Gemeinde Scheeßel sucht preiswerten Wohnraum für Geflüchtete - VON LARS WARNECKE

Problem: Mieter-Auslese

Anja Schürmann arbeitet als Integrationsbeauftragte bei der Gemeinde Scheeßel. Als solche richtet sie sich jetzt mit einer Bitte an die Öffentlichkeit: "Wir brauchen Wohnungen für unsere integrierten Flüchtlinge." Foto: Warnecke
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Scheeßel – Die Gemeinde Scheeßel hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von geflüchteten Menschen aufgenommen. „Der Großteil, insbesondere Familien, hat sich im Laufe der Zeit prima in unsere Gesellschaft integriert“, sagt Anja Schürmann. Viele Erwachsene würden mittlerweile einer geregelten Arbeit nachgehen, zahlten Steuern, verfügten über einen eigenen Führerschein. Der Nachwuchs besuche derweil die Schule oder den Kindergarten, sei im Sportverein aktiv. Die 44-Jährige muss es wissen, arbeitet sie als Integrationsbeauftragte im Rathaus doch mit jenen Menschen, die hierzulande Schutz gesucht haben, eng zusammen.

Eigentlich könnte Schürmann also ganz zufrieden sein mit Blick auf das bisher Geleistete. Ist sie auch, würde da nicht doch noch gehörig der Schuh drücken: „Wir suchen für unsere Geflüchteten dringend bezahlbaren Wohnraum.“ Ihre Bitte: Bürger aus der Gemeinde, die noch freie Wohnungen hätten, mögen diese auch, wenn möglich, an die früheren Asylbewerber vermieten. „Die meisten stehen ja nun wirklich schon in Lohn und Brot, finden auf dem freien Markt aber trotzdem keine bezahlbare Wohnung“, schildert die Wittkopsbostelerin das Dilemma.

Nicht wenige Familien, in der Regel handele es sich um solche mit zwei bis drei Kindern, seien so noch immer in gemeindeeigenen, in der Regel eher zweckmäßig ausgestatteten Unterkünften einquartiert, die ihnen zu Zeiten der Flüchtlingskrise 2015/2016 zugewiesen worden waren – und die lebten oft auf engstem Raum. Aber: „Die Wohnungen sind von der Gemeinde für Betroffene vorgesehen, die Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz bekommen“, erläutert sie. „Sobald die Menschen für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen können, müssen sie sich um eigenen Wohnraum bemühen.“

Warum die Suche sich für die Betroffenen als derart schwierig erweist? Viele von ihnen, die fast ausnahmslos alle ungelernte Kräfte seien und entsprechend im Niedriglohnsektor arbeiten würden, könnten sich die oft hohen Mietpreise schlichtweg nicht leisten, bedauert Schürmann, die auch als Gleichstellungsbeauftragte bei der Gemeinde arbeitet.

Und noch einen Faktor zieht die Integrationsbeauftragte heran: „Es wird tatsächlich auch schon mal aussortiert.“ Auf eine einzige Wohnungsanzeige kämen mitunter 20 Bewerber – „und dann fallen die Menschen mit Migrationshintergrund meistens heraus“. Nachvollziehen könne sie dieses Auswahlverfahren aus Vermietersicht durchaus, schlecht sei es aber trotzdem. „Ich kann ja verstehen, wenn man nicht an Leute vermieten möchte, die aufgrund ihrer Aufenthaltserlaubnis etwa nach einem halben Jahr schon wieder weg sind – wenn es sich aber um Familien handelt, wo die Kinder schon zur Schule gehen, kann man davon ausgehen, dass die auch länger hierbleiben wollen.“

Tatsächlich sei in Scheeßel kaum Wegzug zu verzeichnen, berichtet Schürmann. Aktuell 150 Menschen mit Flüchtlingshintergrund, der Nachwuchs schon mit eingerechnet, würden in der Gemeinde leben, davon ein gutes Drittel zentral auf dem Campus am Helvesieker Weg.

Zwar sei die Zahl der über eine Quote zugewiesenen Neuankömmlinge heute längst nicht mehr so hoch wie noch vor fünf, sechs Jahren, gemeindeseitig habe man sich von der einen oder anderen Wohnung, die zur Unterbringung angemietet worden war, auch schon wieder getrennt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse in Afghanistan könnte sich das Blatt ihren Worten nach aber ganz schnell wieder wenden. „Und dann stünden uns für die aus dem Land Geflüchteten nur noch einzelne Zimmer zur Verfügung, nicht aber ausreichend Platz für eine ganze Familie“, verdeutlicht sie. Solche Kapazitäten böte selbst der Campus nicht, der ohnehin nur für den Übergang gedacht sei.

Es könnte also eng werden in den für Asylbewerber „reservierten“ Liegenschaften der Gemeinde. Auch und vor allem deswegen wirbt Anja Schürmann um Mithilfe aus der Bevölkerung. „Ich möchte, dass mehr Mietverträge mit den bei uns integrierten Menschen geschlossen werden.“ Wer Möglichkeiten sehe, „ordentliche Wohnungen zu ordentlichen Preisen“ anzubieten, könne sich mit ihr in Verbindung setzen – telefonisch unter Telefon 04263 / 93081800 oder per E-Mail an gleichstellungsbeauftragte@scheessel.de. „Ich würde, wenn es gewünscht ist, dann auch bei den Gesprächen begleitend dabei sein“, sagt sie.

Vermitteln würde sie beispielsweise niemanden, der nach deutschen Begriffen nicht „sauber“ sei. „Wobei wir wirklich ganz wenige Familien haben, denen man das Putzen erst beibringen müsste“, betont die 44-Jährige. Oft denke sie, wenn sie die ihr anvertrauten Menschen durch ihre Arbeit erlebe: „Wenn ich zu mir nach Hause komme, müsste ich da auch mal wieder sauber machen.“

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