Fast 18.000 Vögel machen Rast im Tister Bauernmoor - Von Klaus Müller

Gesang der Kraniche

Die Kraniche kommen: Fast 18 .000 waren es am Mittwoch im Tister Bauernmoor. Fotos: Klaus Müller
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Tiste. Als es irgendwann an dem Oktoberabend zu dunkel zum Fotografieren ist, ist vom Aussichtsturm mitten im Tister Bauernmoor der tausendstimmige Gesang der Graukraniche noch zu hören. Sie sind an diesem Abend gekommen und haben sich auf dem flachen Gewässer dieser ursprünglichen Moorlandschaft niedergelassen, um dort stehend zu schlafen. Hartmut Vollmer, einer der Lokführer der fast schon legendären Torfbahn, erzählt über das Leben der Kraniche und warum sie gerade hier, in der Nähe der Autobahn eine Zwischenstation auf ihrem weiten Weg nach Spanien und Portugal und Südfrankreich machen.

„Für mich ist jeder dieser Abende im Oktober und tief in den November hinein immer noch ein gewaltiges Erlebnis. Heute sind es fast 18.000 Kraniche, die kommen werden, morgen vielleicht noch mehr, und am Ende der ,Flugsaison gen Süden‘ werden es weit über 20.000 sein, die von den Brutgebieten in Skandinavien und in den baltischen Ländern den weiten Weg in den tiefen Süden angetreten haben“, erklärt Vollmer, der Besucher mit der Torfbahn zu den Aussichtspunkten fährt. „Gestern sind sogar einige Kraniche direkt am Hochstand gelandet.“ Der Chor der Kraniche wird irgendwann am Abend verstummen, wenn es schon sehr dunkel im Moor geworden ist.

Lokführer Vollmer ist zufrieden: „Endlich haben wir wieder mehr Wasser im Moor. So können sich die moortypischen Moose wieder besser entwickeln und das Moor wieder mehr ausbreiten.“ Der Weg ins Moor führt an mit Wasser gefüllten ehemaligen Torfabbaustellen vorbei, Pilze stehen am Gleis, irgendwann stoppt die Bahn, das Ziel ist erreicht. Auf einem Holzsteg geht es zu zwei Aussichtspunkten, von denen man eine weitere Seenplatte gut überblicken kann: Es ist ein Paradies für die Graukraniche, die bei einbrechender Dunkelheit jeden Tag im Oktober kommen, einen ohrenbetäubenden Lärm entwickeln, den See erst einmal umkreisen, um sich dann an ihrem Ruheplatz mitten im nur 30 Zentimeter hohen braunen Wasser niederzulassen.

„Tiste ist ein Stopp für die Kraniche auf ihrem weiten Flug aus dem Norden zur iberischen Halbinsel oder nach Südfrankreich“, erläutert Vollmer. „Es ist die Westroute eines internationalen Vogelfluges, den es so kaum anderswo gibt.“ Für die Vögel, die Tausende von Kilometern unterwegs sind, ist das Moor ideal. Im Wasser können keine Raubtiere über Nacht kommen. Und vor dem Moorgelände sorgen die abgeernteten Maisfelder immer noch für vorzügliche Nahrung. „Darum sammeln sich die Vögel dort und versuchen, mit genug Verpflegung und mit dem Schlaf stehend im Wasser neue Kräfte zu sammeln.“ Manchmal seien an einem Abend schon bis zu 28.000 Kraniche gekommen. Und manchmal landen sie direkt vor den Aussichtsplattformen. Faszination Natur, sie schreibt im Tister Bauernmoor ihre ganz eigene Geschichte. Aus allen Richtungen kommen sie, in riesigen Schwärmen, aber auch in vielen kleinen „Abordnungen“, als einzelne Flieger. Es wird so unwahrscheinlich laut, einfach ein gigantisches Naturschauspiel, das mitten in der Heide stattfindet. Noch bis Anfang November wird Tiste angeflogen werden, noch bis zu diesem Zeitpunkt wird die kleine Moorbahn jeden Tag gleich zweimal ins Gelände fahren. Und damit ist noch genug Zeit, dieses Spektakel zu erleben.

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