Stadt Rotenburg ehrt „stille Stars“ im Ratssaal - Von Henning Leeske

„Niemand ist eine Insel“

Einmal im Jahr zeichnet die Stadt Rotenburg ihre stillen Stars aus. Eine Jury hatte die Preisträger aus 17 Vorschlägen ausgewählt.
 ©Foto: Henning Leeske

Rotenburg. „Es ist keiner so klein, als dass er nicht ein Licht anmachen könnte.“ Mit dieser Schweizer Volksweisheit eröffnete Bürgermeister Andreas Weber die dritte Verleihung des Ehrenpreises der Stadt Rotenburg im Ratssaal. Die „stillen Stars“ seien insbesondere ehrenamtlich engagierte Menschen aus der Wümmestadt, die im Hintergrund einen uneigennützigen Dienst am Nächsten leisten, so Weber.

Eine breit gefächerte Jury unter Vorsitz von Weber, die unter anderem mit einem Banker, Polizeibeamten und Streetworker besetzt war, wählte aus den 17 Vorschlägen die neun Preisträger aus. Der Fokus lag ausschließlich auf dem Ehrenamt. „Einige Vorschläge passten leider nicht ins Profil des Preises“, so Weber.

Die Laudatoren, zugleich Paten der stillen Stars, hatten die Ehre, in einem ausführlichen Interview im Vorfeld mehr über die Preisträger zu erfahren. Für das Ehepaar Edith und Hermann Miesner übernahm dies Susanne Kuppler, die ihre Tanzgruppe „Jazz und Modern Dancers“ mitgebracht hatte und in einer eindrucksvollen Choreografie eine tänzerische Laudatio über die Flüchtlingshilfe der Miesners präsentierte.

Das Ehepaar hatte zwei junge Frauen aus Eritrea in seine Familie aufgenommen und so zu den drei leiblichen Söhnen zwei Töchter bekommen, die mittlerweile bestens in Rotenburg integriert sind. „Unser Glaube gab uns den Antrieb und zugleich den festen Halt für diesen Schritt damals“, sagte im Anschluss Hermann Miesner, der ein aktives Mitglied der selbstständigen evangelischen Kirche (SELK) ist.

Rotraut Fries ist ebenfalls in ihrer katholischen Kirche Corpus Christi stark engagiert und seit vielen Jahren eine ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Kleiderkammer des DRK. Sie hat an vielen anderen Stellen Verantwortung für das Deutsche Rote Kreuz übernommen. Auch im Kultur- und Sozialausschuss der Stadt war sie beratend tätig. „Sie hat Feuer. Sie steht ständig unter Dampf“, beschrieb ihr Laudator Hero Feenders die fleißige Fries.

Die Stadt ehrte Torsten Veller für seine Arbeit in der Freibettstiftung. Veller betreut in seiner Freizeit Kinder, die vorwiegend aus Angola oder Afghanistan nach Rotenburg kommen. Die Kinder werden wegen Verletzungen durch Minen in den Krisengebieten ihrer Heimat behandelt und soweit möglich geheilt, damit sie die Chance auf ein lebenswertes Leben in ihrem Herkunftsland haben. In den vergangenen fünf Jahren hat er zehn Kinder betreut. „Zehn bis zwölf Stunden wöchentlich bringt er für die Kinder auf“, erklärte Laudatorin Helga Boisch. Veller sagte gerührt: „Nach Jahren Fotos der Kinder zu bekommen, auf denen man sieht, wie groß und glücklich sie in ihren Familien geworden sind, ist einfach unbeschreiblich.“

Karin Imhoff organisierte für Frauen mit Migrationshintergrund Fahrradunterricht und betrat damit laut Laudator Hansjörg Eggers Neuland. „Wie unterrichtet man eigentlich Fahrradfahren?“, seien die Fragestellungen gewesen, die Imhoff aber bestens gemeistert habe.

Rosemarie Göx sei wie sie selbst keine Solistin, erklärte Patin Katharina Engelhardt. Beide singen zusammen im Chor- und das ganz bescheiden im Hintergrund. Göx nehme die Ehrung stellvertretend für die Grünen Damen und Herren entgegen, zu denen sie schon seit 35 Jahren gehöre. Außerdem verbringe sie in der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe (EKH) viel Zeit mit den Bewohnern und sei erneut zur Heimfürsprecherin gewählt worden.

Gisela Wöbse-Vogel und Werner Vogel setzen sich in ihrem Unter-stedter Domizil unermüdlich für die Integration der Flüchtlinge ein und bauen mit ihren Patenschaften viel Vertrauen zu den von der Flucht traumatisierten Menschen auf. „In ihrem Vogelhaus steht die Tür für ihre Mitmenschen immer offen“, sagte der Laudator Oliver Hartjen in seiner sehr erfrischenden Laudatio.

Christa Reichmann empfing als wirklich sehr stiller Star die Ehrung, da sie Menschen in einem Hospiz auf ihrem letzten Weg begleitet. „Seit 2010 leistet sie im Hospiz mit der Sterbebegleitung, der Kindertrauerarbeit und dem Trauercafé eine sehr wertvolle Arbeit“, schilderten Eduard Hermann und Fred Krüger als Paten ihre so wichtige und mindestens genauso schwierige Arbeit.

Sie habe eine natürliche Distanz und oft sei der nonverbale Kontakt viel wichtiger, sagte die Geehrte in einem ergreifenden Interview, dass die Laudatoren in Ausschnitten präsentierten. „Meine Arbeit im Eine-Welt-Laden ist was buntes für meine Seele. Niemand ist eine Insel“, sagte Reichmann, die so reich an Empathie ist.

Abschließend sprach Bürgermeister Weber großen Dank den Vorschlagenden aus. „Ohne sie wäre der Preis auch nicht möglich gewesen.“

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser