Landkreis informiert Bürger über Krebsfälle in Rotenburg - Von Nina Baucke

„Wir haben Angst“

Michael Hoopmann, Frank Stümpel und Hermann Luttmann sowie Joachim Kieschke (von links) informierten die Bürger über die Zahlen des EKN.
 ©Nina Baucke

Rotenburg. Es dauerte nicht lange, bis zum ersten Mal das Wort „Fracking“ fiel. Dabei sollte es an sich um die Häufung von Krebsfällen in der Stadt Rotenburg gehen – denn in diesem Zusammenhang hatte der Landkreis für vergangenen Dienstag zu einem Informationsabend im Kreishaus eingeladen. Doch spätestens nach einer halben Stunde kippte die zu Beginn nüchterne Präsentation von Fallzahlen in Richtung einer emotionalen Diskussion über Gesundheitsrisiken im Landkreis.

Vergangene Woche hatte der Landkreis mit dem Epidemiologischen Krebsregister Niedersachen (EKN) für die Stadt Rotenburg alarmierende Zahlen vorgestellt. Wie schon im vergangenen Jahr in Bothel diagnostiziert, sind dort statistisch ungewöhnlich viele Männer im Alter zwischen 60 und 74 Jahren an einer bestimmten Krebsart, dem „Multiplen Myelom“, erkrankt. Und bereits damals hatte es einen Informationsabend gegeben, „jetzt haben wir zum zweiten Mal so eine Schreckensveranstaltung“, sagte Kathrin Otte vom „Gemeinnützigen Netzwerks für Umweltkranke“.

Denn die Botschaft, die Landrat Hermann Luttmann, Frank Stümpel vom Kreisgesundheitsamt, Michael Hoopmann vom Landesgesundheitsamt und Joachim Kieschke (EKN) überbrachten, war im Grunde die gleiche: Die Ursachen für die Zahlen seien nach wie vor unklar, aber es werde nachgeforscht. „Wir arbeiten ergebnisoffen und suchen in jede Richtung“, betonte Stümpel.

Für die Mehrzahl der anwesenden Bürger dagegen lag die Ursache offenbar auf der Hand. „Es gibt diese These mit den Erdgasförderungen, und sie steht hier im Raum“, hieß es aus dem Plenum. Kritik gab es auch an der umgekehrten Beweislage, nach der die Förderkonzerne nicht die Unbedenklichkeit der verwendeten Stoffe nachweisen müssten, sondern anders herum die Kommunen, Behörden und Bürger deren schädlichen Einfluss auf die Umwelt. „Es gibt kein Umweltrisiko, dass allein für das Multiple Myelom spezifisch ist“, entgegnete Hoopmann. Allerdings sei der Zusammenhang mit Benzol bereits untersucht worden, „und demnach ist Benzol ein Risiko“. Aber diese Substanz könne verschiedene Arten von Krebs auslösen.

Betroffen über die Zahlen für Rotenburg zeigte sich dessen Bürgermeister Andreas Weber: „Nicht nur der Landkreis muss reagieren, sondern auch das Land und der Bund“, forderte der Rotenburger Verwaltungschef. „Ich habe bislang keine andere Hypothese außer der einen gehört. Die Stadt ist umzingelt von Bohrungen – zumindest kann diese Hypothese eine der Hauptursachen sein.“

Luttmann dagegen warnte davor, vorschnell irgendjemanden als den dafür Verantwortlichen zu sehen. „Das geht schief“, so der Landrat. Doch genau diese abwartende Haltung sahen einige der Bürger als Passivität: „Das konkrete Handeln fehlt uns“, monierte einer der Anwesenden.

Im Gegensatz dazu bekam Weber für seine vorgeschlagenen Maßnahmen prompt lauten Beifall aus dem Plenum: „Kein Abfackeln ohne Messung, ein Moratorium und ein Blick ins EKN in andere Bereiche Niedersachsens, in denen ebenfalls gefördert wird“, so Rotenburgs Bürgermeister. Die Botschaft, die eine Bürgerin den Machern wie den Besuchern der Veranstaltung mitgab, war deutlich: „Wir haben Angst.“

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser