Malteser-Hilfsdienst erfüllt 86-Jährigem einen besonderen Wunsch

Ein Tag am Meer

Paul Schawaller freut sich über die frische Meeresluft. Der 86-Jährige hatte sich einen Tag am Meer gewünscht.
 ©Rotenburger Rundschau

Rotenburg (r/db). Paul Schawaller hält die Rettungssanitäter des Malteser-Hilfsdienstes ganz schön auf Trab. Nach herrlichen Sommerwochen ist es ausgerechnet an diesem besonderen Vormittag vollkommen trüb und feucht. Claudia Liebau, Palliativbeauftragte der Rotenburger Werke, hat an diesem Tag eine wichtige Mission zu erfüllen. Sie betreut Paul Schawaller aus dem Haus Göttingen auf seiner Reise an die Nordsee.

Der 86-Jährige hat sich gewünscht, noch einmal nach Emden fahren zu können, Verwandte zu treffen, das Meer zu sehen. Der Malteser Hilfsdienst finanziert sich auch Spenden und erfüllt Menschen, die sich am Ende ihres Lebens befinden, letzte Träume, Reisen an einen besonderen Ort. „Ich hab den Kontakt zu den Maltesern hergestellt und die Sache geplant“, erzählt die gelernte Arzthelferin. Sie ist als ausgebildete Beraterin zur gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase in den Werken tätig. An diesem grauen Tag im August kann es losgehen.

Der Rettungssanitäter Jan-Nicklas Zantopf und Azubi Jan Pläging haben sich auf den Weg von Hildesheim nach Rotenburg gemacht, steuern jetzt um kurz nach acht in der Früh Haus Göttingen an. Paul Schawaller ist längst vorbereitet, scheint ganz aufgekratzt. Alles ist für die Reise gepackt, Medikamente, warme Kleidung, das Malbuch nicht zu vergessen. Jetzt wird der betagte Herr mit der Trage direkt aus seinem Zimmer geholt, das ist Service.

Die zwei Sanitäter steuern zum Ausgang des Hauses, Liebau läuft nebenher: „Das wird ein schöner Tag für Paul, schade, dass das Wetter so schlecht ist.“ Schawaller wiederum scheint es nicht zu stören. Viel interessanter ist es, dem Treiben der beiden Sanitäter zuzuschauen, alles dreht sich heute um ihn. „Wo ist mein Malbuch?“, möchte der ,Patient‘ wissen. „Alles da“, beruhigt ihn Liebau.

Dann kann es ja losgehen. Es regnet inzwischen stärker, trübe Aussichten? Kommt auf die Perspektive an. Schawaller bemerkt aus seiner liegenden Position nichts vom Schietwetter da draußen. Ihn umsorgen Pläging und Liebau, Kollege Zantopf steuert den Rettungswagen – ganz ohne Blaulicht und Sirene, es ist ja kein Notruf, eher eine gemütliche Ausfahrt bei ungemütlichem Wetter.

Längst schüttet und stürmt es auf der Autobahn. Schawaller bekommt beim Malen inzwischen Unterstützung vom Rettungssanitäter in Ausbildung. „Das gehört zum Service“, lächelt Pläging und hält das Buch für seinen Fahrgast. Dann das kleine Wunder: Als der Rettungswagen von der Autobahn abfährt, kommt die Sonne heraus. Auf dem Deich gibt es schöne Momente des Wiedersehens mit der Familie.

Vor der Nordsee-Kulisse begrüßen sich Schawaller und sein Bruder herzlich, eine zehnköpfige Delegation ist zur Anreise des alten Herrn erschienen und blickt mit ihm aufs Meer. Mit allen zusammen geht es unter Schubkraft der Rettungssanitäter jetzt ins Café. Die Bestellung des weit Angereisten fällt deutlich aus: „Ich will Schokokuchen und Cappuccino.“

Die Familie hilft beim Anreichen. Nach gemütlichen Stunden geht es wieder auf die Heimreise. „Die beiden Rettungssanitäter sind wirklich ausgesprochen zuvorkommend“, findet Liebau. Kaum sind sie wieder auf der Autobahn, fängt es wieder zu regnen an. „Es soll wohl so sein“, denkt die 54-Jährige laut. Schawaller ist es egal, er malt unter Malteser-Assistenz in seinem Buch. Am Ende des Tages ist er müde und dankbar, fast hätte er sein Malbuch Pläging geschenkt. Doch der lehnt freundlich ab: „Nicht nötig, das machen wir gern.“ Und so nehmen die Rettungssanitäter vom Malteser Hilfsdienst an diesem Tag gern in Kauf, von Paul Schawaller ganz schön auf Trab gehalten zu werden.

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