Puppentheater um Heini Holtenbeen in Kreuzbuchen

Komische Figuren

Foto: Elke Keppler-Rosenau
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Ottersberg (kr). Dem Ottersberger Kulturverein, mit derzeitigen Domizil im Schützenhaus Kreuzbuchen, ein besonderes Ereignis ins Haus. Am Samstag, 11. März, ab 20 Uhr, tritt Eva Spilker mit ihrem Figurentheater auf und erweckt den urigen Heini Holtenbeen wieder zum Leben. Und dass Figurentheater nicht unbedingt nur etwas für Kinder ist, sondern auch für Erwachsene, beweist die Schanzendorfer Theaterakteurin Spilker, wenn sie ihre handgefertigten Puppen auf die Bühne holt.

Einer ihrer wichtigsten Charaktere ist der Bremer Lebenskünstler und selbsternannte Philosoph Heini Holtenbeen – jenes Original, dessen Bronzefigur vor dem Packhaus-Theater in der Hansestadt an ihn erinnert. Gelebt hat er im ausgehenden 19. Jahrhundert im Schnoor, der Urzelle Bremens in einer verwinkelten Behausung.

Holtenbeen war aus der Straßenszene der Bremer Altstadt nicht wegzudenken. Es gab kaum jemanden, der ihn nicht kannte. Er humpelte, weil er als ganz junger Mann als Küper (Packer im Lagerhaus) aus einer Bodenluke gefallen war. Ob er nun ein Holzbein hatte oder lediglich ein versehrtes Bein, darüber ist sich die Nachwelt nicht einig. Weil er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte, zog er mit einem Handkarren durch die Stadt und lieferte Waren aus, so gut er konnte.

Seinen kargen Lebensunterhalt besserte er mit gelegentlichen Betteleien auf. Es gab aber auch viele Bremer, die ihm wohlwollend ein paar Groschen zusteckten. Gerne lieh er sich auch Geld von Leuten, die er kannte. Die Rückzahlung vergaß er meistens, er war eben ein Filou.

Seinen Bedarf an Zigarren deckte er als starker Raucher, in dem er vor der Baumwollbörse die weggeworfenen Stumpen der Pfeffersäcke (Kaufleute) aufsammelte und neu aufrollte. Natürlich war Holtenbeen auch oft Zielscheibe von Spott, wogegen er sich aber gut zu wehren wusste, denn er hatte einen scharfen Verstand und einen wachen Geist, war schlau und gewitzt, sowie mit dem Mundwerk vorneweg.

Spilkers Bühnenbild aus eigener Werkstatt, das das lebendige Stadtbild Bremens um 1900 darstellt, zeigt das Marktgeschehen, auf dem auch die Fisch-Luzie nicht fehlt. Diese bodenständige Frau, um die sich bis heute viele Legenden ranken, war damals das weibliche Gegenstück von Holtenbeen, obwohl sie als Geschäftsfrau mit eigenem Fischstand von morgens bis abends arbeitete, um ihre 17 Kinder, die viele verschiedene Väter hatten, satt zu bekommen. Luzie war eine temperamentvolle Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hatte und auch nicht auf den Mund gefallen war. Sie ließ sich nicht von Holtenbeen auf den Arm nehmen, wie er das ganz gerne mit seinen Mitmenschen tat, und angepumpt hatte er sie nur ein einziges Mal.

Spilker lässt beide Figuren mit ihrer wunderbar wandlungsfähigen Stimme, in einen heftigen Schlagabtausch treten, den Holtenbeen nicht gewinnt, weil Fisch-Luzie stets das letzte Wort haben musste, wie es in vielen Bremensien nachzulesen ist. Anders dagegen, als Heini mit Frieda, einem kleinen Mädchen, das Torf von einer Schiebkarre herunter verkaufen sollte, ins Gespräch kam. Frieda brachte den alten Mann zum Zuhören, als sie ihm erzählte, wie die Bremer zu ihrer Bürgerweide gekommen waren. Die Geschichte der mildtätigen Gräfin Emma, die reich war, und viel Land besaß, fesselte nicht nur Holtenbeen damals, sondern auch das Publikum heute. Jeder lauscht fasziniert, wenn Spilker eine Szenerie entstehen lässt, die plastisch darstellt, wie der geldgierige Neffe von Gräfin Emma seine großzügige Verwandte davon abhalten wollte, den Bürgern Land zu überlassen. Es wird spannend, wenn Emma bestimmt, das sie soviel Land geben will, wie ein Mann an einem Tag abschreiten könnte. Ihr Neffe seinerzeit behielt sich jedoch vor, diesen Mann auszusuchen.

Seine Wahl fiel auf einen Gehbehinderten, wie es heute heißt, damals ist die Rede von einem Krüppel. Der Neffe erhoffte sich davon, dass der Versehrte sich kaum vom Fleck rühren würde.

Spilker stellt wutschnaubend den Ärger des Neffen dar, als der Gehbehinderte am Abend tatsächlich die ganze Bürgerweide umrundet hat, die dann der Überlieferung nach in den Besitz der Bremer Bürger überging. Pferdegetrappel und lautes Wiehern schallt durch den Aufführungsort, wenn Gräfin Emma und ihr Neffe als Figuren über die damals bewaldete Bürgerweide galoppierten, und Dankesjubel, als die Bürger schließlich das Land in Besitz nehmen. Die ausdrucksstarken Gesichter der Figuren und deren Gestik lassen das Theaterstück lebendig und authentisch rüberkommen. Wem Holtenbeen bis dahin unbekannt war, geht mit dem Gefühl nach Hause, einen guten Bekannten getroffen zu haben.

Weitere Informationen über Spilker und das Puppentheater gibt es auf www.regenbogen-puppentheater.de.

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