Bürgermeister zieht Konsequenz aus Diskussion um IGS-Oberstufe - Von Dennis Bartz

Weber gibt auf

Bürgermeister Andreas Weber möchte bereits im Januar 2020 in den Ruhestand gehen.
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Rotenburg. Mit 18 Nein- bei 15-Ja-Stimmen und einer Enthaltung hat sich der Rotenburger Stadtrat am Donnerstagabend gegen einen Antrag auf Errichtung einer Oberstufe an der IGS zum kommenden Schuljahr ausgesprochen. Bürgermeister Andreas Weber (SPD) zieht daraus persönliche Konsequenzen: Er wird im Januar den Stadtrat bitten, ihn frühzeitig in den Ruhestand zu versetzen. „Ich werde noch den Haushalt durchbringen, danach ist aber Schluss für mich“, stellte der 62-Jährige klar.

Erst vor wenigen Wochen hatte er angekündigt, für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen – jetzt die überraschende Kehrtwende. Ausschlaggegend war laut Weber die Sitzung des Schulausschusses am Dienstag. Die Verwaltung habe in den vergangenen Jahren viel Arbeit in die Entwicklung der IGS gesteckt. „Aber wir haben kein Vertrauen in unsere Argumente geerntet, ich habe kein Vertrauen in meine Arbeit gespürt, keine Wertschätzung für die tolle Arbeit an der IGS. Dafür gab es unberechtigte Vorwürfe, ja sogar Beleidigungen. Mir ist sogar Populismus vorgeworfen worden. Das ist ehrverletzend“, erklärte Weber während der Sitzung. Gemeinsam mit seiner Ehefrau habe er am Mittwoch entschieden, sein Amt im Januar aufzugeben, wenn der Rat seinem Antrag auf eine dritte Oberstufe erneut ablehnt. „Meine Schmerzgrenze ist dann überschritten. Ich klebe nicht an meinem Stuhl.“

Am Ergebnis der geheimen Wahl, die Eike Holsten (CDU) beantragt hatte, änderte die Ankündigung wie erwartet nichts. Noch während Mattina Berg (SPD) und Gunter Schwedesky (FDP) die Stimmen zählten, gab Gilberto Gori (SPD) am Pressetisch seinen Ergebnis-Tipp ab – und lag damit goldrichtig. Zum Feiern war ihm deshalb aber nicht zumute. Er zeigte sich genauso enttäuscht, wie seine Fraktionsmitglieder und die zahlreichen Vertreter der IGS im Publikum.

Während die Diskussion im Schulausschuss am Dienstagabend noch turbulent und hitzig verlaufen war und schließlich ein Ergebnis von sieben zu fünf Stimmen für die IGS-Oberstufe gebracht hatte, war die Stimmungslage am Donnerstag eine andere: eine Mischung aus Trotz und Resignation auf der einen, Unverständnis und Häme auf der anderen Seite.

„Die Verwaltung hat alle Gegenargumente akribisch geprüft und widerlegt“, gab Weber gleich zu Beginn seiner Rede zu bedenken. Er habe innerhalb der Verwaltung objektiv die möglichen Vor- und Nachteile einer Zwei- sowie einer Drei-Oberstufen-Lösung diskutiert und sei dabei zum Ergebnis gekommen, dass eine dritte Oberstufe mehr Gewinner als Verlierer hätte: „Das Ratsgymnasium würde nur einen Schüler pro Jahr verlieren, die BBS maximal zehn bis 20. Ihnen würde nur ein Profil verloren gehen.“ Von einer „bildungspolitischen Katastrophe“, wie kritisiert worden war, könne deshalb keine Rede sein. Die IGS dagegen verliere ihr gesamtes pädagogisches Konzept. „70 bis 80 Schülern wird die Wahlmöglichkeit genommen.“ Weber sprach von einem „Point of no Return“: „Wenn wir eine negative Abstimmung haben, können wir zum 1. Dezember keine Oberstufe beantragen. Das bedeutet, dass der aktuell zehnte Jahrgang an der IGS keine Chance mehr darauf hat, die eigene Oberstufe zu besuchen.“

Insgesamt 14 Millionen Euro hat die Stadt für die IGS inklusive des Baus der Sporthalle ausgegeben. „Wir haben jede Jahrgangsstufe mit einem Masterplan versehen und sind immer im Kostenrahmen geblieben“, so Weber, der dramatische Folgen für die IGS und den gesamten Standort Rotenburg befürchtet: „Die IGS mit 800 Schülern und 77 Lehrern wird vor die Wand gefahren. Schüler werden abwandern, weil sie lieber zur Eichenschule als zum Ratsgymnasium gehen. Wir werden große Schwierigkeiten haben, künftig neue Lehrer für die IGS zu finden. Fachkräfte werden Rotenburg weniger attraktiv empfinden und man wird über Rotenburg landesweit lachen.“

Unterstützung erhielt er unter anderem von Schulelternratsvorsitzende Marje Grafe (SPD), die sagte: „In Rotenburg zerrüttet Politik den Schulfrieden.“ Sie verwies nach Zeven, wo die CDU gerade eine Oberstufe für die IGS genehmigt habe. „Das St. Viti Gymnasium ist selbstbewusst und hat keine Angst, Schüler zu verlieren.“ Grafe erklärte, sie sei sprachlos darüber, dass Kinder in Rotenburg dagegen keine Lobby hätten.

Klaus Rinck (CDU) machte sofort klar, dass sich seine Fraktion trotz aller Diskussionen erneut gegen eine dritte Oberstufe stimmen werde. „Meiner Überzeugung nach würden einige Schüler sonst bereits in der fünften Klasse die IGS, anstatt das Ratsgymnasium wählen.“

Auch Jens Kohlmeyer (Wir) machte früh deutlich, dass sich die Arbeitsgruppe Wir/FDP zwar schwer mit der Entscheidung getan habe, aber letztlich ihrer eingeschlagenen Linie treu bleiben und gegen die Oberstufe stimmen werde: „Es ist unsere gemeinsame Entscheidung in einem langwierigen, ehrlichen und objektiven Prozess.“

• Sollte der Stadtrat dem Wunsch von Bürgermeister Andreas Weber auf einen vorzeitigen Ruhestand im Januar entsprechen, würde die Erste Stadträtin Bernadette Nadermann übergangsweise die Aufgaben übernehmen, bis innerhalb von sechs Monaten ein neuer Bürgermeister gewählt worden ist.

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