Mann und Frau werden niedergeschrieben, auch was die Mahr (Brautgabe) angeht. Diese wird vom Ehemann an die Frau ausbezahlt und ist ihr Eigentum.

Im Anschluss durften die Besucher Fragen stellen. Die Gleichstellungsbeauftragte der Samtgemeinde Sittensen, Saliha Arican, und ihr türkischer Ehemann Halil Ibrahim Arican versuchten zudem zu erklären: Eine ordentlich geschlossene, muslimische Heirat sei in Deutschland juristisch nicht gültig. „Sie wird nicht anerkannt, solange keine deutsche Heiratsurkunde vorliegt.“ Auch das heikle Thema der Zwangsverheiratung kam zur Sprache. Es gäbe Religionen und Traditionen, wo Eltern tatsächlich schon ihre Babys zur Heirat versprechen würden. „Im Koran steht, dass Frauen erst heiraten sollen, wenn sie ein Alter der geistigen Reife erreicht haben und über ihr eigenes Vermögen bestimmen können“, sagte Arican. Muslimischen Frauen sei es auch nicht erlaubt, Christen zu heiraten. Ausschlaggebend sei immer die Religion des Ehemannes. Arican zufolge ist eine Scheidung erlaubt, aber nur dort, wo auch getraut wurde.

Bevor zum Abschluss nochmals eine Gesprächsrunde durchgeführt wurde, durften die Besucher deutsche Hochzeitssuppe und Speisen aus verschiedenen Ländern kosten, selbst die obligatorische Hochzeitstorte fehlte nicht.

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