Vortrag über Carl Friedrich Gauß begeistert Zuhörer - Von Elke Keppler-Rosenau

Genial und gebeutelt

Gauß-Experte Klaus Kertscher (stehend) kennt viele Details aus dem Leben des Wissenschaftlers, der 1855 in seiner Sternwarte in Göttingen starb. Foto: Elke Keppler-Rosenau
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Fischerhude. Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Straßen, Planetarien – es gibt kaum Bildungseinrichtungen, die das Multi-Genie Carl Friedrich Gauß nicht ehren. Als es noch die D-Mark gab, verzierte sein Konterfei sowie eine Dokumentation seiner Vermessungslehre den Zehnmarkschein und bis heute gilt der gebürtige Braunschweiger als Vorbild für Klugheit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Korrektheit. Am 30. April jährte sich sein Geburtstag zum 240. Mal. Geburtstag hat auch die Fischerhuder Grundschule. Sie wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Grund genug, für den Fischerhuder Dr. Gerd Böger und den Quelkhorner Wilfried Mittendorf beide feierlichen Anlässe miteinander zu verbinden, zumal der als genialste Wissenschaftler weltweit gefeierte Gauß direkten Bezug zur Wümme Region hat.

Für die berühmte Gauß’sche Meridian-Gradmessung 1821 bis 1825 nutzte er mit Dreiecksvermessungen den Zevener Kirchturm, die Anhöhe bei Steinberg und einen Punkt in der Wümmeniederung. Dort erinnerte ein Granitpfeiler als Gabione zur Anerkennung der Vermessungsleistung. Leider wurde dieser Pfeiler immer wieder beschädigt, sodass heute kaum noch etwas von ihm übrig ist. Dr. Böger ließ ein aktuelles topografisches Landschaftsmodell im Maßstab 1:25000 anfertigen, das die Region von Bremen bis Wilsede zeigt. Auf ihm lassen sich die Vermessungsaktionen bis ins Detail nachvollziehen. Jede kleine Erhebung, jedes Flüsschen ist darauf zu sehen, sodass der Betrachter einen einmaligen Blick aus einer Perspektive gewinnt. Präsentiert wurde dieses Modell im Rahmen eines Vortrages über Gauß am vergangenen Mittwoch, für das beide Veranstalter den Oldenburger Ingenieur und Dozenten der Jade Hochschule, Klaus Kertscher eingeladen hatten. Er gilt als Gauß-Experte und führte das Publikum in das Leben von Gauß als Mensch und Wissenschaftler ein. Wie gebannt hingen die Zuhörer an seinen Lippen, als er auf den Werdegang des Wissenschaftlers einging, der bereits als neunjähriges Kind für sein mathematisches Verständnis auffiel und vom Braunschweiger Herzog gefördert wurde. Gymnasium, Stipendium, Studium und Promotion in Göttingen, wo er bereits mit 19 Jahren mathematische Gesetzmäßigkeiten errechnete, wie andere Einkaufszettel addieren. Schon früh wurde er als überirdischer Geist in einem menschlichen Körper bezeichnet.

Kertscher illustrierte seinen Vortrag mit Dias von Original-Dokumenten, ging auf die Erfindung des elektrischen Telegrafen ein, der als Vorläufer des ersten Telefons gilt. Man arbeitete schon damals mit Kupferdraht und stellte erste Morseversuche an.

Auch den Göttinger Sieben, denen die Gebrüder Grimm angehörten, wurde ein Kapitel gewidmet. Die revolutionären Gelehrten stellten sich dem englischen König entgegen, der sie des Landes verwies, denn seinerzeit war Hannover noch ein eigenständiges Königreich. Die Sieben wollten Forschungsprivilegien erhalten, die der König streichen wollte. Gauß aber war zu sehr Wissenschaftler, als dass er an Streit interessiert war. Er forschte, bildete Landoberflächen in Karten ab, unternahm Meridianmessungen von Göttingen bis Hamburg und überzog das Land mit seinen Spuren. Er machte Erfindungen wie den Heliotropen, einem Hilfsinstrument für Winkelmessungen über weite Entfernungen und beschäftigte sich intensiv mit Astronomie.

Gelegentlich driftete Kertscher in wissenschaftliche Bereiche ab, wandte sich dann aber schnell wieder dem Allgemeinverständlichen zu und erzählte viel Wissenswertes über das Leben von Gauß, der zweimal verheiratet war. Beide Frauen starben, mit denen er insgesamt sechs Kinder hatte. Er litt unter den Todesfällen, fühlte sich einsam und war mit seinen Kindern, an die er die gleichen Ansprüche stellte, wie an sich selbst, nicht zufrieden. Kertscher zeichnete ein bescheidenes zurückhaltendes und introvertiertes Bild von Gauß als Mensch, obwohl dieser als Genie anerkannt war, und der Ruf seiner gigantischen wissenschaftlichen Erfolge ihm vorauseilte. Seine letzten 24 Lebensjahre verbrachte er allein in seiner Sternwarte.

Nach dem Vortrag wurde eifrig diskutiert.

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