Bauausschuss informiert sich über den geplanten Solarpark in Tiste - VON HEIDRUN MEYER

„Alleinlage nicht störend“

Fotovoltaik war ein großes Thema auf der jüngsten Ratssitzung in Sittensen. Foto: Pixabay
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Sittensen. Die Gemeinde Tiste möchte eine 51,5 Hektar große Freiflächenfotovoltaikanlage mit Wasserstofferzeugung ausweisen. Dazu hat der Gemeinderat einstimmig den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Solarpark Tiste“ gefasst. Der Rat der Samtgemeinde Sittensen sprach sich allerdings knapp mehrheitlich gegen den Antrag des Tister Rates auf Änderung des Flächennutzungsplanes aus – entgegen der gängigen Praxis, positiven Beschlüssen der Mitgliedsgemeinden zuzustimmen.

Grund: Der Mehrheitsgruppe aus SPD-WFB-Grünen mangelte es an aussagekräftigen Informationen. Daher befasste sich jetzt das zuständige Fachgremium, der Bauausschuss der Samtgemeinde, mit dem Thema und hörte von Rechtsanwalt Dr. Mark-Oliver Otto, Geschäftsführer der NewDev Management GmbH, einen Sachstandsbericht. Das Unternehmen ist nach eigener Darstellung seit zehn Jahren in der Entwicklung von Solarparks tätig. Der geplante Standort befindet sich südlich der einspurigen Eisenbahnstrecke zwischen Tiste und Kalbe im Bereich Herwigshof. Die Trassenlänge ist mit rund 4,2 Kilometern angegeben, die Leistung der Solarzellen mit 50 Mega-Watt Peak. Auch der Netzanschluss ist vom Projektentwickler gesichert und soll über das bestehende Umspannwerk der EWE in Sittensen erfolgen. Die Flächensicherung ist laut Otto abgeschlossen. Verträge wurden mit privaten Eigentümern und der Klosterkammer Hannover geschlossen. Die Anlage soll etwa einen Kilometer lang und an der breitesten Stelle 250 Meter breit sein. „Naturschutzfachliche Belange werden nicht berührt, eine Sicht- und Blendstörung wird sich durch die Alleinlage nicht ergeben“, versicherte Otto. Das Landschaftsbild sei bereits beeinträchtigt durch vorhandene Mastställe, am südlichen Rand verlaufe eine überregionale Gaspipeline. Der 200-Meter-Korridor entlang der Bahnlinie stelle einen EEG-förderfähigen Standort dar: „Der Landschaftsrahmenplan des Landkreises Rotenburg/Wümme aus dem Jahr 2015 hat überwiegend Biotoptypen mit sehr geringer Bedeutung festgestellt. Das Plangebiet besitzt damit keine besonders schützenswerten Strukturen.“ Hans-Jürgen Wedemeyer, Mitglied im Naturschutzbund und ehrenamtlich tätig im Wiesenvogel- und Brachvogelschutz, widersprach. Er betreut ein Projektgebiet im Bereich Herwigshof. „Der Solarpark zerschneidet es in zwei Teile und nimmt Kiebitz und Brachvogel den Lebensraum. Die Gelege der Vögel leiden darunter, außerdem geht Fläche als Nahrungsgebiet verloren“, gab er zu bedenken. „Wir werden nicht nur Ausgleichsflächen einrichten, sondern durch eine gut durchdachte Aufstellung der Modulreihen die freien Flächen dazwischen extensiv bewirtschaften. Die breiten Abstände ermöglichen es, die Artenvielfalt zu steigern. Fotovoltaik-Freilandanlagen führen nicht zur Versiegelung von offener Bodenfläche in nennenswertem Ausmaß, sondern stellen eine Flächenumnutzung dar. Diese Art von Anlagen sind naturverträglich und können zu einer ökologischen Aufwertung von Flächen beitragen. Es wird ein eingefriedetes Refugium hergestellt, das neuen Lebensraum für gefährdete Tiere und Pflanzen unter und zwischen den Modulreihen schaffen kann“, bekräftigte Otto und verwies auf ein gemeinsames Papier zwischen dem Nabu und dem Verein „Bundesverband Solarwirtschaft“ von April 2021, in dem neue Kriterien für naturverträgliche Solarparks erarbeitet wurden. „Dieser Punkt liegt auch uns sehr am Herzen“, betonte er. Ratsherr Bernd Petersen (WFB) ist Jagdpächter im Gebiet Herwigshof und beschreibt es als Rückzugsraum für Wiesenvögel, der aus naturschutzfachlicher Sicht wertvoll sei. „Die drei Meter hohen Modulreihen sind wie ein Bauwerk, wenn man davorsteht und wirken störend in der Landschaft. In dieser Größenordnung ist es in der Samtgemeinde ein noch nicht da gewesenes Objekt“, mahnte er. Dirk Detjen (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Groß Meckelsen, in der eine Fotovoltaik-Freiflächenanlage an der Autobahn in kleinerem Ausmaß geplant ist, sieht das entstehende Areal als Chance für die Tierwelt. „Die zieht sich dorthin zurück, wo es ruhig ist. Gelege haben natürliche Feinde, die durch die Einzäunung nicht in den Bereich können. Damit werden Rückzugsorte geschaffen. Es sollten gemeinsame Gespräche geführt werden, wie eine vernünftige Planung umzusetzen ist, damit sie ein Gewinn für die Natur ist. In Groß Meckelsen legen wir eine Fläche mit blühenden Pflanzen für Insekten an.“ Otto verwies auf den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen bindend seien. Das gelte auch für Ausgleichsmaßnahmen zum Naturschutz. Ausschussvorsitzender Heiko Schmeichel (WFB) lobte den sachlichen Vortrag. In der Fraktion werde man beraten, sodass in der nächsten Samtgemeinderatssitzung der Punkt erneut auf die Tagesordnung kommen könne. Voraussetzung sei, dass sich dann die Sachlage geändert habe, machte Samtgemeindebürgermeister Jörn Keller deutlich. „Der Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Flächennutzungsplanes ist formal abgelehnt. Eine nochmalige Beratung mit ungewissem Ausgang wird es nicht geben.“ „Es ist einmalig in der Geschichte der Samtgemeinde, den positiven Beschluss einer Mitgliedsgemeinde abzulehnen. Das war ein kalter Schlag vor den Kopf. In der nächsten Sitzung sollte endlich beschlossen werden“, ergänzte Detjen. „Mir ist das Projekt sehr wichtig. Zukünftig haben wir einen unfassbar hohen Energiebedarf. Nur Windräder und Fotovoltaikanlagen auf Dächern reichen nicht aus. Wir brauchen einen Mix, wobei nicht alle Wiesen mit Anlagen zugepflastert werden sollen. Mit zwei Anlagen in der Samtgemeinde tragen wir erheblich dazu bei, die CO2-Emissionen zu verringern. Das sind wir auch unseren Kindern und Enkelkindern schuldig“, so der Appell des Verwaltungschefs. Wenn grüne Energie in der Samtgemeinde erzeugt werde, könne man eine Vorreiterrolle einnehmen. Mit solchen Technologien müsse man sich jetzt befassen. Otto bestätigte das. Die Wasserstofferzeugung stecke zwar noch in den Kinderschuhen, werde bei der Entwicklung des Solarparks jedoch berücksichtigt. Herbert Osterloh kündigte für die Mehrheitsgruppe an, dass noch ein Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises gehört werden soll, weil dieser bei der Sitzung nicht dabei sein konnte.

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