Bürgerversammlung zum E-Werk: Hofmann blickt nach vorn - Von Björn Blaak

Kollektiver Kurzschluss?

Miserenerklärer: Bürgermeister Horst Hofmann schildert den Bürgern das Vorgehen beim Ottersberger E-Werk.
 ©Björn Blaak

Ottersberg. Die Verwaltung des Flecken Ottersberg lud die Einwohner zu einer Bürgerversammlung in die Aula der Wümmeschule ein. Einziges Thema des Abends war das E-Werk – nicht als solches, sondern die Diskussion sollte sich um die doch recht mysteriösen Machenschaften hinter den Kulissen drehen: fehlende Jahresabschlüsse, hohe Verluste und Bilanzen, die hinten und vorne nicht stimmten – und die Fragen: wer, wann, was gewusst hat oder hätte wissen müssen.

So folgten an diesem lauen Sommerabend rund einhundert Bürger dem Aufruf und hörten, bevor die Diskussion begann, erst einmal den Rednern zu.

Bürgermeister Horst Hofmann machte den Anfang und er tat das, was er die letzten Monate auch getan hat: Er nimmt für sich in Anspruch, nichts gewusst zu haben. Wie er schon vor ein paar Wochen im Rundschau-Interview erzählt hatte, stehe er aber zu seiner Verantwortung. Dies aber bedeute für ihn nicht, das Weite zu suchen, sondern zu bleiben und aufzuräumen. Generell wollte Hofmann sich nicht mehr mit der Vergangenheit aufhalten. Er versuchte, den Fokus auf die Zukunft zu richten. Denn es sei nicht sinnvoll nach Schuldigen zu suchen, sondern nach einer Lösung. Die hätte die Verwaltung nun auch gefunden. Sie hört auf den Namen Helge Dannat. Er ist seit einem Jahr im E-Werk verantwortlich für die Bilanzen und kehrt seit geraumer Zeit mit eisernem Besen den ganzen ungereimten Zahlensalat aus den Konten und glaubt, dafür auch befähigt zu sein. Laut eigener Aussage ist er schon seit vielen Jahren in ähnlich gelagerten Unternehmen unterwegs. Seit Amtsantritt rechnete, bilanzierte und versuchte er sich einen Reim darauf zu machen, wie es zu dem stattlichen Verlust von 2,1 Millionen Euro kommen konnte. Er ließ die Bürger an diesem Abend an seinen Schlussfolgerungen teilhaben. Lange Rede kurzer Sinn: Der Verlust muss nun irgendwie aufgefangen werden. Dannat erklärte, dass dies ansatzweise mit Verlustvorträgen, Rückerstattungen vom Finanzamt und Eigenkapitalverzinsungen geschehen könnte. Aber auch höhere Eintrittspreise beim Otterbad, Preisanpassungen beim Schulschwimmen und auch der Weg vom öffentlichen zum Kursbad sollen helfen, die Verluste irgendwie wieder in den Griff zu kriegen und dafür zu sorgen, dass das EWO künftig über eine schwarze Null den Weg in die Gewinnzone schaffe. Nachdem Hofmann und Dannat ihre Erklärungen verlesen hatten, begann die Diskussion. Als Moderator fungierte Sozialdemokrat Heiko Oetjen aus Oyten (die Rundschau berichtete). Dieser stellte klar, dass an diesem Abend niemand vor Gericht stünde und persönliche Beleidigungen Fehl am Platze wären. Eine Bilanzbuchhalterin aus Ottersberg wollte wissen, wieso diese Missstände jahrelang unentdeckt bleiben konnten und nicht schon Thema bei der Bürgermeisterwahl im letzten Jahr gewesen ist. Und mit dieser Frage war auch der Tenor des Abends gefunden. Hofmann erklärte, und das nicht nur einmal an diesem Abend, dass er erst 2013 von den Fehlern erfahren habe. Auch der E-Werk-Ausschuss soll vorher nichts gewusst haben. „Das können Sie mir glauben, müssen Sie aber nicht“, sagte der Bürgermeister. Dannat sprang ihm zur Seite, und erinnerte daran, dass die Abschlüsse 2007 bis 2010 schließlich testiert gewesen seien, also für gut befunden. Ein Bürger wetterte in Richtung Hofmann: „Das hätten Sie erkennen müssen. In jedem Unternehmen würde das zu einer Kündigung führen.“ Die Buchhalterin meldete sich daraufhin auch noch einmal zu Wort. „Ich wünschte, Sie wären mein Chef“, und spielte darauf an, dass er es bei der Erstellung von Bilanzen wohl nicht ganz so genau nähme. Auch bemängelte sie das Krisenmanagement: „So kann man mit Fehlern nicht umgehen.“ Applaus brandete auf. Hofmann antwortete: „Wir waren alle geschockt“. Er verwies darauf, dass nun aber neue Strukturen greifen würden: „Diese Art Fehler passiert uns nicht noch einmal.“ Werner Bahrenburg, amtierender Vorsitzender des E-Werk-Ausschusses, stellt daraufhin die Frage in den Raum: „Wie hätten wir das merken sollen? Wir hatten testierte Abschlüsse. Aber niemand im Ausschuss sei schließlich Fachmann genug, um derartige Missstände erkennen zu können. Tim Weber, ebenfalls Mitglied im E-Werk-Ausschuss, stellte klar: „Das ist Politikversagen. Jedes Ausschussmitglied hätte spätestens Mitte 2012 auf die Trommel hauen können.“ Sich selbst schloss er dabei nicht aus. Rainer Schnäpp, Rats- und SPD-Mitglied behauptete, er hätte regelmäßig auf Abschlüsse gedrängt, wäre aber nicht erhört worden. Desweiteren wusste er zu berichten, dass in der Verwaltung bereits Steuerberater ein und aus gingen, während der Rat noch im Ungewissen gelassen wurde. Und er stellte klar, dass, hätte die SPD nicht auf diese Bürgerversammlung gedrängt, der Bürgemeister auch keine einberufen hätte. Eine Bürgerin empfand Hofmann gar als beratungsresistent und behauptete, dass die Ottersberger in ihren Rechten grob beschädigt würden. Sie machte auch gleich einen Vorschlag, woher das Geld kommen soll, um die Schulden zu bezahlen: „Den Bürgermeister aufs halbe Gehalt setzen und den Ratsmitgliedern das Sitzungssgeld streichen.“ Ein Bürger fragte nach, warum das Gutachten zur E-Werk-Misere immer noch nicht öffentlich ausliege. „Wir Bürger haben für das Gutachten bezahlt, dann haben wir auch ein Recht, es einzusehen.“ Moderator Oetjen, der einen ruhigen Abend hinter dem Stehpult verlebte, versuchte sich gegen 21.30 Uhr an einem Fazit. Er sprach dabei von Selbstreinigungskräften und auch, dass vielleicht in zwei Jahren eine weitere Bürgerversammlung stattfinden werde, und dort dann auch die Informationen auf den Tisch kämen, die aktuell noch unter Verschluss gehalten werden. Ob sich dann immer noch hundert Menschen dafür interessieren, bleibt abzuwarten.

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