Hemslingen. Vor einigen Jahrzehnten war der Hollerberg die Hausmülldeponie der Gemeinde Hemslingen – inzwischen ist daraus ein Problem geworden. Denn auf dem Hügel an der B71 wurden nicht nur Abfälle verklappt: Zum Verfüllen der Lücken ließen die Verantwortlichen Bohrschlamm aus einer Bohrung in der Gemeinde Scheeßel dorthin karren und deckten alles mit einer bis zu 70 Zentimeter dicken Schicht Oberboden zu. Was das heute für Auswirkungen hat, darüber informierte Dirk Eberle, Bürgermeister der Samtgemeinde Bothel, am Montag die SPD-Landtagsabgeordnete Dörte Liebetruth und eine Delegation von Umweltpolitikern.
„Umweltauswirkungen und Risiken der Erdgasförderung“ – unter diesem Titel stand die Exkursion, die die Sozialdemokraten nicht nur in den Wahlkreis Liebetruths nach Langwedel führte, sondern auch nach Hemslingen zur Bohrschlammgrube Scheeßel Z1.
Die Ungewissheit, was die Auswirkungen der Erdgasförderung auf die Umwelt angeht, die nach wie vor offene Frage, was die Ursachen für die erhöhte Anzahl der Blutkrebsfälle in der Samtgemeinde angeht – das sind nach wie vor in der Kommune offene Fragen. „Es ist vor allem entscheidend, zunächst die Frage der Krebsfälle zu klären“, machte Eberle deutlich. „Denn das ist mittlerweile existenziell geworden: Wenn sich Menschen von außerhalb hier für Grundstücke interessieren und Bothel googeln, stoßen sie vor allem zunächst auf dieses Thema.“ Auch die Frage, welche Rolle dabei die Bohrschlammgruben spielen, ist noch offen, nach dem das Thema vor wenigen Jahren erst aufgekommen war. Insgesamt 25 solcher Gruben gibt es im Landkreis, neben Scheeßel Z1 liegen auf dem Gebiet der Samtgemeinde Bothel noch zwei weitere, eine ebenfalls bei Hemslingen, die andere bei Kirchwalsede. Erste Untersuchungen hatten Belastungen mit Benzolen und Polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ergeben – „und das Ganze relativ hochkonzentriert“, so Eberle. „Auch im Grundwasser unterhalb des kontaminierten Bereichs gibt es Belastungen.“ Der Bereich ist zwar stabil, aber bei dem Hollerberg handelt es sich um eine Binnendüne. „Der sandige Boden ist sehr durchlässig, und irgendwann wird sich der kontaminierte Bereich auf die Reise machen – mit dem ganzen Leckeren, was dort unten lagert.“ Doch solange das nicht passiert, bleibt der Müll, wo er ist. Zum Unmut von Umweltaktivist Andreas Rathjens: „Das muss entfernt werden, das ist eine ständige Emmissionsquelle“, verdeutlichte er der Delegation aus dem Landtag. Ebenfalls informierten Eberle, Rathjens sowie Vertreter der Bürgerinitiativen die SPD-Politiker über den aktuellen Stand des umstrittenen Exxon-Mobil-Projekts in Bellen. „Da liegen wir mit dem LBEG (Landesbergamt) gerade im Clinch“, so Eberle. Angesichts der vielen Unklarheiten, die das Vorhaben, auf dem Betriebsplatz eine Reststoffbehandlungsanlage zu bauen, von Anfang an begleitet hatten, gepaart mit den Krebsfallzahlen, habe das LBEG keine Sensibilität gezeigt. „Aber hier sterben Menschen“, so Eberle. Stattdessen seien Kritikpunkte lediglich als Nebenbestimmungen in den Bauantrag eingeflossen. „Das weckt schon Unverständnis“, pflichtete Liebetruth bei. „Denn mit so einem Verhalten schafft man kein Vertrauen.“ Sie und ihre Landtagskollegen wollen nun eine parlamentarische Anfrage auf den Weg bringen, zudem kündigte die Sozialdemokratin ein geplantes Gespräch von Wirtschaftsminister Olaf Ließ mit Fachleuten zu diesem Thema an. „Es ist wichtig, die offenen Fragen zu klären“, so Liebetruth. „Da dürfen wir nicht aufhören, nachzufragen.“ Rathjens machte es deutlicher: „Es wird höchste Zeit, dass wir erst einmal aufräumen, bevor wir neue Löcher bohren.“