Nach ihrer ersten Kunst-AG an der Wümmeschule: Studentinnen der HKS ziehen Bilanz - Von Björn Blaak

Bewegte Kunst und bewegende Momente

Blicken auf ihre erste AG "Bewegte Kunst" an der Wümmeschule zurück (von links): die Studentinnen Jennifer Lichtenberger, Sinda Vögele und Smaida Brestrich. Foto: Björn Blaak
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Ottersberg. 2015 entstand die Idee: Drei Studentinnen der Hochschule für Künste im Sozialen (HKS) wollten im Rahmen ihres Berufspraktikums ein Kunstprojekt für Kinder in Indien auf die Beine stellen. Doch das Projekt blieb, um im Bild zu bleiben, in den Kinderschuhen stecken. Entmutigt hat das Sinda Vögele (27 Jahre), Smaida Brestrich (23) und Jennifer Lichtenberger (22) aber nicht. Ein Kunstprojekt, da waren sich die drei einig, sollte nach wie vor entstehen. Nur der Ort des Geschehens wurde ein anderer. Aus Indien wurde Deutschland, aus Deutschland wurde Ottersberg und aus Ottersberg die Wümmeschule. Dort starteten die Drei im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2016/2017 ihre AG „Bewegte Kunst“.

Diese AG war ein voller Erfolg, da sind sich die Drei einig. Mehr noch: Auch im kommenden Schuljahr wollen sie eine, wenn auch modifizierte, AG anbieten, die erneut das Ziel Persönlichkeitsstärkung hat. Und die soll möglichst nachhaltig sein. Erreicht werden sollte und soll das durch die Verbindung von Körper und Kunst und einer Balance zwichen Bewegen und Gestalten.

Malen und plastizieren gehörte deshalb genauso zum Programm wie Clownerie und Yoga. Sich spüren, sich verstehen und sich füreinander zu interessieren, waren erklärte Ziele.

Nur, wie erreicht man das? Im Kurs bekamen es die drei Studentinnen immerhin mit pubertierenden Kindern zu tun, fünfte und sechste Klasse, später kamen sogar noch Siebt- und Achtklässler hinzu. „Auf Augenhöhe“, war ihre Antwort. Nicht frontal, sondern mittendrin. Doch jener Niveauausgleich sollte nicht nur zwischen Kursgebern und -teilnehmern, sondern auch unter den Schülern selbst stattfinden.

Das mag einfach klingen, in der Umsetzung allerdings stießen Brestrich, Vögele und Lichtenberger bisweilen an die Grenzen des Machbaren. Es gab eben auch Tage, da klappte gar nichts und manch ein Schüler fand sich vor der Tür wieder. „Natürlich gab es immer wieder Schüler, die uns austesten wollten. Gucken, wie weit sie gehen können“, sagt Vögele. „An einem Tag stand ich mit vier Kindern draußen und kaum habe ich eines wieder reingeschickt, kam ein anderes raus“, erinnert sich Lichtenberger. Augenhöhe kann mitunter auch anstrengend sein.

Aufgeben kam für sie dennoch nicht in Frage, auch nicht nach der katastrophalsten Stunde. Denn es gab auch die Momente, die sie im Nachhinein als Lichtblicke ansehen: Eine akute Mobbing-Situation, die beinahe zur Eskalation geführt hätte, belastete den Kurs maßgeblich. Ein Kursteilnehmer wurde von anderen gemobbt, und das auf so üble Art und Weise, dass es den drei Studentinnen sehr nahe ging. Sie beschlossen, zu inter-agieren: Sie brachten Täter und Opfer zusammen, bildeten einen Stuhlkreis. Darin erzählte ein unbeteiligtes Gruppenmitglied, wie schlimm es ihr als Mobbing-Opfer vor ein paar Jahren ergangen war. Den Tätern wurde ihr Verhalten daraufhin zunehmend unangenehm, sie konnten nicht begründen, warum sie sich so verhielten. Die Intervention endete, indem sich einer der Täter unaufgefordert bei seinem Opfer entschuldigte, das diese Entschuldigung annahm und somit möglicherweise die angestrebte Nachhaltigkeit des Kurses mit Leben füllte.

Aus dieser Situation haben nicht nur die Schüler ihre Lehren ziehen können, auch die Studentinnen geben freimütig zu, daraus gelernt zu haben, so wie aus dem gesamten Premierenkurs generell, der nicht immer so ablief, wie sie es erwartet hatten: „Das fing schon damit an, dass zu den zwei AGs an der Wümmeschule ungeplant noch zwei in Sottrum hinzukamen“, führt Vögele aus. Auch dass Kinder aus der siebten und achten Klasse in den Kurs „geschoben“ wurden, obwohl er lediglich für die Jahrgänge fünf und sechs gedacht waren, irritierte die Drei und brachte große Unruhe in das Vorhaben.

Auch konnte die geplante Abschlussausstellung nicht durchgeführt werden, da manche Schülergruppen den Kurs vorzeitig verlassen hatten. Aber, so hofft Vögele, die Ausstellung soll möglicherweise am Tag der offenen Tür der HKS nachgeholt werden.

Alle drei bedauern, dass seitens der Schulen keinerlei Reflexion und ebenso kein Abschlussgespräch zu der AG stattgefunden habe. Auch etwas, dass sie unter dem Punkt „Erfahrungen“ verbuchen müssen, genauso wie die Tatsache, dass es die perfekte Stunde nicht gibt. Das Gelingen einer Stunde hänge nicht nur von der eigenen Vorbereitung ab, sondern auch von der Stimmung der Schüler. Und dass diese am Nachmittag, wenn die AG stattfand, eine recht launische Diva sein kann, mussten Brestrich, Vögele und Lichtenberger mehr als einmal lernen. Spontan, schnell und gemeinsam auf die überraschenden Wendungen während des Kurses einzugehen, das ist etwas, das sie sich für den kommenden Kurs verstärkt vorgenommen haben.

Doch bis es soweit ist, tanken die drei erst einmal auf. Ein gemeinsamer Sommer in Portugal soll die Akkus wieder aufladen. Danach haben die Drei einen vollen Terminkalender: eine zweite AG „Bewegte Kunst“, die Eröffnung des Social-Club in Worpswede, der Bachelor, und dann soll der Weg doch noch zu einem Kinderprojekt nach Indien führen.

Die lehrreichen Erfahrungen aus dem Wümmedelta wird das Trio dabei ganz sicher im Gepäck haben.

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