VON NINA BAUCKE Lauenbrück – Auch, wenn es für die morgendliche Uhrzeit schon ziemlich warm ist und die Sonne ganz ordentlich vom Himmel knallt: Anni und Beeke machen ruhig und gelassen ihren Job – ganz Kaltblut eben. Überhaupt ist es ruhig, nur das Klirren des Geschirrs der beiden Pferde und ein Rauschen, wenn das Mähwerk durch das Gras fährt, ist zu hören. Scheinbar ebenso gelassen sitzt Peter Hagel auf dem kleinen, auf und ab wippenden Sitz der rotlackierten Maschine, die langen Leinen in der Hand. Doch der Eindruck täuscht: „Da gehört schon sehr viel Konzentration dazu“, sagt der Rieper, der dabei seine beiden tierischen Kolleginnen genau im Blick hat, während sie Bahn um Bahn das Mähwerk über die Wiese bei Lauenbrück ziehen.
Von schnell kann dabei keine Rede sein: Für einen halben Hektar braucht er in der Regel eine gute Stunde, „aber ein Schnell-schnell gibt es mit den Pferden nicht“, betont er. Der Rieper genießt die Arbeit mit den Tieren: „Ich sitze sonst so viele Stunden auf dem Trecke, da erdet mich das wieder.“ Seit 2009 mäht er auf diese Art und Weise – mit einem „Zwei-PS-Hafermotor mit Allhufantrieb“, wie er kommentiert. Auch, wenn es durchaus mehr als zwei Pferdestärken sein können: „Ein Pferd kann auch schon einmal 22 PS aufbringen“, erläutert Hagel.
Es sind besondere Pferde, Schleswiger Kaltblut, eine Rasse, die auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen steht. „Es gibt nur noch gut 160 Stuten“, weiß Hagel. Wie Anni und Beeke, beide kamen vor zehn, beziehungsweise elf Jahren von denselben Elterntieren auf dem Hof von Anja und Peter Hagel in Rieße zur Welt. „Sie sind ideale Arbeitspferde, weil sie einen raumgreifenden Schritt haben“, schwärmt Hagel. „Und sie können stehen. Denn das ist die wichtigste Gangart bei einem Arbeitspferd.“ Mittlerweile arbeitet er nicht nur auf seinen gut 65 Hektar mit den Tieren, sondern bietet die Landschaftspflege mit „echten PS“ auch anderen an. Heute in Lauenbrück mäht er Gemeindegrund, aber auch in seinem Betrieb kommen Pferde zum Einsatz, darunter die beiden 700-Kilo-Grazien Anni und Beeke. „Die können gar nicht ohne einander“, erklärt Hagel und lacht. „Aber auch Pferde, die sich nicht so grün sind, können zusammenarbeiten: Wenn sie im Geschirr sind, passt das schon.“ Größer, schneller, weiter: Das gilt auch in der Landwirtschaft, wenn es um die Arbeitsgeräte geht. Maishäcksler, die bis zu 14 Reihen auf einmal abernten, etliche Tonnen schwere Zugmaschinen – es scheint, als hätte Hagel mit seinem Pferdegespann einem einen riesengroßen Schritt in die Vergangenheit gemacht. „Aber das ist nicht so, denn das hier ist moderne Technik“, sagt er mit einem Lachen, zieht an einem Hebel, wodurch sich mit einem kurzen Quietschen das Mährwerk aus dem hohen Gras hebt, und zeigt auf die Doppelmesser. „Die funktionieren wie eine Schere und mähen das Gras so ab, dass die Schnittstellen wieder verheilen. Außerdem setzt das Mähwerk nicht allzu tief an, so dass das für die Amphibien, die in dem Gras leben, schonender ist.“ Und von denen gibt es in den Wiesen nahe der Fintau so einige. „Die Maschine ist übrigens eine Konstruktion und Fertigung aus den USA – von den Amisch“, erklärt Hagel. Eben jene Glaubensgemeinschaft, die in vielen Lebensbereichen eher Technik ablehnt und bei der Bearbeitung ihrer Felder oft auf die „natürlichen“ Pferdestärken setzt. „Solche Maschinen werden dort auf den ,Horse Progress Days‘ vorgeführt, eine Art Messe, wie hier bei uns die Agritechnica“, erklärt Hagel. Aber auch der Vorhang aus dicken, schwarzen Fäden, der über den Rücken von Anni und Beeke liegt, ist eine Idee der Amish: „Das hilft gegen die Fliegen besser, als eine Pferdedecke. Die ist für dieses Wetter einfach zu warm“, sagt Hagel. „Denn vor allem bei der Hitze muss man auf die Pferde achten.“ Mittlerweile gibt er Kurse in Sachen Arbeitspferde: „Es ist so eine tolle Arbeit, daher will ich das an andere Menschen weitergeben“, sagt Hagel und schwingt sich wieder auf den Sitz. Anni und Beeke ziehen wieder an, das Geschirr klirrt wieder. Bis Mittag will der Rieper fertig sein. Dann geht es auf den eigenen zur Getreideernte – dann allerdings mit Diesel- anstatt mit Hafermotor.