Helvesieker Kita-Gruppe muss ab August für ein Jahr pausieren

Wenig Wölfe im Wald

Jeden Morgen um 9 Uhr treffen sich die "Wölfe" auf dem "Waldsofa", das sie selbst aus Ästen gebaut haben, um dort den Tag zu beginnen. Foto: Jens Lou00ebs
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Helvesiek. Drei Jungen stehen vor einem Zirkuswagen. Die Regenhosen erstrahlen bis oberhalb der Knie in bunten Farben. Darunter haben sie sich den Gegebenheiten und den Tönen des graubraunen Waldbodens angepasst, in den die Drei bis kurz oberhalb der Knöchel eingesunken sind. „Wir haben im Matsch gespielt“, sagt einer von ihnen. „Je mehr wir stampfen, desto matschiger wird es“, erklärt der nächste. Und der Dritte fügt für die ganz Unverständigen hinzu: „Das kommt davon, dass es so viel geregnet hat.“

Nur drei Anmeldungen für das kommende Kita-Jahr waren bis zum 31. Januar bei der Einrichtung eingegangen – zu wenig, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. „Wir brauchen mindestens zehn Kinder, damit die Gruppe Bestand haben kann“, sagt Gerlinde Holst, Leiterin des Helvesieker Kindergartens. Von daher hat sich die Samtgemeinde dazu entschlossen, die Gruppe zunächst für ein Jahr ruhen zu lassen. „Schade! Ich denke, viele Eltern wissen einfach nicht, was für Vorteile die Waldgruppe ihren Kindern bietet“, bedauert ihre Kollegin Wiebke Hornbostel, Gruppenleiterin der Waldgruppe „Die Wölfe“. An der Betreuungszeit kann es nicht liegen: Die Gruppe selbst darf nach geltendem Gesetz zwar nur bis 13 Uhr geöffnet sein, danach bleiben die Kinder zur Betreuung aber bis zur allgemeinen Schließzeit der Kita unter den Fittichen der Erzieher.

Mehr als 20 Steppkes toben, klettern und hasten inzwischen durch das ausgedehnte Waldstück beim Helvesieker Friedhof. „Normalerweise sind weniger Kinder hier. Aber heute haben wir auch noch die Größeren aus den anderen Gruppen mit dabei“, erklärt Holst. Sie und Hornbostel haben an diesem Tag insgesamt vier weitere Betreuungskräfte zur Unterstützung mit dabei. „An anderen Tagen sind wir weniger. Zwei Erzieher und eventuell noch ein Praktikant“, sagt Hornbostel. Ansonsten folgt auch der heutige Tag dem normalen Alltagsgeschehen der Helvesieker „Wölfe“. Punkt 9 Uhr versammeln sich alle am Gesprächskreis oder auf dem „Waldsofa“, einem Viereck aus Ästen und Zweigen, das die Kinder zum Sitzen zusammengesammelt und gebaut haben. „Punkt 9 Uhr ist natürlich etwas übertrieben. Meistens finden die Kinder irgendetwas zu tun, sobald wir hier ankommen, und dann ist es immer mit etwas Geduld verbunden, sie vom Morgenkreis zu überzeugen“, sagt Hornbostel. Inzwischen ist bereits eine halbe Stunde vergangen.

Über acht Jahre hinweg hatte sie die Idee für das Projekt an die Samtgemeinde herangetragen, bevor die Kommune es schlussendlich vor zwei Jahren realisierte. Henrike Hoppe von der Verwaltung sei von Anfang an begeistert gewesen, aber von der Idee über die Plannug bis zur Umsetzung sei es dann doch ein langer Weg gewesen. „Der Wechsel der Kita-Leitung kam uns da zugute“, erklärt Hornbostel. Der Vorteil der Waldgruppe für die Kinder liegt laut Hornbostel und Holst klar auf der Hand: „Hören Sie sich um! In keiner anderen Kita Gruppe ist es so ruhig“, sagt Hornbostel. Tatsächlich ist der Lärmpegel, der sehr häufig in Kindertagesstätten herrscht, im Wald deutlich geringer: Gespräche, Rufe, Freudenschreie – alles verteilt sich zwischen den Bäumen auf einer viel größeren Fläche. Aber es sei nicht nur die Lautstärke, die unterscheidlich sei. Auch der Umgang der Kinder mit den Gegenständen, die sie im Wald finden, sei ganz anders, als in der regulären Einrichtung. „Der Ast, der heute noch eine Säge oder ein Schwert ist, kann morgen ein Zauberstab sein oder etwas ganz anderes“, sagt Hornbostel. „Der Fantasie der Kinder sind keine Grenzen gesetzt.“ So wundert es auch die Erzieher manches Mal, was die Kinder sich ausdenken. „In der Mitte unseres Gesprächskreises steht ein kleiner Holzklotz: Die Kinder nennen ihn Gemütlichkerze. Warum, weiß niemand, es hat sich irgendwann so ergeben, und der Name ist geblieben“, erklärt Holst, die als Kita-Leitung zwar das letzte Wort hat, die Waldgruppe und alles was damit zu tun hat aber ihrer Kollegin Hornbostel überlässt.

Die häufig geäußerten Bedenken, die Kinder seien bei Nässe und Kälte nicht ausreichend geschützt, lassen beide nicht gelten. Es kommt auf die richtige Kleidung an – und das wissen auch die Kinder, wie sie bei einem Besuch bei der Seniorentagesstätte bewiesen: „Auf die Frage einiger Senioren, was sie bei Kälte und Nässe machen würden, sagten die Kinder: ,Wir ziehen uns halt was an.‘ Die sind viel robuster, als manch einer glauben mag“, so Holst.

Wer die Gruppe kennenlernen möchte, kann dies jederzeit mit Voranmeldung bei Holst unter 04267/1720 in die Wege leiten oder beim Frühlingsfest im Wald am Freitag, 20. März, ab 15.30 Uhr dabei sein. Hornbostel und Holst hoffen, dass sich dann wieder aureichend Kinder finden, damit in absehbarer Zeit wieder die „Wölfe“ den Wald durchstreifen.

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