Landkreis Rotenburg (bb). Rund 165 geladene Gäste strömten unter der Woche in das Heimathaus in Rotenburg. Dort war für die 25. Niedersächsische Tafelrunde eingedeckt.
Karsten Müller-Scheeßel, der Vorsitzende des Kuratoriums Niedersächsische Tafelrunde, begrüßte das Who-is-who des Landkreises. Als Vorsitzender hatte der 75-Jährige seinen letzten Auftritt. Er verabschiedet sich nach zehn Jahren aus der Verantwortung und überträgt diese an den sich im Ruhestand befindenden Pastor Michael Schwekendiek. Dieser konnte wegen Gesundheitsproblemen an jenem feierlichen Mahl nicht teilnehmen und auch nicht das Schlusswort sprechen, wie es eigentlich vorgesehen war.
An neun langen Tischen saßen aufgereiht Bürgermeister, Geschäftsführer und Ärzte, Unternehmer, Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsräte. Für Gesprächsstoff sorgten die eingeladenen Vortragsredner. Da war zum einen der Bremerhavener Ingo Kramer, der aber nicht wegen seiner Herkunft aus der Seestadt als Redner angeheuert wurde, sondern weil er Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (CDA) ist. Und so war seine Rede auch eine Blaupause jener Argumente, wie sie nicht nur im Landkreis tagtäglich diskutiert werden, sondern auch bundesweit: Überalterung der Gesellschaft, Umgang mit Asylbewerbern und die Suche nach Fachkräften. Kramer sprach sich für ein starkes Europa aus, für die aktuelle Bundesregierung und auch für Förderalismus. Er prangerte den Mindeslohn an und sagte „ja“ zu Freihandelsabkommen. Ganz besonders trieb ihn in seiner Rede um, dass es, wenn es so weiterginge, im Jahre 2030 lediglich noch 39 Millionen Erwerbstätige gäbe. Deshalb plädierte er für Einwanderung und forderte die Anwesenden auf, den Schalter im Kopf umzulegen und sich nicht zu fragen, welche Einwanderer nicht gewollt, sondern welche willkommen sind. „Die Chance ist größer als das Risiko“, findet er und führt seine Heimatstadt an der Unterweser als gutes Beispiel an, wie gut Integration funktionieren könne. Ingo Kramer zog den Radius seiner Rede wesentlich kleiner. Er ist Bürgemeister von Helgoland. Und auch wenn Helgoland eine Region mit einer der höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen des Landes ist, wie er selbst sagte, ließ er es sich nicht nehmen über dreihundert Kilometer für eine kurze Ansprache und eine warme Mahlzeit in Kauf zu nehmen. Er rückte Helgoland für die Dauer seiner Rede humorvoll in den Mittelpunkt und sieht sich und Deutschlands einzige Hochseeinsel auf einem guten Weg. Christoph Künkel, Vorstandssprecher des Diakoischen Werkes der evangelischen Kirchen in Niedersachsen hatte ebenfalls viel Tempo in seiner Ansprache und Ingo Kramers Ausführungen gaben ihm viel Gelegenheit mit teilweise bissigem Humor die Welt des BDA-Präsidenten aus Sicht der Kirche zu beleuchten. Immerhin schaffte es Künkel, die Gäste nach Melonenspalten, Damwildbraten und Schokoladencremel aufhorchen zu lassen. Der Erlös des Abends, jeder Teilnehmer hatte für die Veranstaltung 65 Euro zu zahlen, fließt dieses Jahr an das Kunstgewerbehaus Scheeßel. Im vergangenen Jahr kamen, laut Aussage Müller-Scheeßels, über 4.000 Euro zusammen. Diese wurden dem Bachmann-Museum in Bremervörde zur Verfügung gestellt.