Dorfhelferinnen unterstützen seit 50 Jahren Familien in Not - Von Karen Bennecke

Zu gut, um wahr zu sein

Die aktuellen und ehemalige Dorfhelferinnen der Stationen Rotenburg und Bremervörde versammelten sich zum 50-jährigen Jubiläum in MGH in Waffensen.
 ©Karen Bennecke

Waffensen. Sie betreuen und versorgen Kinder wenn die Mutter ausfällt – sie wickeln, füttern und trösten die Kleinen, basteln, malen und spielen mit ihnen, begleiten sie zum Kindergarten oder zur Schule und achten darauf, dass die Hausaufgaben gemacht werden. Sie kümmern sich um Haushalt und pflegebedürftige Angehörige, sie waschen, putzen, kochen, backen und versorgen den Garten. Was wie eine Mischung aus Mary Poppins und Heinzelmännchen klingt und fast zu gut, um wahr zu sein, gibt es wirklich: die Dorfhelferin.

Kürzlich feierte die Dorfhelferinnenstation Rotenburg ihren 50. Geburtstag im MGH Waffensen: Am 12. Mai 1967 wurde sie von Mitgliedern der Kirche, Landfrauen und Landvolk gegründet, um landwirtschaftliche Familien in Notsituationen zu unterstützen. „Dorfhelferinnen übernehmen für einen begrenzten Zeitraum das Familienmanagement, wenn der haushaltsführende Elternteil durch Krankheit, Unfall oder Kur ausfällt“, erklärt Einsatzleiterin Anke Dittmers. „Anlass kann auch eine Geburt sein, wenn schon Kinder da sind.“

Heute erstreckt sich der Einsatz der Dorfhelferinnen auch auf Familien im städtischen Umfeld, wie Kuratoriumsvorsitzende Anke Lütjens betont: „Der Bekanntheitsgrad der Dorfhelferinnen ist in der Stadt noch nicht so groß wie in der Landwirtschaft. Das ist schade, denn auch dort wird eine solche Hilfe oft benötigt, besonders von Alleinerziehenden.“

Finanziert wird der Einsatz einer Dorfhelferin je nach Situation von verschiedenen Kostenträgern. Ansprechpartner für Familien in Notsituationen ist die jeweilige Einsatzleitung einer Station. Sie koordiniert die Einsätze, berät die Familien und hilft bei der Verhandlung mit dem Kostenträger.

Lütjens kennt die Arbeit der Dorfhelferinnen aus eigener Erfahrung: „Als mein zweites Kind zur Welt kam und Nachwuchs, Schwiegereltern sowie der landwirtschaftliche Haushalt versorgt werden mussten, bekamen wir eine Dorfhelferin. Es war unglaublich beruhigend zu wissen, dass da jemand ist, die sich mit allem auskennt und so gut ausgebildet ist, dass sie sich um alles und jeden kümmern kann – egal, ob es kleine Kinder sind, Altenteiler oder Angehörige mit Behinderungen.“

Die Weiterbildung zur Dorfhelferin – Voraussetzung ist ein hauswirtschaftlicher Abschluss – ist so breit gefächert wie die Anforderungen ihres Berufsalltags. Sie umfasst neben Säuglings-, Kranken- und Altenpflege auch die Fächer Kommunikation, Pädagogik, Psychologie, Landwirtschaft und Rechtskunde. „Dorfhelferinnen müssen in der Lage sein, sich in jeden Haushalt einzufügen und den Erfordernissen der Familie anzupassen“, erklärt Lütjens den anspruchsvollen Lehrplan. „Auch in schwierigen Situationen müssen sie den Überblick behalten und wissen, was zu tun ist.“

„Von ihnen wird weitaus mehr verlangt als nur zu kochen, zu waschen und zu bügeln“, ergänzt Dittmers. „Gefordert sind vor allem Einfühlungsvermögen, Geduld und Stressresistenz.“

Die hauswirtschaftliche Kompetenz der Dorfhelferinnen führt zunehmend dazu, dass sie im Rahmen ihrer Arbeit nicht nur helfen, sondern auch anleiten: „Sie zeigen der Familie, wie sie ihren Alltag organisieren und Haushalts- und Familienmanagement bewältigen können“, so Dittmers. Gerade in angespannten Familiensituationen, wie sie bei Einsätzen für das Jugendamt öfter vorkämen, sei das besonders wichtig.

„Ich gehe nie ohne Herzklopfen in eine neue Familie“, gesteht Dorfhelferin Andrea Teichert“, und manchmal dauert es auch ein paar Tage, bis die Menschen sich öffnen. Umso schöner ist es, wenn ich merke, dass die Familie Vertrauen zu mir fasst. Das ist jedes Mal ein Geschenk.“ Teichert strahlt, wenn sie von ihrer Arbeit berichtet. „Es ist ein toller und vielschichtiger Beruf, der Fingerspitzengefühl erfordert. Wenn die Frau beispielsweise krank, aber zu Hause ist, darf sie nicht den Eindruck haben, dass wir ihren Platz einnehmen. Unsere Seminarleiterin Christa Göbe hat es schön formuliert: Eine Familie ist wie ein Mobile, das nicht durcheinandergebracht werden darf.“

Die Familien wissen Engagement, Tatkraft und Feingefühl der Dorfhelferinnen zu schätzen. Teichert und Kollegin Sandra Olendorf freuen sich über die „kleinen Zeichen der Wertschätzung“, die sie bekommen. „Oft sind es einfache Gesten wie die Kaninchenfellweste, die mir eine Großmutter um die Schultern legte, damit ich bei der Gartenarbeit nicht friere“, erinnert sich Teichert.

Nach den schönsten Einsätzen gefragt, müssen die beiden Dorfhelferinnen nicht lange überlegen: „Wenn Kinder geboren werden – das ist immer wunderbar.“

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