HBM-Studie erntet bei Präsentation in Bothel Kritik - Von Nina Baucke

Zweifel an Aussagekraft

Protestaktion Anfang 2016 vor dem Exxon-Mobil-Betriebsgelände in Bellen: Auch die jüngste Studie gibt keinen klaren Aufschluss über die Ursachen der erhöhten Krebsraten in der Samtgemeinde Bothel. Archivfoto: Nina Baucke
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Bothel. Keine aktuellen Belastungen nachweisbar: Das war das Ergebnis der Human-Biomonitoring-Studie (HBM-Studie), die das Niedersächsische Sozialministerium im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte. Schon bei einer ersten Präsentation im Ministerium im vergangenen November sorgte für Ernüchterung, dass damit die Frage nach Ursachen der erhöhten Krebsraten weiter ungelöst bleibt. Bei der Vorstellung am vergangenen Montag im Botheler Bürgerhaus vor rund 50 Besuchern, darunter auch Bürgermeister der umliegenden Kommunen, kam dann noch – bisweilen lautstark geäußerte – Kritik dazu.

Dabei zog Thomas Göen, Chemiker und Professor am Institut für Arbeitsmedizin der Universität Erlangen, der die Studie designt und durchgeführt hatte, zunächst ein positives Fazit: „Wir sind sehr dankbar für die Teilnahmebereitschaft der Probanden und für den Aufwand, der damit verbunden war.“ Die Studie sei „extrem gut gelaufen“ und habe zuverlässige Ergebnisse erbracht. Göen machte allerdings ebenso deutlich, dass in Bezug auf die Krebsfälle andere Ursachen oder frühere Belastungen in der Studie nicht abgebildet werden konnten.

Denn konkret ging es darum, der aktuellen Belastung durch Benzol und Quecksilber auf Bewohner des Rotenburger Südkreises auf den Grund zu gehen. Als Kontrollgruppe dienten Probanden aus dem Nordkreis, die nicht in der Nähe von Erdgasförderanlagen leben. „Dass sich die Förderanlagen im Landkreis alle südlich der A1 befinden, hat das Design der Studie leicht gemacht“, so Göen. In der Studie, die personenbezogene Luftmessungen sowie die Untersuchung des Urins – zweimal jeweils im Sommer und im Herbst vergangenen Jahres – umfasste, differenzierte Göen zwischen den unterschiedlichen Einflussfaktoren, wie dem Rauchen oder auch, ob ein Proband Zahnfüllungen aus Amalgam hat. Das Ergebnis: keine erhöhten Benzol- und Quecksilberbelastungen für die Bevölkerung in der Nähe von Erdgasförderanlagen nachweisbar.

„Zwar mag die Studie dies ergeben haben, die entscheidende Frage wird aber nicht gestellt: Hat aber das Studiendesign überhaupt die notwendigen Voraussetzungen mitgebracht, eine solche Aussage zu treffen?“, kritisierte Kathrin Otte vom Gemeinnütziges Netzwerk für Umweltkranke (Genuk). „Wir glauben nicht, dass der aktuelle Belastungsstand mit dieser Art von Studie abgebildet werden kann.“ Auch eine Probandin aus Hemslingen zog die Aussagekraft der Studie in Zweifel: „Es war nur über einen begrenzten Zeitraum, aber das, was heutzutage hier gefördert wird, liegt weit unter dem von früher.“ Die Industrie habe von den Untersuchungen gewusst und daher die Aktivitäten in dem Zeitraum drosseln können. „Ich hatte schon befürchtet, dass da nichts gefunden wird“, kommentierte ebenso Aktivist Andreas Rathjens das Ergebnis der HBM-Studie. Er schlug vor, Biomonitoring an Pflanzen, vor allem an Bäumen vorzunehmen. „Dabei wäre auch ein Blick in die Vergangenheit möglich.“

Allerdings: Weitere Untersuchungen hat das Land bereits in Planung. „Wir sind im Gespräch mit der BVEG (Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie, Anm. der Redaktion), da wir planen, über ein Jahr 70 dauerhafte Messpunkte einzurichten“, sagte Sibylle Zielke vom Landessozialministerium. „Dabei befinden wir uns nun in der Abstimmung über die entsprechenden Parameter.“ Man sei zudem, was beispielsweise Standorte betrifft, offen für Vorschläge, „die weiterführen“, so Zielke.

Otte forderte dagegen, solche Messungen unter Bürgerkontrolle zu stellen. „Da mit der Industrie zusammenzuarbeiten, bedeutet, den Bock zum Gärtner zu machen“, so die Genuk-Vorsitzende. Der betriebene Aufwand des Landes, die Ursache der Krebsraten zu ergründen, sei zudem nicht ädaquat zum Problem, kritisierte Otte. „Im sechsten Jahr seit Feststellung der signifikant erhöhten Krebsraten im Landkreis Rotenburg betrachten wir die Aufklärung als vor die Wand gefahren.“

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