Sichern, was landschaftlich prägnant und erhaltenswert ist

Von Räumen und Typen

Von Räumen und Typen
 ©Rotenburger Rundschau

Taaken. Im Garten meines Elternhauses, der unserer Selbstversorgung diente, gab es eine Ecke, ganz weit hinten, von den angrenzenden Äckern getrennt durch eine imposante Wallhecke, auf der schwarze Holunderbüsche wuchsen. Sie lieferten in der Zeit ihrer Blüten die entscheidende Zutat für Holunderküchlein: in gesüßten Pfannkuchenteig getauchte Blütenstände, die in einer Pfanne ausgebacken wurden – eine begehrte Köstlichkeit. Allerdings gab es sie nicht so oft, denn es sollten doch möglichst viele Blüten an den Büschen verbleiben, damit im Herbst genügend Früchte geerntet werden konnten für Holunderbeersaft als bewährtes Hausmittel bei Erkältungen.

So sorgfältig der Garten gepflegt wurde, die Holunderecke sah nach damaligem Ordnungssinn immer etwas ungepflegt aus. Dies lag daran, dass es in dieser Gartenecke nie gelang, Brennnesseln, Giersch und Kletten-Labkraut völlig zu beseitigen. Irgendwo blieb immer etwas übrig und breitete sich rasch wieder aus. Jahrzehnte später, als ich mich im Zuge von FFH-Gebietsausweisungen mehr mit Lebensräumen von Pflanzen und Tieren zu beschäftigen begann, entdeckte ich, dass in den biologischen Wissenschaften nicht nur eine leuchtend gelbe Sumpfdotterblumenwiese, wie sie genau gegenüber meinem Elternhaus jedes Frühjahr den Mai einläutete, als ein gleichartiger, ähnlicher Lebensraum angesehen wird, sondern ebenfalls Brennnessel- oder Brennnessel-Giersch-Flächen mit Kletten-Labkraut und schwarzen Holunderbüschen!

In den biologischen Wissenschaften wird der Begriff „Lebensraum“ unterschiedlich verwendet. Zum einen ist er ein biologischer Fachbegriff, um eine kleine Lebensgemeinschaft verschiedener Arten zu bezeichnen, auch bekannt als Biotop. Zum anderen kennzeichnet derselbe Begriff einen Großraum mit für ihn typischen Vegetationsformen wie die eines Laubmischwaldes, einer Wüste oder einer baumlosen Landschaft über dauerhaft gefrorenem Boden, besser bekannt als Tundra. So eingesetzt beschreibt das Wort Lebensraum ein Biom. Es gibt weitere Beispiele für den breiten Einsatz des Lebensraumbegriffes in den biologischen Wissenschaften. Wird er im Sinne eines Habitats verwendet, meint er den Lebensraum bestimmter Pflanzen- und Tierarten in einem Biotop. Setzt ihn jemand dagegen zur Beschreibung des Lebensraums aller Lebewesen ein, beschreibt er eine Biosphäre. Biotop, Biom, Habitat, Biosphäre: der Lebensraumbegriff deckt in den biologischen Wissenschaften viel ab.

Was ist nun der Vorteil eines solchen, vielseitig einsetzbaren Begriffs? Er ist in der Lage durch seine so gewollte breite Verwendungsmöglichkeit für die Gesamtheit aller gleichartigen und ähnlichen natürlichen Lebensräume zu gelten, was hilfreich bei Beschreibung, Vergleich und Festlegung von Lebensgemeinschaften mit ihren typischen Pflanzen und Tieren ist, die sonst nicht vergleichbar wären. So ließen sich in einem weit gefassten Europa, das bis zum Ural reicht und Kleinasien sowie den Kaukasus einschließt, elf sogenannte biogeographische Regionen bestimmen, die daraufhin untersucht werden konnten, ob die dort vorzufindenden, prägenden Lebensräume durch veränderte Umweltbedingungen so bedroht werden, dass sie unterzugehen drohen mit entsprechend fatalen Folgen für Pflanzen und Tiere, die an genau diese Räume gebunden sind. Daraus lassen sich Schutzmaßnahmen entwickeln und umsetzen, um als bedroht geltende Lebensräume mit ihren speziellen Bewohnern vor dem Untergang zu bewahren.

Interessiert an einem Blick in eine erhaltenswerte Landschaft? 1986/87 stellte eine Studie zur Situation von Natur und Landschaft für die Gemeinde Reeßum fest, dass es westlich von Taaken ein kleinräumig gegliedertes Grünlandgebiet mit sehr gut ausgeprägten, artenreichen Hecken, wertvollen Baumbeständen und nassen, versumpften Bereichen gäbe. Eine sorgfältig farblich ausgeführte Karte verweist auf den im Altkreis Rotenburg relativ selten vertretenen Eichen-Hainbuchenwaldtyp. Von Taakens Ortsmitte aus wird dieses interessante Gebiet über die „Dorfstraße“ erreicht. Vor einer Rechtskurve zweigt links der „Brookweg“ ab. Ihm folgen.

Der von Bäumen und Hecken begleitete Weg quert den Wischhofsgraben, dessen grünlandgeprägtes Tal abwechslungsreiche Aussichten bietet. In einer Linkskurve führt geradeaus ein unbefestigter Weg Richtung Narthausen, der, eingegrünt durch Büsche und Bäume, immer wieder den Blick ins Tal des Wischhofsgrabens gestattet und kurz vor Erreichen der Verdener Kreisgrenze auf den oben erwähnten Eichen-Hainbuchenwald stößt.

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