Die Mauerraute ist standorttreu – auch im Landkreis Rotenburg - Von Christiane Looks

Ein Farn für Experimente

Mauerraute am Originalstandort. Foto: Joachim Looks
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Eversen. Viermal im Jahr bereichert die Mitgliederzeitschrift einer im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten Vereinigung von Pflanzenkennern den Stapel an Fachliteratur, den ich für meine ehrenamtliche Tätigkeit verwende. Ein schneller Blick in das Inhaltsverzeichnis und das anschließende, flüchtige Durchblättern der Zeitschrift setzt erste Akzente, welche Schwerpunkte die aktuelle Ausgabe für das spätere Studium setzt.

Die letzte Ausgabe für das Jahr 2020 ließ mich bei einem Beitrag über den Besuch von Mitgliedern der Britischen Farn-Gesellschaft in deutschen Farngärten stutzen, denn die Liste der in einem Bonner Garten kultivierten Farne enthielt Asplenium ruta-muraria, die Mauerraute. Mein Erstaunen rührte daher, dass es Pflanzenschätze gibt, die eine Sammlung vorteilhaft ergänzen würden, nur leider nicht so ohne weiteres zur Verfügung stehen. Asplenium ruta-muraria gehört dazu. Der Name Mauerraute lässt eine Verwandtschaft zur Familie der Rautengewächse (Rutaceae) vermuten, und die spatelförmigen Blättchen wie zum Beispiel bei der Weinraute (Ruta graveolens) erinnern an die zwei- bis dreifach gefiederten, im Umriss unregelmäßig dreieckig bis oval geformten Blätter der Mauerraute. Aber eine genauere Betrachtung der rautenförmigen Fiedern von Asplenium ruta-muraria identifiziert die Pflanze als kleinen, immergrünen Farn, während die Weinraute eine Pflanzenart aus der Gattung der Rauten ist, einer Gattung von Sträuchern und Halbsträuchern.

Asplenium ruta-muraria ist ein Mauerfarn und gehört zur Familie der Streifenfarngewächse. Mit über 700 Farnarten weltweit sind Streifenfarne weit verbreitet. Auch der bekannte Hirschzungenfarn, Asplenium scolopendrium, gehört zur Familie der Streifenfarne. Er ist öfter in einheimischen Gärten zu sehen.

Mauerrauten sind nicht selten, jedenfalls nicht in gemäßigten Gebieten der Nordhalbkugel. Ursprünglich in Felswänden beheimatet und in gewissem Maße trockenheitsresistent, hat sich Asplenium ruta-muraria als Kulturfolger aber auch erfolgreich in geeigneten Mauerfugen angesiedelt. Dem Farn kommt dabei zugute, dass die Sporen über Wind als Körnchenflieger ausgebreitet werden. Die Wurzeln vermögen sich bis zu einem Meter in eine Mauer vorzuarbeiten. Deshalb macht es überhaupt keinen Sinn zu versuchen, Asplenium ruta-muraria der Natur zu entnehmen, weil niemand den Farn aus einer Mauer mit entsprechend notwendiger Wurzel herausbekommt.

Die Mauerrauten-Situation in Norddeutschland ist so, dass die Pflanze hier eine Rote-Liste-Pflanze ist. In Hamburg wurde ein entsprechender Bestand samt Mauer umgesetzt, weil er am alten Standort nicht gehalten werden konnte. In Flensburg erschwerte ein beachtlicher Asplenium ruta-muraria-Bestand die Renovierung eines maroden Bahnhofzugangs, ehe auch hier der Bestand versetzt werden konnte. Der Landschaftsrahmenplan des Landkreises Rotenburg nennt für das Kreisgebiet einen einzigen Bestand.

Asplenium ruta-muraria wäre sicher eine Krönung in jeder Farnsammlung. Aber den Farn gibt es praktisch nicht zu kaufen. Es macht auch keinen Sinn zu versuchen, ihn einem Originalstandort zu entnehmen, es sei denn, brachiale Gewalt wird angewendet, um ein entsprechendes Mauerstück zu erbeuten. Es gibt die Möglichkeit einer Vermehrung über Brutknospen oder Teilung. Aber bei der Vorliebe von Asplenium ruta-muraria, sich in „ihrer“ Mauer festzukrallen, kommen diese Verfahren kaum in Frage. Bleibt der Versuch den Farn über Sporen zu vermehren, ein mühsamer, bei weitem nicht immer erfolgreicher Prozess. Eine Spezialgärtnerei aus der Schweiz vermerkt zu ihren Bemühungen diesen Weg zu beschreiten, sie säe den Farn zwar regelmäßig aus, aber ebenso regelmäßig müsse sie feststellen, dass er sich nach dem ersten Winter kaum über längere Zeit halten ließe. Fazit der Gärtnerei: Ein Farn für Experimentierfreudige, denn die Mauerraute ist eben ein Geschenk der Natur.

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