Sottrum (as). „Sie sollen uns nur sagen, wo wir die Kohle für die Projekte herkriegen“: Während der Ratssitzung der Samtgemeinde Sottrum platzte Klaus Dreyer (SPD) mit leichter Gesichtsröte der Kragen. Das Gremium ließ sich gerade von Marcel Bonse, Regionalmanager der Gesundregion, und Christiane Sell-Greiser vom Büro „Mensch und Region“ detailliert über die Datenerhebungen aufklären, die als Grundlage für Fördermittel aus der Gesundregion und dem Handlungskonzept 2030 dienen. Trotz der Diskussion, die am eigentlichen Gegenstand vorbei ging: Der Rat beschloss die Teilnahme am Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzept.
Für so manches Ratsmitglied war die Darstellung eben zu detailliert, zumal es sich bei der Vorstellung des Handlungkonzeptes 2030 um einen eingeschobenen Tagesordnungspunkt handelte, der zu Sitzungsbeginn der Beratungsliste des Gremiums nachträglich hinzugefügt worden war. Während also Sell-Greiser etwa eine Dreiviertelstunde über die Bevölkerungsentwicklung, die Infrastruktur und die Verkehrsanbindung von Fischerhude bis Fintel referierte, tuschelten im Hintergrund Jan-Christoph Oetjen (FDP) und Robert Abel (POP) miteinander und wurden schließlich von einem Kollegen aus der Grünen-Fraktion zur Ordnung gerufen. Hin und wieder waren auch vereinzelt Stimmen von SPD-Politikern zu hören, die den Wunsch äußerten, der Vortrag solle schneller zu Ende sein – bis schließlich Dreyer mit seiner Wortmeldung das Referat unterbrach.
„Das ist mir alles etwas zu viel. Ich brauche nicht Mensch und Region, ich brauche Sachverstand“, fügte er seiner ersten Aussage hinzu. Bonse erklärte mit wenigen klaren Worten, dass es Geld aus Fördermitteln nur gebe, wenn die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit stimmt. Und Sell-Greiser fügte hinzu, dass die Teilnahme auch nur in diesem Detailgrad stattfinden könne. „Diese Tiefe ist einfach notwendig und die Verwaltung betreibt auch einen riesigen Aufwand, um all diese Daten zusammen. Wir sind auch froh und glücklich, dabei zu sein“, sagte Samtgemeindebürgermeister Markus Luckhaus mit Blick auf die Teilnahme an der kommenden Förderperiode. Und die Arbeit aller Beteiligten sei nicht umsonst: „ Reeßum, Ahausen und Horstedt haben auch schon Projekte anmelden können.“ Jan-Christoph Oetjen (FDP) sah es ähnlich wie Dreyer: „Ja, wir müssen Fördermittel zusammentragen, aber wir sollten uns dabei nicht ein Referat über unsere Infrastruktur anhören, die wir alle kennen“. Dem pflichtete Andrea Kaiser (CDU) bei: „Es geht doch um ein Handlungskonzept, wir brauchen also Handlungsempfehlungen. Die Fakten sind uns bereits bekannt“. Fraktionskollege Siegfried Gässler konnte mit der Situation, die sich vor ihm abspielte, nur wenig anfangen: „Ich finde es komisch, dass wir Experten einladen, und die kriegen dann während der Sitzung die Hucke voll.“ Helga Busch (Grüne) folgte der Argumentation der Referenten: „Wieso hören wir uns das nicht einmal in voller Länge an? Dann verstehen wir auch alle Zusammenhänge.“ Dass es sich bereits um einen gekürzten Vortrag handelte, machte Bonse dann noch einmal klar. Und Luckhaus schob nach: „In den anderen Städten und Gemeinden haben sich die Gremien viel mehr Zeit genommen, dem Vortrag zu lauschen.“ _________________________________ Kommentar von Andreas Schultz: Methodische Fehler im Fokus Wie man ein Referat hält, lernt man im Schulleben eigentlich schon relativ früh:Nicht ablesen, frei vortragen, Augenkontakt suchen und so weiter. Ganz wichtig: Bei Referatsbeginn ist darauf hinzuweisen, wie lange der Vortrag in etwa dauert. Sollte das Zeitfenster nicht eingehalten werden, ist „die letzte Folie“ auch wirklich die letzte – es folgen keine fünf weiteren. Christiane Sell-Greiser hat den Fehler begangen, sich nicht an diese Vorgaben zu halten. Das Ergebnis: ein – verständlicherweise – ungeduldiger Rat und eine Diskussion, die nicht um den eigentlichen Gegenstand kreist, sondern um methodische Fehler. Dass die Tagesordnung zu Sitzungsbeginn erweitert worden ist, ohne dass die Ratsmitglieder auf einen einstündigen Vortrag eingestimmt worden sind, dürfte im Nachhinein das Übrige zur Missstimmung beigetragen haben. Der Unmut ist verständlich. Trotzdem: Eine Unterbrechung in sachlicherem Ton wäre angemessener gewesen. Und die Referentin in die Mangel zu nehmen, Siegfried Gässler bringt es mit „die Hucke voll hauen“ auf den Punkt, ist auch nicht die feine Art.