Autor Renatus Deckert liest in der Berufsbildenden Schule

Die Nacht des Mauerfalls

Renatus Deckert spricht über seine Kindheit in der DDR u2013 und den Mauerfall.
 © Foto: Malte Wilkens

Rotenburg (r/db). Autor Renatus Deckert war kürzlich zu Gast in der Aula der BBS Rotenburg. Er hatte das Buch „Die Nacht, in der die Mauer fiel“ im Gepäck. Darin lassen zahlreiche Autoren aus Ost und West die Geschehnisse des 9. Novembers 1989 Revue passieren.

Bevor er zum Buch griff, erzählte der 1977 in Dresden geborene Deckert von seiner eigenen Kindheit in der DDR. Er erzählte von Prägung durch ein protestantisches Pastorenhaus, andererseits die staatliche Erziehung zur „sozialistischen Persönlichkeit“, der sich niemand entziehen konnte.

Dass Gespräche am Abendbrottisch nicht nach außen dringen dürfen, war selbstverständlich für Deckert und seine drei älteren Brüder. Aber genauso selbstverständlich war auch die Mauer: Sie sei einfach immer da gewesen – wie der Mond, so Deckert. Er wollte selbst gerne prüfen, wie es auf der anderen Seite aussieht.

Im Geografiebuch ist der Westen schwarz-weiß gehalten, versehen mit Fotos von Drogentoten und Schlangen vor den Arbeitsämtern. Die gab es in der DDR nämlich tatsächlich nicht. Trotzdem geisterte damals ein Witz über die Schulhöfe: Die Schüler konnten es kaum erwarten, endlich Rentner zu werden; dann dürften sie nämlich „rüber“ in den Westen.

Im Sommer 1989, als Tausende DDR-Flüchtlinge in der Prager Botschaft auf ihre Ausreise warteten, verbrachte der Zwölfjährige seine Ferien an der Ostsee. Im „Trabbi“ fanden nur fünf Personen Platz, der große Bruder musste trampen. Noch schien alles wie gewohnt zu laufen.

Am 9. Oktober gingen in Leipzig 70.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten für mehr Demokratie. Im Nachhinein betrachtet, hält Deckert diesen Tag für den vielleicht wichtigsten in der Demokratie-Bewegung der späten DDR. Noch im Sommer hatte die DDR-Führung der Regierung in Peking gratuliert, dass sie eine Demonstration auf dem Platz des Himmlischen Friedens blutig niedergeschlagen hatte. Also misstraute man den Mächtigen in der DDR. Aber trotz der Angst, dass auch in Leipzig Waffen sprechen könnten, gingen so viele Menschen auf die Straße und – die Waffen schwiegen. Nach dem 9. Oktober war dann nichts mehr so wie vorher: Deckert selbst konnte sich erinnern, dass danach auch in der Schule diskutiert wurde. Den Mauerfall am 9. November verschlief er allerdings; erst am nächsten Tag wurde ihm und seiner Familie klar, was da eigentlich passiert war.

„Der Weg nach Bornholm“ heißt eine der Geschichten aus Deckerts Buch. Sie ist von Durs Grünbein und schildert den Weg des Protagonisten zum Grenzübergang Bornholmer Straße. Dort wird in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 zuerst die Grenze geöffnet. Die Doppeldeutigkeit des Titels ist Programm: „Reisefreiheit in die ganze Welt, auch nach Bornholm!“ Deckert selbst ist es nach eigenem Bekunden ein Anliegen, dass die Bedeutung dieser Nacht sowie der vorangegangenen Ereignisse nicht in Vergessenheit gerät.

Organisatoren der Veranstaltung waren die Fachgruppen Politik und Deutsch unter Federführung von Markus Reupke und Marika Kosanke-Krampitz. Gesponsert wurde die Lesung vom Förderverein der Berufsbildenden Schulen Rotenburg, sodass Schüler nur einen kleinen Eigenanteil leisten mussten.

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