Vortrag im Bahnhof Ottersberg: Leben in der „Finkenburg“ - Von Wilfried Adelmann

Alternativ wohnen

Uwe Ciesla erklärte im Ottersberger Bahnhof jüngst das Wohnprojekt "Finkenburg" und gab bekannt, dass dort wieder Wohnraum frei ist. Foto: Wilfried Adelmann
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Ottersberg. Es gibt sie schon lange und es werden immer mehr: die alternativen Wohnprojekte. Ob im Alter oder als Zweckgemeinschaft, ob zusammen Wohnen und Arbeiten oder als Großprojekt einer alternativen Dorfgründung. Die alten Ideen der Kommunenbewegung werden wieder aufgegriffen und zu neuen Konzepten umgearbeitet, die alternative Lebens- und Wohnformen an den Start bringen sollen. In Ottersberg gibt es einen Verein, der schon länger und mit Erfolg diese Ideen umsetzt.

Der gemeinnützige Verein „Bahnhof – Initiative für neues Wohnen“ besteht seit 1990, hat zur Zeit 17 junge Erwachsene und zwei Kinder als Bewohner. Der alte Bahnhof ist Lebensraum und Experimentierfeld für neue Wohnformen und möchte den Bewohnern von Ottersberg und umzu ein Kunst- und Kulturprogramm bieten. Dazu gehört zum Beispiel, dass es regelmäßig Vorträge über verschiedene Themen gibt.

Ein aktueller Vortrag wurde von Uwe Ciesla gehalten, der über das Wohnprojekt Finkenburg in Eißel bei Thedinghausen berichtete.

Dieses alternative Wohn- und Lebenskonzept besteht schon seit 1989 und wurde von Absolventen der Uni Bremen gegründet. Diese sind nicht mehr am Projekt beteiligt, aber die Grundzüge der Kommunenbewegung haben überdauert und werden vom Kommunennetzwerk eingefordert, um die Vorteile des Verbandes wahrnehmen zu können. So ist zum Beispiel der Besitz des Resthofes gemeinschaftlich und muss auch so bleiben – wer dort wohnt, ist über einen Verein Miteigentümer und zahlt 190 Euro im Monat ein. Verlässt der Bewohner den Hof, so tritt er auch aus dem Verein aus und somit aus seinem Eigentümerverhältnis. Die Finkenburg wurde schon vor Jahren freigekauft und der „Mietbeitrag“ deckt unter anderem die laufenden Kosten und wird für etwaige Projekte benötigt. Auf dem Hof gibt es verschiedene Gewerbe, einen Garten, Obstbäume und ein paar Tiere. Die „Mosterei Finkenburg“ ist der wohl bekannteste Betrieb in der Umgebung und viele Bewohner der Gegend kommen und lassen ihr Obst auf der Burg zu Saft machen. Die Töpferin Silvia Flamisch arbeitet dort und eine Redaktion befindet sich ebenfalls auf dem ehemaligen Bauernhof, der einmal Bordell werden sollte, aber von den Jungkommunarden mit ihrem letzten Geld ersteigert wurde.

Einmal in der Woche ist Plenum in dem alternativen Wohnprojekt und es werden die aktuellen Probleme und Befindlichkeiten besprochen. Beschlüsse werden im Konsens getroffen und gibt es größere Probleme, kann sich auch mal Hilfe von Außen geholt werden. Bei der letzten Mediation wurde zum Beispiel ein Kommunikationsvertrag geschlossen, der den Umgang mit Konflikten regelt. Diese seien aber eher die Ausnahme.

Es gibt eine gemeinsame Lebensmittelkasse und jeden Abend wird zusammen gegessen – vegetarisch, vegan, aber auch Fleisch ist erlaubt. Auch wenn Rückzug toleriert wird, ist das gemeinsame Mahl eine Verbindung zur Gründungsidee der Kommune: „Was hätten wir denn dann noch an Gemeinschaftlichem?“, so Ciesla. Er ergänzt: „Es gibt keine religiöse oder spirituelle Ausrichtung, aber das linke Politikverständnis wird schon vorausgesetzt, wenn sich jemand für dieses Wohnprojekt interessiert.“

Und es ist wieder soweit. Es werden zwei Erwachsene und ein Kind die Finkenburg verlassen und die Zurückbleibenden suchen nach neuen Mitbewohnern. Auf die Frage einer Zuhörerin, warum denn die Familie den Hof verlassen möchte, erklärte Ciesla, dass es schon eine gewisse Fluktuation gäbe und die ausziehenden Bewohner das Bedürfnis nach mehr Kontinuität hätten.

Und so könnte es sein, dass von den circa 20 Zuhörern vielleicht bald einige zur Finkenburg gelangen und sich die Devise des Wohnprojekts zu eigen machen: „Wertschätzung für Vorhandenes und Offenheit für Neues.“

Wer mehr über dieses Langzeitprojekt wissen möchte, kann sich unter www.finkenburg.info weiter informieren.

Das Sommerfest des Bahnhof-Vereins in Ottersberg findet übrigens vom 22. bis 23. Juni im Bahnhof und im Garten statt und natürlich seien alle eingeladen. Weitere Informationen dazu gibt es im Internet auf www.bahnhof-ev.org.

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