Aktionstag im „Karo“: Einnahmen für neue Nähmaschine - Von Hans-Jörg Werth

Unter dem Hammer

Der 33-Jährige Azad Almahmood arbeitete im inzwischen stark zerstörten Shingal vier Jahre als Koch.
 ©Hans-Jörg Werth

Rotenburg. „Alles was unser Bürgermeister Andreas Weber nicht versteigert, muss er selbst kaufen und mitnehmen“, erklärte Jochen Pöck vom Kaufhaus Rotenburg, kurz Karo, mit einem breiten Grinsen. Der Verkaufsleiter arbeit seit neun Jahren im Karo und unterstützte Weber bei seiner neuen Tätigkeit als Auktionator am Aktionstag. Weber schwang den Holzhammer und nahm in einer Stunde 187 Euro ein.

Das Publikum ersteigerte den kompletten Inhalt eines gefüllten Kleinlastwagens. „Schwein gehabt“, kommentierte Weber später Pöcks Hinweis augenzwinkernd. „Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“ brachte Weber erfolgreich unter anderem ein Fitnessrad für 47 Euro an eine Frau, ein bunten Fächerschirm fand ebenso einen neuen Besitzer wie eine Leiter, Teppiche, Lampen, vier Stühle, ein Spiegel, eine Puppe und „eine Wunderlampe“, wie Weber eine orientalische Messinglampe anpries.

Verteilt über den gesamten Tag herrschte reges Treiben inklusive Bücherflohmarkt, Mitmachaktionen und etlichen Leckereien unter Anleitung des syrischen Kochs Azad Almahmood, den Teilnehmer der Jugendwerkstatt unterstützten. Bereits am frühen Nachmittag war unter den weit mehr als 100 Gästen ausgelassene Stimmung, als die syrisch-irakische Band Ugarit zu fröhlichem, orientalisch anmutenden Tanz einlud.

Das Karo, ein Angebot des Herbergsvereins Wohnen und Leben, ist auf Spenden und ehrenamtlichen Rückhalt angewiesen. „Und davon gibt es Einiges in der Stadt. Mit unserer Veranstaltung wollten wir auf unseren Umbau und auch auf einen neuen Geist im Sozialkaufhaus über den reinen Einkauf hinaus aufmerksam machen. Jeder ist willkommen, um auf einen Kaffee und sozialen Austausch vorbeizukommen“, erzählte Leiter Björn Harms.

Er plant mit seiner Mannschaft ein zweiwöchentliches Sprachcafé, wo regelmäßig Kontakte geknüpft und zugleich der Umgang mit der deutschen Sprache gelernt werden soll.

In den Innenräumen hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten schon einiges getan. Der Bekleidungsbereich ist nun auf der linken Seite und deutlich vergrößert, das Café als Begegnungsstätte ist mit neuem Fußboden ins Schaufenster auf die rechte Seite gewechselt. „Einladend, hell und kommunikativ“, wie Harms sagt.

Als Sonderaktion versteigert das Karo ein Biedermeiersofa im Stile des „Loriot-Fernsehsofas“, für das weiterhin interessierte Bieter gesucht werden. Harms: „Wir wollen alle Einnahmen in den Kauf einer professionellen Nähmaschine stecken, die dann bei Änderungen aus den Beständen unseres größeren Bekleidungsangebots gute Verwendung finden kann – zumal ein syrischer Schneider im Team damit dann seinen Arbeitsplatz hat.“

Zurzeit sind 15 Personen mit Migrationshintergrund vom Jobcenter Rotenburg gefördert für Maßnahmen im Karo beschäftigt. Nach Wegfall der Förderung aus europäischen Mitteln (Europäischer Sozialfonds ESF) war das Karo vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten.

Mittlerweile unterstützen unter anderem die Stadt Rotenburg und das Jobcenter die Idee und Konzept aus sechs Hauptamtlichen und etwa 20 Ehrenamtsträgern beim Karo. „Für 2017 sind das 30.000 Euro städtische Förderung bzw. 3.000 von Landkreis“, so Harms.

Das Prinzip des sozialen Kaufhauses, wie es sie auch in Städten wie Zeven oder Verden gibt, geht über die Unterstützung Bedürftiger hinaus. Mit dem Flüchtlingsthema ist laut Harms als Kern die berufliche Integration von Migranten in den Mittelpunkt gerückt.

Der Aktionstag wird keine Eintagsfliege bleiben, sind sich die Karo-Mitarbeiter einig: „Wir sind positiv überrascht vom Zuspruch und dem tollen Gefühl eines Straßenfestes und wollen mindestens einmal jährlich ähnliche Sonderveranstaltungen auf die Beine stellen – immer mit dem Ziel, diese gelebte Integration sichtbar zu machen.“

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