Rotenburg. Die warmen Frühlingstage wecken die Lebensgeister heimischer Igel. „In den nächsten Tagen werden auch die letzten aus ihrem Winterschlaf erwachen“, sagt Merwel Otto-Link, Vorsitzende der Igelpflege Rotenburg.
Sie berichtet von der Herausforderung ihres Vereins während der Coronakrise. „Ich kümmere mich mit einer weiteren Pflegerin derzeit um 47 Igel, davon 17 auf der Intensivstation – das sind außergewöhnlich viele für diese Jahreszeit, denn in den vergangenen Jahren waren es nur etwa eine Handvoll.“
Aufgrund der Kontaktbeschränklungen sei es nicht mehr ohne Weiteres möglich, sich mit Findern zu treffen, vor Ort Fragen zur Pflege der Tiere zu klären und dabei zu helfen, den Garten igelfreundlich zu gestalten. „Das geht oft nur telefonisch. Ich schicke viel mehr Fotos und gebe ausführliche Erklärungen – das klappt so zwar ganz gut, kostet aber auch viel mehr Zeit. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, wie das in den nächsten Wochen weitergehen soll. Ständig stolpere ich über neue Dinge, die derzeit nicht möglich sind. Es geht ja auch darum, uns selbst zu schützen, schließlich müssen wir die Tiere versorgen. Wer macht das, wenn wir erkranken?“ Wer lange schläft, wacht mit Bärenhunger auf – das gilt auch für Igel. „Wir freuen uns deshalb weiter über Futterspenden. Unsere Igel fressen zusammen etwa acht Kilogramm Nassfutter pro Tag, dazu Lebend- und Trockenfutter sowie viele Eier“, zählt Otto-Link auf. Sie wird oft danach gefragt, woran Menschen erkennen können, ob ein Igel Hilfe braucht und erklärt dazu: „Tiere, die tagsüber unterwegs sind, haben so gut wie immer ein gesundheitliches Problem und sind auf die Hilfe des Menschen angewiesen.“ Damit die frei lebenden Igel sicher über die Straße kommen, hatte die Igelexpertin im Februar Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren zu einer Malaktion unter dem Motto „Igel und Auto“ aufgerufen. „Uns haben viele kreative Ideen dazu erreicht. Alle Kinder haben als Dankeschön ein Buch und ein Lesezeichen erhalten. Aus den Bildern haben wir Plakate gebastelt und diese an unserem Zaun aufgehängt, um die Autofahrer für dieses Thema zu sensibilisieren.“ Für alle, die Igel gezielt helfen und andere Tiere wie beispielsweise Katzen fernhalten wollen, gibt Otto-Link Tipps: „Es ist hilfreich, ein Futterlabyrinth für Igel aufzustellen. Diese kann man für etwa 30 Euro im Internet bestellen, bei mir kaufen oder relativ leicht selbst bauen – eine Anleitung finden Bastler online.“ Und was steht auf der Speisekarte des Igels? Die Expertin empfiehlt feuchtes Katzenfutter ohne Soße oder Gelee, ungewürztes Rührei, das gerne schön glibberig sein darf, und dazu ausreichend Wasser: „Das ist jetzt besonders wichtig, denn für Igel ist es viel zu trocken.“ Ungeeignet sei dagegen (Katzen-)Milch, weil Igel keine Lactose vertragen. Auch mit Obst könne der Igel als bekennender Fleischfresser nichts anfangen. „Er geht im Sommer nur an Fallobst, um sich dort Würmer zu holen“, klärt die Igelexpertin ein Missverständnis auf, dass sich hartnäckig hält. Der Igelnachwuchs kommt Anfang August zur Welt und verbringt den ersten Winter oft zusammen mit den vier bis sechs Geschwistern in einem Nest. Die Igelmutter verlässt dies bereits einen Monat nach der Geburt. Sie erholt sich von den Strapazen, zeigt den Igelkindern alles, was sie wissen müssen, und bereitet sich danach auf den Winterschlaf vor, den sie Ende Oktober antritt. Zu diesem Zeitpunkt schlummern ältere männliche Igel oft bereits. Jungtiere dagegen sind zum Teil noch bis in den November hinein unterwegs. Dann heißt es aber auch für sie: Ab ins Nest. • Die Igelpflege Rotenburg ist per E-Mail an igelpflege.rotenburg@t-online.de erreichbar, außerdem unter 01522/2846488. Wer etwas spenden möchte, nutzt dafür die IBAN der Igelpflege Rotenburg/Wümme: DE47 2415 1235 0075 5073 76.
