Tiertafel unterstützt in prekären Situationen / Besondere Überraschung zu Weihnachten

Hilfe für hungrige Tiere

VON TOM GATH

Rotenburg – „Not darf alte Freunde nicht trennen.“ Das ist der Leitsatz der Tostedter Tiertafel, die seit dem vergangenen Jahr auch eine Ausgabestelle in Rotenburg betreibt. Damit Tierhalter ihre Vierbeiner aufgrund von schwierigen Lebenslagen nicht abgeben müssen, verteilt der Verein „Besitzerhunde“ einmal monatlich Futter für 14 Tage. „Den Rest müssen die Tierhalter selber stemmen, anders geht es leider nicht“, sagt die Vorsitzende von „Besitzerhunde“, Christine Boll.

Denn der Verein ist vollständig auf Spenden angewiesen, von den Kommunen gibt es keine Unterstützung. „Da ist leider kaum was zu machen. Wir sind alles ehrenamtliche Einzelkämpfer und verstehen uns mittlerweile als Futterlogistiker. Es sind große Mengen an Futter, die wir bewegen“, so Boll.

Seit der Vereinsgründung vor sechs Jahren sei der Bedarf stetig gestiegen. Schon mit Beginn der Corona-Pandemie habe es einen sprunghaften Anstieg an Kunden gegeben. Die steigenden Energiekosten, eine explodierende Inflationsrate und auch die Lieferprobleme für günstiges Discounterfutter haben die Situation noch einmal verschärft. Und die Spendenbereitschaft gehe ebenfalls merklich zurück.

Ausschlaggebend für die Gründung des Vereins sei laut Boll ein besonders tragischer Fall gewesen: Der Ehemann einer älteren Frau ist gestorben und sie musste von einer kleinen Witwenrente leben. Als ihr elf Jahre alter Hund krank wurde und plötzlich auf Tabletten angewiesen war, konnte sie sich den Unterhalt nicht mehr leisten. Die Kinder der Frau wollten den Hund, der einen letzten Bezug zum verstorbenen Ehemann aufrechterhielt, ins Tierheim bringen. Das kam für Boll und ihre Mitstreiter nicht infrage: „Die Dame saß völlig einsam zu Hause und sollte das gemeinsame Tier abgeben. Das hat uns das Herz gebrochen, das konnten wir nicht zulassen.“

Bis heute gibt es immer wieder Fälle, die Boll besonders nahe gehen. Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist aber fast immer von großer Bedeutung. Gerade älteren oder alleinstehenden Menschen geben die Tiere Sicherheit und Struktur. Sie helfen auch dabei, Sozialkontakte aufrechtzuerhalten, etwa beim Gassigehen. Für Kinder sind die Haustiere wie Familienmitglieder, ein Verlust wäre für sie sehr schmerzhaft.

Um Essen von der Tafel zu beziehen, ist eine vorherige Anmeldung notwendig. Denn das Essen wird für jedes Tier individuell verpackt und dann von der Zentrale in Welle/Tostedt zur Rotenburger Tafel für Menschen gefahren, die dem Verein das Gelände einmal im Monat überlässt. Außerdem muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden. Und: „Während man bei der Tafel ist, kann man sich keine neuen Tiere mehr anschaffen. Wir erwarten von unseren Tierhaltern Verantwortungsbewusstsein und dann helfen wir auch gerne und unkompliziert“, erklärt Boll.

Letzten Mittwoch stand die alljährliche Weihnachtstütenaktion an. Schon seit Wochen wurde für diesen Tag gezielt um zusätzliche Spenden geworben. Die Tierfreunde erwartete eine ganz besondere Überraschung: Zusätzlich zur normalen Verpflegung gab es Tüten mit speziellem Futter, Leckerlis und Spielzeug. „Sie glauben gar nicht, wie glücklich auch unsere menschlichen Kunden sind, wenn sie dann diese Tüten unter dem Tannenbaum aufmachen und sich mit ihren Tieren freuen“, erzählt Boll.

In die Zukunft blicken Boll und ihre Helfer allerdings eher pessimistisch. Neben der allgemeinen Zunahme von Armut tritt nächstes Jahr eine neue Gebührenordnung für Tierärzte in Kraft. Bei den Tierarztkosten werden extreme Steigerungen erwartet. Es liege nahe, dass sich Leute dann von ihren Tieren trennen müssen. Eine sehr traurige Vorstellung für die Ehrenamtlichen der Tiertafel: „Wir befürchten, dass uns ganz ganz schlimme Zeiten bevorstehen.“

Weitere Informationen und Spendenmöglichkeiten unter www.besitzerhunde.de

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