Toni Ehrhardt überrascht mit Bahnhof-Performance - Von Rosemarie Swingle

Der Spieltrieb

Performance-Künstler bei der Arbeit. Foto: Rosemarie Swingle
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Ottersberg. Um den Bahnhof in Ottersberg herrscht eine besondere Atmosphäre. Das mag an den schönen alten Bäumen oder dem betagten Gebäude liegen – oder weil sich dort die verschiedensten Formen von alternativ lebenden und kreativen Menschen trifft. So, wie vergangenes Wochenende.

Einer der Bewohner ist der Thüringer Künstler Toni Ehrhardt. Er sagt von sich, dass seine Werke gut geplante bis ins kleinste Detail durchdachte performative Handlungen seien. Sein jüngstes Projekt „Flesh Lab“ unterscheide sich von den vorherigen, denn es sei die Entwicklung einer performativen Plattform, welche drei Tage lang öffentlich zugänglich war.

Was Performance-Kunst heißt, wird dabei teilweise auch absichtlich unbestimmt gelassen, sie findet sich zwischen bildender Kunst, Musik, Tanz und Theater und leiht sich nach Bedarf von allem etwas aus, dabei wird unterschieden zwischen der Performance einer Handlung und der Performativität von Objekten. In Ehrhardts Werk „Flesh Lab“ wurde der Fokus darauf gerichtet, was passiert, wenn in einem möglichst neutralen Raum unterschiedliche Menschen die Möglichkeit bekommen, in einen Spielmodus zu kommen. Irgendwann spielte ein Besucher am Schlagzeug, ein anderer an der Gitarre, jemand sang ins Mikro und ein weiterer Gast haute in die Tasten der Schreibmaschine. Ein Besucher schlug mit zwei großen Schaumstoff-Nudeln rhythmisch auf den Boden und sang, eine Besucherin hatte etwas gemalt und noch jemand anderer bewegte sich dazu. Ehrhardt war derweil tief in seine Rolle als Künstler eingetaucht. Über Tage nahm er weder Telefongespräche an, noch beantwortete er E-Mails, sogar die Nächte verbrachte er in dem Raum, wo tagsüber so viel geschah. Was passierte, wurde festgehalten, in dem durch verschiedene künstlerische Medien auf das Geschehene reagiert wurde – Aktion und Reaktion zugleich. So wurden Beobachter zu Teilnehmern und umgekehrt. Für die Konzeption der Idee hatte sich Ehrhardt von dem englischen Begriff „Flesh“, der „Gewebe“ „Mark“ oder auch „Leib“ bedeutet, inspirieren lassen. Ein Präger dieses Begriffs ist der Phänomenologe Maurice Merleau Ponty. Er behauptete, dass eigentlich alle lebendigen Lebewesen durch eine Art kollektives Fleisch verbunden sind. Er nennt es auch Matrix. „Ich hätte mir gewünscht, noch ein paar mehr Menschen aus der Umgebung zu sehen, die nicht mit dem Bahnhof verbunden sind. Aber so ein Projekt bietet dann doch immer noch eine gewisse Hürde. Das ist verständlich“, blickte Ehrhardt auf die Performance-Premiere zurück. Sein Fazit: „Das Flesh Lab war für mich eine tolle Erfahrung und ich glaube auch für alle Beteiligten.“

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