Politologin Nilüfer Türkmen kehrt als Projektpatin an Wümmeschule zurück
Sie hatte nicht lange darüber nachdenken müssen – im Gegenteil: Nilüfer Türkmen hatte sofort zugesagt, als sie gefragt worden war, ob sie Patin des Projekts „Schule ohne Rassismus“ an der Ottersberger Wümmeschule werden wolle, an der sie selbst 2014 ihren Abschluss gemacht hatte. „Es ist für mich eine große Ehre“, stellte sich Nilüfer Türkmen gestern Morgen den rund 500 Schülerinnen und Schülern vor, die zum Auftakt des jährlichen Schule-ohne-Rassismus-Tages in der Aula zusammengekommen waren.
„Das Projekt ist nicht nur ein Titel, es ist ein Versprechen, das wir uns gegenseitig geben, dass an unserer Schule jeder respektiert und wertgeschätzt wird“, sagte Türkmen, „Diskriminierung und Hass sind Realität, mit der Menschen jeden Tag konfrontiert werden.“ Hinsehen, aufstehen, jeder Form von Rassismus entgegentreten – dazu fordere das Projekt auf. „Wir können den Schulalltag so gestalten, dass Rassismus keinen Platz hat“, machte die Bremerin den Schülern Mut, ihre Stimme zu nutzen und gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Schule ein Ort sei, an dem jeder respektiert werde. „Miteinander statt gegeneinander“ war die Botschaft, die Fußballnationalspieler Deniz Undav – ein ehemaliger Schüler von Wümmeschulleiter Dominik Lerdon – dazu per Video sendete. Nilüfer Türkmen verbindet mit der Wümmeschule eine schöne Schulzeit und ihre Rückkehr mit dem Gefühl der Nostalgie, erzählt sie abseits der Veranstaltung. Als Projektpatin ist es ihr ein Anliegen, für die Schüler greifbar und nicht nur ein E-Mail-Kontakt zu sein. „Ich möchte zu der Schule dazugehören“, sagt sie und konkretisiert: „Ich wünsche mir eine Zusammenarbeit mit dem Wahlpflichtkurs ,Schule ohne Rassismus’; dass wir uns austauschen und Projekte zusammen realisieren.“ Türkmen und Undav sind für Lerdon zwei Personen, die den Schülern auf einer Ebene begegnen können: „Sie stechen hervor, weil sie sehr viele Erfahrungen gemacht haben und weil sie die Erlebnisse der Schüler einordnen können.“ Das kann Türkmen nur bestätigen: „Ich weiß, womit sie struggeln.“ Einen Einblick in ihre schwierige Kindheit gab sie den Neunt- und Zehntklässlern bei einer Lesung aus ihrem Buch „Als Mama mit der Lampe sprach“. Es behandelt ihr Aufwachsen mit einer Mutter mit Schizophrenie und ihre Zeit als Heimkind. Geschrieben hat sie das Buch mit 19 Jahren, erschienen ist es in erster Auflage, als sie 23 Jahre alt war, weil Corona dazwischenkam. Nilüfer Türkmen wollte damit die Menschen erreichen, die in ihrem Leben mit derselben Problematik konfrontiert sind. Seither haben sich viele Menschen mit ähnlicher Geschichte an sie gewendet, wird sie um Ratschläge gebeten, freut sie sich, dass sie eine Plattform für diese Menschen schaffen konnte. Als Referentin für Schizophrenie ist die heute 26-Jährige an Bildungseinrichtungen unterwegs. Sie ist außerdem Rapperin und war bis vor Kurzem auf Tour in Süddeutschland. Sie hat Politik- und Rechtswissenschaft studiert, macht ihren Master in Stadt- und Regionalentwicklung und ist als ehrenamtliche Richterin und Schöffin tätig. Sie hat ein Kinderbuch für Heimkinder aus der Perspektive des Heimkindes geschrieben, das derzeit beim Verlag liegt, und schreibt an einem Ratgeber zum Thema Schizophrenie, in den sie Ärzte, Pflegekräfte und Betroffene einbindet. Nilüfer Türkmen steht für eine junge Frau, die mit schwieriger Biografie und Migrationshintergrund aus ihren prekären Verhältnissen ausbrechen konnte – und das möchte sie den Schülern zeigen. Für Lerdon passt sie deshalb perfekt als Patin zur Schule, da sie mit Mut ihren Weg gegangen sei und damit zeige, wie wichtig es sei, Mut zu haben. Wer mehr über Nilüfer Türkmen erfahren möchte, kann das auf ihrer Website www.niluefertuerkmen.de.