Rundschau-Serie „Mit Taten zu Salaten“, Folge zwölf: Der „traditionelle deutsche“ Kürbis - Von Andreas Schultz

Der Faltige

Ein "traditionell deutscher" Kürbis hat offenbar eine besondere Oberflächenstruktur u2013 zumindest, wenn man der Aufschrift des Saattütchens Glauben schenken mag.
 ©Andreas Schultz

Bötersen. Wäre nicht dieses orange Leuchten hier und dort in den verschiedenen Parzellen, es würde mittlerweile etwas karg aussehen im Saisongarten. Die Sonnenblumen verblüht, die Gurkenpflanzen gehen ein, die Kartoffeln fast alle ausgegraben. Nur die Karotten und Kürbisse (und ein wenig auch die mit ihnen verwandten Zucchini) halten die Stellung.

Viele der Nachbarn haben sich Hokkaido ausgesucht, entsprechend knallig-satt scheint das Orange der Früchte gerade zwischen den teilweise verwelkten Blättern hindurch. Unsere Kürbisse sind da eher zurückhaltend, wir hatten uns aber auch für eine andere Sorte entschieden: „Riesenkürbis Yellow Pumpkin (gelber Zentner)“ steht verheißungsvoll auf dem Saattütchen, „Cucurbita maxima“ in kursiver Schrift etwas nichtssagend darunter. Laut Verpackung sind bis zu zwölf Kilo Gewicht drin, es handelt sich um eine „traditionelle deutsche“ Sorte. So viel zu „Yellow Pumpkin“. Da stellt sich natürlich die Frage, was das Merkmal des traditionell-deutschen Gemüses ist. Redet es nicht gern über sein Gehalt, ist es qualitätsorientiert, zielstrebig und fleißig, zum Beispiel im Wachstum? Geht es zum Lachen in den Keller, hält an schmutziger Energie und Mobilität fest und ist regelfixiert? Deutsch. Merkwürdiges Prädikat, wenn es um Gewächse geht. Immerhin: Der Begriff Panzerbeere passt, wenn man sich etwas mehr als 100 Jahre deutsch-europäische Geschichte vor Augen führt. Aber das nur am Rande.

Seit der Entdeckung Amerikas wächst Kürbis jedenfalls weltweit, ein globalisiertes, internationales Gewächs quasi. Genau wie einst die Frucht von der anderen Seite des Atlantiks kam, so schwappt auch der Brauch über, Fratzen in die ausgehöhlte Frucht zu schnitzen. Man könnte auch sagen: Er schwappt zurück. Denn ursprünglich schnitzten Kelten, Iren und Briten Laternen aus Rüben. „Als die Tradition des Geisterfestes mit den Einwanderern nach Amerika kam, fand man dort ein viel beeindruckenderes Gemüse: den Kürbis. Durch seine enorme Größe konnte man in ihn noch viel schrecklichere Grimassen zur Abschreckung des Bösen hineinschnitzen“, schreibt dazu Claudia Ritter in „Heimische Nahrungspflanzen als Heilmittel“.

Unsere Riesenkürbisse leuchten nicht gerade, – wir haben ja auch noch keine Kerze eingebaut – aber dafür haben sie Charakter. So würde ich das zumindest nennen, was sich an der Oberfläche abspielt: Runzelige Linien ziehen sich netzartig über die Frucht, lose radial ausgerichtet an dem Punkt, wo einst die Blüte gelb leuchtete. Faszinierend anzusehen. Was ebenfalls auffällt: Größentechnisch tut sich bei den Kürbissen nichts mehr. Merkwürdig eigentlich. Die mit ihnen verwandten Zucchini haben jüngst in wenigen Tagen eine Frucht abgeworfen, die einen halben Meter lang ist. Statt sich davon motivieren zu lassen, haben die Gelben das Wachstum einfach eingestellt. „Das ist nicht zu toppen“, dürfte die Denke gewesen sein. Gemüse des Aufgebens.

Aber passt schon, Fruchtfleisch ist reichlich da. Worauf ich mich freue, ist das daraus hergestellte Kürbisbrot, das die Küche zum Duften bringen wird. Frisch gebacken, in Scheiben und ausnahmsweise mal mit Butter: Mir läuft bereits das Wasser im Munde zusammen. Kantig, von hoher Qualität, pünktlich aus dem Ofen geholt. Made in Germany. Ein „traditionell deutsches“ Kürbisbrot. Sag ich jetzt einfach mal so.

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