Rotenburger Tierschutzverein wartet auf positives Signal - Von Dennis Bartz

„Wir verhungern am langen Arm“

Regina Buchhop möchte sich wieder mehr den Tieren widmen können u2013 doch die Rettung des Tierheims nimmt derzeit viel Zeit in Anspruch. Foto: Dennis Bartz
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Mulmshorn. Zwischen der Stadt Rotenburg und dem Rotenburger Tierschutzverein herrscht seit einigen Tagen Funkstille. Der Verein hatte für das Tierheim in Mulmshorn vor einer Woche ein Aufnahmestopp für Fundtiere verhängt und dies mit Zahlungsschwierigkeiten begründet (die Rundschau berichtete). „Wir haben öffentlich viel Zuspruch dafür bekommen“, bedankt sich Vorsitzende Regina Buchhop, die jedoch bedauert: „Von der Stadt haben wir nichts mehr gehört.“

Der Druck auf das Tierheim wachse jeden Tag: „Wenn wir gut wirtschaften, kommen wir noch sechs bis maximal acht Wochen über die Runden.“ Und dann? „Wenn sich bis dahin nichts tut, müssen wir Insolvenz anmelden und hier geht alles den Bach runter. Wollen uns die Behörden wirklich am langen Arm verhungern lassen?“ An dem Aufnahmestopp im Tierheim halte der Tierschutzverein gezwungenermaßen fest: „Wir nehmen keine Katzen und andere Kleintiere mehr auf, weil wir die hohen Tierarztkosten, die pro Quartal anfallen, nicht mehr vorstrecken können“, erklärt Buchhop und zählt die notwendigen Behandlungen wie Kastration, Impfung und Entflohung auf. Anders verhalte es sich dagegen mit Hunden, für die im Notfall ein Plätzchen im überfüllten Tierheim gefunden werde: „In der Regel werden diese innerhalb von ein bis zwei Tagen vom Besitzer abgeholt, der dann die Kosten für den Aufenthalt übernehmen muss.“

Gegenüber der Rundschau hatte Ordnungsamtleiter Frank Rütter dem Verein eine Mitschuld für den finanziellen Engpass gegeben, weil der Verein die Fundtier-Abrechnung für das erste Quartal nicht pünktlich eingereicht hatte. „Etwa 8.000 Euro sind deshalb noch nicht abgerufen“, hatte Rütter hochgerechnet und gemutmaßt: „Das sollte die Situation zumindest etwas erleichtern.“

Inzwischen liegen die Unterlagen der Behörde vor („Zur Verzögerung kam es deshalb, weil eine meiner Mitarbeiterinnen erkrankt war“, so Buchhop) und die Berechnung ist abgeschlossen. „Statt 8.000 Euro stehen uns nach Auskunft der Stadt aber tatsächlich nur 700 Euro zu. Wir hatten im Vergleich zum Vorjahr im ersten Quartal nämlich deutlich weniger Fundtiere“, erklärt Buchhop, die bedauert: „Wegen der ganzen Schwierigkeiten kommen wir im Moment kaum noch zu unserer Tierschutzarbeit. Dabei ist es doch genau das, was wir leisten wollen.“

Das eigentliche Problem sieht sie woanders: Bereits seit 2011 kämpfe der Tierschutzverein darum, dass die Stadt Rotenburg und die Gemeinden im Südkreis statt nur für 30 Tage für bis zu sechs Monate die Kosten für Fundtiere übernehmen. „So sieht es schließlich das BGB vor“, betont Buchhop. Der Blick ins Gesetzbuch gibt ihr Recht: Im Paragraf 965 ff BGB heißt es dazu: „Fundtiere sind von der zuständigen Behörde zu verwahren und zu versorgen.“

Der Niedersächsische Landtag hat sich dazu klar positioniert: „Zu den Aufwendungen, die die Gemeinde zu erstatten hat, gehören insbesondere die Kosten für eine artgerechte Unterbringung, Pflege und Ernährung sowie die Kosten für Behandlungen und den Transport der Tiere.“ Dort ist auch ein Zeitraum von sechs Monaten, also umgerechnet 182 Tagen, festgelegt. Tatsächlich ist die Verweildauer deutlich geringer, hat Buchhop errechnet: „2015 hatten die Tiere nach 104 Tagen ein neues Zuhause gefunden.“

Mit dem ehemaligen Bürgermeister von Rotenburg, Detlef Eichinger, hatte sich der Tierschutzverein nach langen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Weg geeinigt, erklärt Buchhop: „Aber dann kamen die Wahlen und wir mussten mit seinem Nachfolger Andreas Weber ganz von vorne beginnen.“ Jedes Jahr, das seit 2011 vergangenen sei, habe die finanzielle Situation verschärft. „Wir haben uns mit den Rücklagen aus einer Erbschaft über Wasser gehalten“, so Buchhop. Doch diese seien bald erschöpft und von dem Geld, das eigentlich für den dringend notwendigen Tierheimneubau gedacht sei, kaum etwas übrig.

Deshalb hatte der Verein bereits im April vergangenen Jahres erstmals mit einem Aufnahmestopp gedroht. In dem Schreiben, das der Rundschau auszugsweise vorliegt, heißt es: „Der Tierschutzverein bittet Sie daher, die Fundtierunterbringung für bis zu 182 Tage mit den derzeitigen Tagessätzen abzurechnen. Sollten, entgegen unserer Hoffnung, nicht alle Kommunen dieser Bitte nachkommen, wird uns eine Fundtierunterbringung leider nicht mehr möglich sein.“

Im vergangenen Jahr habe der Verein für die Aufnahme von Fundtieren nur 30.000 Euro erhalten – obwohl ihm etwa 93.000 Euro zugestanden hätte. „Wir fühlen uns wie Almosenempfänger und nicht wie Dienstleister“, so Buchhop.

Einen Etappensieg hatte der Verein Anfang des Jahres gefeiert, als der Rat der Stadt Rotenburg den Forderungen des Vereins zugestimmt hat. Seitdem stehen dem Verein bis zur Vermittlung oder für maximal 182 Tage für aufgenommene Hunde pro Tag 13 Euro, für Katzen elf Euro zu. Doch eine Einigung mit den weiteren Gemeinden im Südkreis, die weiterhin nur 30 Tage zahlen, stehe weiterhin aus: „Es ist der Stadt noch nicht gelungen, mit ihnen eine einheitliche und faire Lösung zu erarbeiten.“ Es habe zwar bereits zahlreiche Gespräche, auch in großer Runde, mit allen Beteiligten gegeben. „Aber wir kommen da keinen Schritt weiter“, bemängelt Buchhop, die nach eigenem Bekunden das Gefühl gewinnt, die Gemeinden würden auf Zeit spielen. Zuletzt sei die Runde Ende April ergebnislos auseinandergegangen, weil die Gemeinden noch mehr Transparenz in der Kontoführung gefordert hatten. „Unsere Steuerberaterin, die alle Vorgaben erfüllt und die Konten detailliert aufgedröselt hatte, schüttelt darüber den Kopf“, so Buchhop. Sie erinnert daran, dass die Stadt bereits vor zwei Jahren das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises damit beauftragt hatte, die Geschäfte des Tierschutzvereins zu überprüfen. „Der Leiter Wolf Linne kam zu dem Schluss, dass wir alle Einsparmöglichkeiten bereits voll ausschöpfen. Ich frage mich also, was wir noch machen sollen.“

Zusätzliche Sorgen bereiten dem Verein die steigenden Kosten: „Es gibt überall Preissteigerungen und unsere Personalkosten sind wegen des Mindestlohns deutlich gestiegen – aber all das wird offenbar nicht berücksichtigt. Der Tierschutz hat in Rotenburg einfach keine Lobby“, bemängelt Buchhop, die sich auch Sorgen um ihre Mitarbeiter macht: „Im Tierheim arbeiten eine Vollzeitkraft, drei Teilzeitkräfte und eine 450-Euro-Jobberin – außerdem acht Ehrenamtliche, die mit den Hunden Gassi gehen sowie hier und dort helfen.“ Buchhop hofft weiterhin auf eine schnelle Lösung, damit die „wichtige Tierschutzarbeit“ langfristig gesichert sei: „Alle Gemeinden sollten endlich die 182 Tage anerkennen. Für unsere Arbeit wäre es am besten, wenn wir jeweils zum Quartalsanfang eine Pauschale erhalten würden und zum Ende hin den tatsächlichen Betrag abrechnen könnten. Dann wären wir nicht mehr dazu gezwungen, drei Monate lang die Kosten vorzustrecken. Außerdem wäre es fair, wenn wir zumindest für das vergangene Jahr ein Nachzahlung bekommen würden, damit wenigstens ein Teil unseres Defizites ausgeglichen wäre.“

An die Folgen, die eine Schließung des Tierheims mit sich bringen würde, mag Buchhop noch nicht denken: „Die Menschen wären dann womöglich gezwungen, Fundtiere bis ins Tierheim nach Brinkum oder sogar in weiter entfernte Heime zu bringen. Außerdem würde die Katzenschwemme deutlich anwachsen.“

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