Flüchtlingshilfe zeigt Ausstellung mit 40 Porträts Zugezogener - Von Ann-Christin Beims

„Der Stolz in den Augen“

Sascha Bett (hinten links) und Lena Gehring (Zweite von links) freuen sich mit Paul-Gerhard Göttert (Zweiter von rechts, hinten) und Sylvia Doberentz-Tews von der Flüchtlingshilfe, dass viele Zugezogene sich an dem Projekt beteiligt haben. Foto: Ann-Christin Beims
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Scheeßel. Ein junger Mann streckt beide Daumen nach oben, lächelt in die Kamera, er scheint zufrieden. Darüber ein älterer Mann, vielleicht ein Familienvater. Seine Augen schauen bedrückt, sein Mund lächelt nicht. Es sind Bilder wie dieses, die erahnen lassen, was manche Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Deutschland durchgemacht haben. Fotograf Sascha Bett und Hobbyfotografin Lena Gehring haben ehrenamtlich für die Flüchtlingshilfe Scheeßel in 40 Bildern Menschen porträtiert, die innerhalb der vergangenen drei Jahre in den Beekeort gekommen sind. Sie geben denen, die meist unerkannt bleiben, ein Gesicht.

Die Ausstellung, die am Donnerstag im Foyer der Scheeßeler Sparkasse eröffnet worden ist, soll dazu bringen, genauer hinzusehen – nicht nur drinnen, sondern auch draußen, im Ort mit einem Lächeln an jemandem vorbeizugehen, den man von einem Foto wiedererkennt. „Wir sind Scheeßel, wie es sich in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat und wie es sich in naher Zukunft weiterentwickeln wird“, sagt Paul-Gerhard Göttert, erster Vorsitzender der Flüchtlingshilfe, in seiner Begrüßung. „Ein neues Wir verlangt von beiden Seiten ein vorurteilsfreies Aufeinanderzugehen.“

Von denjenigen, die mitgemacht haben, sind an diesem Nachmittag viele dabei. „Es sind nicht Leute, die unter uns sind, sondern mit uns, genauso Mann und Frau wie wir auch“, sagt die zweite Vorsitzende Sylvia Doberentz-Tews. Von den Fotos schauen ausdrucksstarke Gesichter aus schlichten Rahmen, die den Blick nicht vom Wesentlichen ablenken, auf die Besucher hinunter. Kleine Zettel geben Erklärungen ab. Nur Namen werden nicht genannt, denn allein die Bilder sind schon sehr persönlich. Es sind Menschen, die sich öffnen, zeigen, dass sie hier sind – mitunter, dass sie angekommen sind. Eine junge Frau arbeitet beim Zahnarzt, ein Mann im Autohaus, sie bauen sich eine Heimat fernab der Heimat auf. Es sind Frauen und Männer, kleine Kinder und Jugendliche, Familien und Einzelpersonen und das quer durch alle Altersklassen.

Aber es gibt auch diejenigen, die Nein gesagt haben. „Manche haben Ängste, negative Vorerfahrungen mit Fotos in Medien und Netzwerken. Einige haben es daher abgelehnt“, sagt Doberentz-Tews. Auch sie haben eine Stimme bekommen: Es sind leere Bilderrahmen, in denen die Begründung ihrer Entscheidung steht. „Wir hatten den Gedanken schon sehr lange. Aber es braucht Zeit, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Paul hat viele von ihnen begleitet, um ihnen die Angst zu nehmen.“ Einige sind zu Sascha Bett ins Studio gegangen, andere hat Lena Gehring an ihrem Arbeitsplatz besucht. „Das war für mich etwas völlig neues, sonst fotografiere ich Landschaften, sogenannte Lost Places“, erzählt sie. Die Männer und Frauen hätten ihr mit Freude ihre Arbeitsplätze gezeigt. „Es ist etwas besonderes, man sieht den Stolz, der in ihren Augen steht.“

Einer derjenigen, die fotografiert worden sind, ist der junge Syrer Belal Hesso aus Scheeßel. Er ist im Dezember 2015 mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, mittlerweile hat er einen Job als Mechatroniker in einem Autohaus. „Es ist wichtig, wir leben miteinander und jeder sollte das wissen“, sagt er zu seiner Motivation. Und die Idee, auf diese Weise Vorurteile und Ängste abzubauen, kommt gut an. „Die Bilder haben sehr viel Ausdruck, Freude, Traurigkeit – es ist Leben in den Augen. Auf einem sind vier Frauen, sie haben es schwer, aber sie sehen zufrieden aus“, sagt die Scheeßelerin Solveigh Schröder. Auch Kunstgewerbehausleiterin Birgit Ricke ist begeistert: „Mir gefällt das sehr, auch, dass alle Bilder die gleiche Größe haben. Und die Fotos haben die Zwei toll hinbekommen.“

Auf diesen sind auch Frauen mit ihren Kindern, ohne Ehemann, da diese gestorben sind. „Es gibt unterschiedliche Facetten, jeder hat seine Geschichte. Und bei denen, die noch nicht so lange da sind, stehen Verzweiflung, Angst und viele Fragezeichen in den Gesichtern“, so Doberentz-Tews. Ziel ist es auch, nicht nur zu zeigen, dass sie einen harten Weg hinter sich haben, sondern auch noch einen „verdammt harten vor sich“.

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