Kandidaten des Wahlkreises 53 äußern sich zur Landtagswahl

„Müssen über Große Koalition nachdenken“

Eike Holsten
 ©

Landkreis. Bei der Bundestagswahl hatte die SPD noch eine derbe Schlappe eingesteckt, bei der Landtagswahl gehen die Sozialdemokraten als Sieger unter den großen Parteien hervor. 36,9 Prozent der Stimmen holte die SPD angeführt von Ministerpräsident Stephan Weil, 4,3 Prozent mehr als 2013. CDU (33,6 Prozent, minus 2,4), Grüne (8,7 Prozent, minus 5,0) und FDP (7,5 Prozent, minus 2,4) schnitten allesamt schlechter ab. Mit 6,2 Prozent zieht die AfD erstmals in den Landtag ein, Die Linke legt zwar um 1,5 Prozentpunkte zu, scheitert mit 4,6 Prozent Stimmenanteil aber dennoch an der Fünf-Prozent-Hürde. Auch unter den Kandidaten im Landkreis Rotenburg gibt es Gewinner und Verlierer. Die Rundschau hat mit ihnen gesprochen.

Eike Holsten (CDU) zieht per Direktmandat in den Landtag ein, muss sich jedoch in seiner Heimatstadt seinem Konkurrenten Tobias Koch (SPD) geschlagen geben: „Die Grünen haben in Rotenburg eine starke Erststimmenkampagne für meinen Mitbewerber gefahren. Gleiches gilt für SPD-Bürgermeister Andreas Weber, der sich bis zum Wahltag persönlich massiv für den sozialdemokratischen Kandidaten eingesetzt hat. Am Ende waren diese parteipolitischen Bemühungen zwar in Rotenburg knapp erfolgreich, insgesamt aber vergebens. Persönlich bin ich zutiefst dankbar für das mir entgegen gebrachte Vertrauen. Wir haben den Wahlkreis gegen den Landestrend behauptet und dabei absolut nur knapp 1.000 Erststimmen im Verhältnis zur Wahl im Jahr 2013 verloren. Das ist ein gutes Ergebnis für uns als Partei im Altkreis.“

Zur möglichen Regierungsbildung sagt er: „Wir stehen als zweitgrößte Fraktion im Landtag in Verantwortung, dieser werden wir sicher nachkommen. Die FDP hat ebenso wie wir aus guten Gründen eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausgeschlossen. Daher sehe ich zwar zähe Verhandlungen auf uns zukommen, aber am Ende eine gute Perspektive für Niedersachsen in Form einer Großen Koalition.“

Holsten hatte im Kreishaus das Ergebnis bis zur Auszählung des letzten Wahllokals abgewartet: „Mit vielen Freunden und der Familie konnte ich dann in der Harmonie anstoßen. Da ich aber weiß, wie viel Arbeit an einem Tag nach der Wahl ansteht, habe ich früh den Weg nach Hause gefunden. Schließlich habe ich jetzt einen Arbeitsauftrag, den ich sehr ernst nehme.“

Tobias Koch (SPD) sagt, er sei „unheimlich glücklich und ein Stück weit stolz. Ein so knappes Ergebnis habe ich ehrlich gesagt vor der Wahl nicht erwartet. Ich denke, darauf lässt sich in Zukunft aufbauen. Die Landes-SPD hat den verdienten Lohn für eine gute Regierungsarbeit in den letzten Jahren geerntet. Rückblickend kann man bei so einem Ergebnis nicht so viel falsch gemacht haben. In den nächsten Tagen werde ich gemeinsam mit meinem Team die letzten Wochen Revue passieren lassen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen.“

Koch hatte mit Freunden und der Familie den Abend im Schützenhaus in Vahlde verbracht: „Wir haben immer wieder gebannt auf den Fernseher geschaut und verfolgt, wie der Abstand bei den Erststimmen immer geringer wurde. Gegen 20.30 Uhr habe ich dann Eike Holsten angerufen und ihm zu seinem Sieg gratuliert.“

Koch erwartet, dass ein Zweierbündnis ausgenommen einer großen Koalition in Zukunft schwierig wird: „Ich hoffe, dass sich die FDP besinnt und zumindest Gespräche für eine Ampel-Koalition aufnimmt. Sollte dies nicht gelingen, so wird man über eine große Koalition nachdenken müssen.“

Jan-Christoph Oetjen (FDP) freut sich über den deutlichen Zuwachs an Erststimmen: „Das Ergebnis zeigt, dass meine Arbeit vor Ort honoriert wird. Leider ist der Raum für die kleineren Parteien durch die Zuspitzung auf die Frage, ob CDU oder SPD vorne liegen, eng geworden, sodass das Zweitstimmenergebnis am Ende hinter unseren Erwartungen zurückbleibt. CDU und SPD hatten sich gegenseitig hochgeschaukelt. Das zeigt aber auch: Umfragen beeinflussen Wahlergebnisse.

Vielleicht sollten wir uns wirklich einmal Gedanken darüber machen, ob es nicht sinnvoll wäre, kurz vor Wahlen auf öffentliche Umfragen zu verzichten.

Als Freie Demokraten machen wir nach der Wahl das, was wir vor der Wahl gesagt haben – daher bleibt die Ampel für uns ausgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass SPD und CDU sich einigen werden – der Wille zu regieren ist bei beiden Parteien vorhanden. Aber ich bin froh, dass rot-grün keine erneute Mehrheit mehr erhalten hat. Das ist gut für unser Land.“

Birgit Brennecke (Grüne) freut sich, dass sie im Landkreis mit 9,46 Prozent der Stimmen über dem Landesdurchschnitt liegt. „Als Kandidatin ohne Landtagsmandat im Rücken und mit nur drei Wochen Zeit für meine Vorstellung im Wahlkreis 53 war es sehr knapp, einen ergiebigen Wahlkampf zu machen, der zu dem noch in den Herbstferien lag.

Dazu habe ich einen Wahlkampf um die Zweitstimme geführt, damit die SPD stärkste Partei wird. Das hat im Landesergebnis geklappt, aber uns die Direktwahlergebnisse heruntergezogen. Wir gehen im Land und im Landkreis als drittstärkste Partei aus den Wahlen hervor und konnten deutlich mithalten.

Ich bin besonders froh und dankbar dafür, dass die AfD hier deutlich unter dem Bundesdurchschnitt geblieben ist.

Selbst bei den Stimmverlusten verglichen mit dem besten Grünen-Ergebnis von 2013 liege ich deutlich unter dem Landestrend und habe sogar in meinem Heimatort ein Plus von 6,5 Prozent mit 15,71 Prozent der Erststimmen erzielen können. Ich finde mein Ergebnis beachtlich. Es war die richtige Entscheidung, zu kandidieren.“

Den Wahlabend verbrachte sie in Hannover bei und mit den Landesgrünen und gemeinsam mit anderen Kandidaten und Wahlkampfhelfern.“

Nils Bassen (Die Linke): „Mein persönliches Ergebnis war in meinen Augen schon in Ordnung. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir in Rotenburg selbst die 5 Prozent erreichen können, doch es sollte nicht sein. Abgesehen davon ist der eigentliche Erfolg die steigende Mitgliederzahl. Immer mehr Menschen wollen sich engagieren und das sehe ich als Chance für die Zukunft – mit dem Hintergrund, dass 9 Prozent der unter 25-Jährigen uns ihre Stimme gegeben haben.

Wir wollen weiterhin Basisarbeit machen und uns um die Menschen kümmern, die sich nicht mehr von der Politik und der Verwaltung vertreten fühlen. Wir wollen weiterhin Mitgliederarbeit machen und mehr Menschen für die Linke gewinnen – dann klappt es auch bei der nächsten Wahl.“

Zur möglichen Regierungsbildung möchte sich Bassen nicht äußern. Er hofft aber, dass sich die Parteien an ihre Wahlversprechen halten werden: „In einigen Themen wie zum Beispiel der Kita-Gebühr, bessere Schulen und mehr Polizei waren sich schließlich alle Parteien nah. Das macht Hoffnung auf eine Verbesserung unserer Lebensbedingungen. Doch meiner Erfahrung nach wird vor den Wahlen die soziale Karte gezogen, ein paar kleine Stellschrauben gedreht und danach wird wieder alles vergessen.“

Bis Redaktionsschluss war Günter Scheunemann (Freie Wähler) nicht zu erreichen.

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser