Team der Jugendherberge in Rotenburg wartet auf Eröffnung - Von Judith Tausendfreund

„Werden die Letzten sein“

Rita Toll ist seit vielen Jahren die Leiterin des Hauses u2013 doch nun muss sie eine ungewohnte Ruhe managen.
 ©Foto: Judith Tausendfreund

Unter dem Titel „Verwaiste Orte“ stellen wir regelmäßig beliebte Rotenburger Einrichtungen und Treffpunkte vor, die in diesen Tagen coronabedingt weitgehend menschenleer sind. Für den fünften Teil haben wir uns in der Jugendherberge umgesehen.

Von Judith Tausendfreund

Rotenburg. Niemand checkt ein. Niemand checkt aus. Die Korridore sind leer und in den Betten hat seit Längerem niemand mehr geschlafen. Rita Toll, Leiterin der Rotenburger Jugendherberge, will weder jammern noch meckern, sie bleibt optimistisch: „Die Situation ist nun einmal da, und wir schaffen das auch.“

245 Betten hat das Haus gegenüber den Berufsbildenden Schulen in der Verdener Straße 104, wo die Jugendherberge seit Mitte der 1970er-Jahre zu Hause ist. „Ursprünglich fing alles in der Innenstadt an, da war die Herberge in dem heutigen Jugendzentrum untergebracht“, berichtet die Rotenburgerin. Als es dort zu eng wurde, entschied man sich für den Neubau. Dieser heißt bis heute „Helmut-Tietje-Haus“, in Anlehnung an den damaligen Landrat.

Von Beginn an ist Toll dabei. Vieles hat sich verändert. „Heute sagt man nicht mehr Herbergsmutter“, berichtet die Leiterin. Sie ist Ansprechpartnerin für die im Schnitt etwa 200 Gäste und 24 Mitarbeiter und Auszubildenden.

Seit März 2020 herrscht Stillstand. Alle Kosten wurden auf ein Minimum reduziert, geplante Investitionen gestoppt. Die verbliebenen 16 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. „Ich versuche alles, um meine Stammmannschaft zu halten“, erklärt sie. Das ginge jedoch nur mit rigorosen Sparmaßnahmen. Toll muss genau planen, um die laufenden Betriebskosten aufzubringen.

Das Haus muss gepflegt werden, auch wenn es leer steht. Die Wasserleitungen müssen regelmäßig gespült werden, die Sicherheitsvorkehrungen müssen laufen wie immer – und auch die Grünanlagen machen Arbeit. „Im Büro haben wir richtig viel zu tun“, so Toll. Denn trotz aller Monate, die die Pandemie das Land schon in Atem hält, gibt es viele Anfragen, die bearbeitet werden müssen. Buchungen aus dem vergangenen Jahr mussten umgebucht werden.

Jetzt, da der Lockdown weiter anhält, werden weitere Reisen umgebucht. „Wir wollen hier auch die Stellung halten, wir wollen Präsenz zeigen“, so Toll. Daher ist das Büro besetzt, die Jugendherberge ist erreichbar, auch wenn Gäste noch lange nicht kommen dürfen. „Wir werden sicher die Letzten sein, die öffnen können, denn wir haben hier vor allem Gruppen, die unser Haus nutzen – und bis es wieder Gruppenreisen geben wird, das kann dauern“, so schätzt sie die Lage ein.

Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern hat sie das Büro aufgeräumt und renoviert. „Wir sind digital vernetzt und nutzen die Zeit, auch um Fortbildungen zu machen“, so Toll weiter. Sie will jeden ihrer Mitarbeiter ab und zu mal sehen – im Garten und mit Abstand, auch das gehört zur Bindung des Personals. „Wir kommunizieren mit unseren Gästen, auch über Facebook“, so Toll.

Das Haus sei bei Familien und auch anderen Gästen beliebt, „auch wenn wir kein Meer und keine Berge haben“, erzählt sie. „Wir wären jetzt ausgebucht bis in den November hinein. Die Gegend rund um Rotenburg ist herrlich, Radwege, unberührte Natur, die nahe Heide – all dies lockt viele Reisende an. 40 Prozent der Gruppen, die anreisen, setzen sich aus Schulklassen zusammen. Die anderen 60 Prozent sind Musiker, Sportler und andere Gruppen.“

Das Hygienekonzept steht. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Mitarbeiter vom Speisesaal bis zu den Aufenthaltsräumen alles so eingerichtet, dass die notwendigen Abstände eingehalten werden können.

Der Speiseraum hat Richtungspfeile bekommen, nur jeder zweite Tisch ist mit Stühlen ausgestattet. Alle Zimmer sind mit Desinfektionsmittel ausgestattet. „Das alles hat sehr gut geklappt“, so die Leiterin.

Momentan hilft nur abwarten. „Wir planen von Woche zu Woche, und alle vier Wochen hören wir die aktuellen Pläne der Regierung – mehr können wir momentan nicht machen“, beschreibt sie ihre Arbeit.

Immerhin etwas Gutes habe die Situation: Die Konflikte mit den Nachbarn, die sich von dem Lärm und der Unruhe gestört fühlen, bleiben aus. Trotzdem hofft Toll darauf, dass sie bald wieder Gäste begrüßen kann, sobald die Corona-Pandemie das zulässt.

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