Die Rotenburgerin Uta Bruns erhält das Bundesverdienstkreuz - VON ANN-CHRISTIN BEIMS

Ein Zeichen für den Sport

Für ihr jahrelanges Engagement im Breiten- und Freizeitsport erhält Uta Bruns das Bundesverdienstkreuz. Foto: Ann-Christin Beims
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Rotenburg. Dass der Breiten- und Freizeitsport endlich den Stellenwert zugemessen bekommt, den er verdient, das wünscht sich Uta Bruns seit Jahren. Dafür setzt die Rotenburgerin sich ein, seitdem sie 1978 als aktives Mitglied in den Tus Rotenburg eingetreten ist. Ihr Engagement, sowohl inner- als auch außerhalb des Sports, bleibt nicht verborgen. Und so erhält Bruns für ihre Arbeit das Bundesverdienstkreuz. Landrat Hermann Luttmann (CDU) überreichte ihr die Ehrung während einer kleinen Feierstunde im Unterstedter Waldhof.

Vorgeschlagen hatte sie unter anderem der frisch ernannte Ehrenbürger der Stadt Rotenburg, Rolf Ludwig, den sie „schon ewig“ kennt, wie Bruns sagt. Er lobt ihre Arbeit, denn Bruns hat die Fahrradsportabteilung im Tus erfolgreich mit aufgebaut und den Gesundheitssport gefördert. „Sie hat die Ausdauer gehabt, war der Motor des Ganzen“, erklärt Ludwig seine Beweggründe. Bruns habe Verantwortung übernommen, teils im Vorstand, sich durchgekämpft und „war immer eine Person, auf die man hundertprozentig vertrauen konnte“. Sie hatte ihre eigene Meinung, hat gerne diskutiert. „Aber man hat sich ausgetauscht und ein Ergebnis gefunden.“

Auch der Radsportverband Niedersachsen hat Bruns unabhängig davon für die Auszeichnung vorgeschlagen. Das freut sie zwar, doch war es die Vorgabe, speziell Frauen zu benennen – und Bruns war zu dem Zeitpunkt das einzige weibliche Mitglied im Präsidium. Übrigens auch das erste weibliche Mitglied. Das sieht sie kritischer. Ohnehin hat Bruns schon immer deutlich ihre Meinung vertreten. So auch, als es im Präsidium 2000 um die neue Besetzung des Postens Frauenwartin ging – „Frauen müssen nicht gewartet werden, sondern was zu sagen haben!“, kommentiert sie den „antiquierten Posten“ – der später auch abgeschafft wurde.

Gleichberechtigung ist ihr wichtig – aber nicht die erzwungene, sondern es sollte selbstverständlich sein. So sei es auch in ihrer Ehe: Ihr Mann Enno stehe immer zu 100 Prozent hinter ihr – während vieler Qualifikationen, Stunden realer und derzeit virtueller Sitzungen, Trainerstunden, Lehrgangswochenenden, Anrufen von Sportkameraden am späten Abend und Wochenende oder Radwochenenden im Breiten- und Leistungssport.

Ihr Mann ist es schließlich auch, der die 66-Jährige überzeugt, die Ehrung anzunehmen. Zum einen, weil es von Menschen kommt, die sie und ihre Arbeit schätzen. Zum anderen, weil sie hofft, damit ein Zeichen zu setzen: für den Breiten- und Freizeitsport. Gerade in einer Zeit wie jetzt, in der monatelang alles dicht war. Der Sport habe allen gefehlt, doch es sei generell wichtig „dem Breitensport eine Stimme zu verleihen“. Denn: „Ohne die Basis im Breitensport gibt es keinen Spitzensport. Woher sollen die Spitzensportler kommen, wenn sie es nicht mal ausprobiert haben, wie sich eine Sportart anfühlt und ob sie ihnen gefällt?“, merkt Bruns in einer Rede vor ihren engsten Weggefährten an.

Wie wichtig Sport ist, werde oft nicht wahrgenommen. „Doch jetzt, wo die Corona-Krise uns ausbremste und wir monatelang gar nichts machen durften, haben wir gemerkt, was uns da fehlt.“ Und auch ein kleiner Seitenhieb auf den Profi-Fußball darf an dieser Stelle nicht fehlen, der von schwierigen Zeiten ohne Zuschauer und Fan-Gegröle spreche: „Ihr im Vereinssport auf der unteren Ebene, ihr tragt das alles ohne Murren mit, ihr zahlt weiterhin euren Vereinsbeitrag, auch wenn ihr erst einmal monatelang gar nichts dafür bekommt“, sagt die Rotenburgerin.

Bruns, die die höhere Handelsschule abgeschlossen hat und dann in den kaufmännischen Bereich gegangen ist, hatte bereits mit 17 Jahren ihren ersten Vollzeitjob. Unter anderem war sie später viele Jahre beim frisch ausgezeichneten Rotenburger Wirtschaftspreis-Gewinner Juwel Aquarium tätig, hat später als Chefsekretärin gearbeitet, eine Zeit lang war sie in Bremen.

Doch die Leidenschaft der gebürtigen Rotenburgerin gehörte immer dem Radsport. Diesen fand sie schon als Kind toll, ihre Eltern waren aber nicht begeistert. Insbesondere, nachdem ein Nachbarsjunge verunglückt war. Bruns hat es ruhen lassen. Anfang der 1980er-Jahre erfüllt sie sich dann aber doch den Traum eines Rennrads. „Das war aber viel zu groß, ich hatte keine Ahnung“, sagt sie.

Für Marathons war sie bald darauf in ganz Deutschland unterwegs. Und Bruns trainiert andere, bildet Trainer aus. Die Rotenburgerin entwickelt mit zwei Sportkameraden die erste lizenzierte Ausbildung, die es in Niedersachsen bis dato nur im Leistungssport gab. „Das war viel Arbeit“, erinnert sie sich. 2004 folgte die Anerkennung durch den Deutschen Olympischen Sportbund. Seitdem gibt es die Trainerausbildung Radsport im Breitensport.

Doch zu Beginn ihrer Laufbahn war der Radsport eine Männerdomäne. „Als Frau braucht man ein dickes Fell“, sagt Bruns, die schon mal „die Ellbogen ausfahren musste“. Heute seien viel mehr Frauen aktiv, gerade im Jugendbereich. Nur die Funktionärsebene sei noch immer sehr Männer-dominiert. Viele Frauen lassen sich zu Trainerinnen ausbilden. Sie genießt dabei viel Respekt, aber auch offene Anfeindungen habe sie schon erlebt.

Für Bruns ist der Breiten- und Freizeitsport „eine ganz wichtige und unverzichtbare Säule des gesellschaftlichen Miteinanders und des sozialen Lernens“, wie sie sagt. „Nur werden diese Aspekte zu gern vergessen – weil wir nicht laut genug sind.“

Doch laut, das ist sie jetzt für „ihren“ Sport – und hofft, dass sich den neun Mitgliedern ihrer Abteilung weitere anschließen.

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