Kommunen suchen nach wie vor Wohnungen für Flüchtlinge / Stimmung größtenteils gut

Hoffnung auf weitere Helfer

Die Scheeßelerin Hannelore Fuhrmann ist eine von zahlreichen Ehrenamtlichen, die den Flüchtlingen helfen, in einem ihnen fremden Land zurecht zu kommen. Dazu gehört auch Sprachunterricht.
 ©Joris Ujen

Von Dennis Bartz, Nina Baucke, Christine Duensing, Andreas Schultz und Joris Ujen. Landkreis Rotenburg. Sie haben einen oft tage- und wochenlangen sowie gefährlichen Weg hinter sich: Menschen aus den Krisengebieten im Nahen Osten, aus Afrika oder vom Balkan. Gleichzeitig ist ihre Ankunft auch eine Herausforderung für die Region – denn die Flüchtlinge beginnen hier bei Null. Wie die Situation bei den Kommunen konkret aussieht, woran es fehlt, wie die Bürger helfen können – die Rundschau fragte nach.

Rotenburg

Derzeit leben 210 Flüchtlinge in Rotenburg. „Wir rechnen damit, dass uns pro Monat etwa zehn Flüchtlinge zugewiesen werden. In der Regel sind diese zuvor in einem Erstauffangslager in Braunschweig untergebracht“, sagt Elke Bellmann, Leiterin des Amtes für Jugend und Soziales der Stadt Rotenburg. Es mangele an kleinen Wohnungen, aber auch größere seien gefragt. „Interessierte können mögliche Unterkünfte jederzeit anbieten. Wir schauen uns diese an und melden uns, sobald wir eine passende Flüchtlingsfamilie gefunden haben“, erklärt Bellmann. Die Stimmung ist ihrer Ansicht nach noch entspannt – „und wir wünschen uns natürlich, dass dies auch so bleibt“, so Bellmann, die sich über die Unterstützung der Bürger freut: „Viele wollen helfen: Sie spenden Kleidung und Möbel, stellen Wohnraum zur Verfügung oder sind ehrenamtlich tätig.“ Probleme mit Anwohnern oder Flüchtlingen seien ihr bislang nicht bekannt: „Wir sind darüber auch sehr froh. Beschweren sich Bürger, so suchen wir direkt das Gespräch und können die Probleme dann meist schnell lösen. Wir haben uns dazu entschieden, die Flüchtlinge nicht zentral unterzubringen, sondern im Stadtgebiet zu verteilen. Das war richtig.“ Die Stadt suche jedoch nach ehrenamtlichen Helfern. Und nach Spenden: „Die meisten Flüchtlinge kommen mit nichts – deshalb ist der Bedarf groß. Gebraucht werden beispielsweise Fahrräder. Aber auch Fernseher, Hausrat und alltägliche Dinge wie Handtücher können wir immer gebrauchen“, so Bellmann.

Visselhövede

84 Flüchtlinge leben derzeit in Visselhövede: „Viele von ihnen müssen mit Abschiebungen rechnen“, sagt Visselhövedes Bürgermeister Ralf Goebel. „Vor diesem Hintergrund herrscht eine gewisse Verunsicherung und für uns fehlt Planungssicherheit.“ Dennoch sei die Stimmung recht gut: „Wir haben kurze Wege und es gibt für die allermeisten Fragen direkte Ansprechpartner.“

Probleme mit Anwohnern oder Flüchtlingen gab es laut Goebel bislang keine. „Das liegt sicherlich auch daran, dass wir die Flüchtlinge durch Wohnraumangebote innerhalb der Kernstadt in Häusern und Wohnungen unterbringen konnten und somit eine Ghettobildung vermieden haben. Für weitere Angebote sind wir dankbar.“ Wichtige Arbeit leiste bei alldem der Präventionsrat mit Patenschaften. „In der Oberschule bietet Hans Gamperl ehrenamtlich Sprachunterricht für die Kinder und Jugendlichen an und auch in den Kindergärten wird hier gute und intensive Arbeit geleistet“, so Goebel. „Die Erfahrung der letzten Monate ist ganz positiv.“ Er hofft auf weitere Visselhöveder, die Patenschaften übernehmen. Geldspenden sollten an den Präventionsrat erfolgen, Sachspenden nimmt Sascha Kirschke vom Präventionsrat entgegen.

Sottrum

„Die Samtgemeinde ist froh und dankbar, dass es den Unterstützerkreis der Sottrumer Tafel um Brigitte Mintenbeck gibt“, sagt Jürgen Schlusnus, stellvertretender Bürgermeister der Samtgemeinde Sottrum. „Viele Probleme, die die Verwaltung ohne zusätzlichen Personalaufwand nicht lösen könnte, werden dort unbürokratisch abgearbeitet.“ Auch in Ahausen gibt es einen Unterstützerkreis, der neben Sprachunterricht auch die Betreuung in anderen Dingen, wie beispielsweise Fahrten zum Arzt und Behörden, Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen, das Besorgen von persönlichen Dingen organisiert. Derzeit leben 100 Flüchtlinge im Wiesteort und umzu. „Die Verwaltung ist durch die gestiegenen Asylbewerberzahlen stark belastet, konnte bisher aber alle zugewiesenen Personen in Wohnungen unterbringen“, so Schlusnus. Die Samtgemeinde mietet Wohnraum für Asylanten an und stellt eigene Wohnungen und Häuser zur Verfügung. Allerdings sind alle angemieteten Wohnungen belegt und neuer Wohnraum wird dringend benötigt. „Ich appelliere an alle Vermieter, der Samtgemeinde leerstehenden oder demnächst leerwerdenden Wohnraum anzubieten“, betont Schlusnus. Probleme mit Anwohnern seien ihm dagegen nicht bekannt. Probleme mit Asylbewerbern treten seiner Aussage nach derzeit nur sehr vereinzelt auf. Schlusnus hofft weiter auf Spenden, denn „alles was gespendet wird, muss nicht neu besorgt werden. Am meisten fehlt es den Asylanten nach meiner Einschätzung jedoch an Zuspruch und sozialen Kontakten. Das ist von der Verwaltung nur sehr bedingt leistbar.“

Scheeßel

„Unter den Flüchtlingen, in Anbetracht ihrer Situation und dem, was sie durchgemacht haben, ist die Stimmung gut“, bilanziert Stefan Behrens, Allgemeiner Stellvertreter der Bürgermeisterin der Gemeinde Scheeßel. „Bei uns ist es allerdings aufgrund der aktuell knappen Wohnungskapazitäten und der zu erwartenden Zuteilungsquote ein wenig angespannt.“ Die aktuelle Quote habe man noch bewältigen können. „Weiterer privater Wohnraum kann uns gerne angeboten werden. Wir brauchen für die neue Quote wieder Wohnungen“, fordert Behrens. Zurzeit haben 110 Personen in der Gemeinde Zuflucht gefunden, wobei einige Personen vor der Abschiebung stünden, so Behrens. Was ihn jedoch freut, ist die Hilfsbereitschaft von Anwohnern und Nachbarn, jeder Einzelne könne noch mithelfen, den Flüchtlingen bei Behördengängen und Arztbesuchen zur Seite zu stehen. „Wenn die Personen in Scheeßel ankommen, benötigen sie so gut wie alles. Von Kleidung über Fahrräder bis hin zu Geschirr und Elektrogeräten. Wer spenden möchte, kann sich gerne an uns wenden“, sagt Behrens. „Wir haben hierzu auch ein Spendenformular unter installiert.“

Sittensen

Wohnraum sucht auch die Samtgemeinde Sittensen – denn zu den 79 bereits dort lebenden Flüchtlingen werden noch weitere kommen. „Wer was anzubieten hat, kann sich jederzeit gerne bei mir melden“, sagt Lars Busch vom Ordnungsamt. Ansonsten sei die Stimmung im Allgemeinen gut. „Klar gibt es immer mal wieder einen der vielleicht mal nicht ganz zufrieden ist“, so Busch. Probleme seien dennoch keine bekannt. „Die Flüchtlinge werden immer sehr herzlich aufgenommen.“ Dazu hat auch schon ein Unterstützerkreis seine Arbeit aufgenommen, den Saliha Arican mitorganisiert. Kleidung nimmt derweil die Kleiderkammer entgegen, außerdem hofft die Samtgemeinde auf Spielzeug. „Des Weiteren brauchen wir Haushaltswaren“, so Busch. „Beispielsweise auch Bügeleisen, Kaffeemaschinen, aber auch Waschmaschinen. Die Geräte sollten alle noch in einem guten Zustand sein und natürlich auch funktionieren.“ Die ganzen Spenden müssten zum Rathaus gebracht werden. Ausnahme bei einer Waschmaschine und Möbel, diese würde der Bauhof nach Absprache auch abholen.

Fintel

In Fintel musste die Samtgemeinde hinsichtlich einer Unterkunft Spannungen registrieren. Beim Bezug sei es zu Anfeindungen gekommen, Anwohner behaupteten, ihre Immobilien würden an Wert verlieren. „Die sehr nette und hilfsbereite Vermieterin wird seither im Nachbarkreis gemieden. Das bedrückt uns auch“, so Henrike Hoppe vom Bürgerservice. Bis auf vereinzelte individuelle Herausforderungen sei die Stimmung bezüglich der 51 Asylbewerber ansonsten gut. Hinsichtlich einer Person hätte es allerdings massive Probleme gegeben, der Landkreis erwäge dort eine Umsiedlung. „Ansonsten gibt es natürlich auch bei unseren Asylbewerbern unhöfliche, respektlose und dreiste Personen, aber dass haben wir ja auch bei unseren anderen Bürgern“, bemerkt Hoppe. „Da habe ich die richtigen Kollegen im Bürgerservice sitzen, die mit Humor und sicherem Auftritt gegenhalten.“

Die Situation bezüglich Wohnraum und Personal ist in Fintel durchaus angespannt. Aktuell reicht das private Angebot. Bereits mit der nächsten Zuweisung wird es Probleme geben, befürchtet Hoppe. „Aber die Ehrenamtlichen und örtliche Firmen unterstützen uns immer wieder ganz toll.“ Zudem sei das Projekt der Unterkunft von Human Care durchaus noch aktuell.

Sie freut sich, dass es einen ganzen Pool von Ehrenamtlichen gibt. Maßgeblich dabei der Unterstützerkreis Fintel, der am Montag, 7. September, zu seinem nächsten Treffen zusammenkommt. „Aber ansonsten vernetzen wir vom Rathaus aus und sind Ansprechpartner für alle (potentiellen) Ehrenamtlichen“, erklärt Hoppe. Dort gibt es am Dienstag, 8. September, das nächste Treffen. Denn aktuell besteht ein enormer Bedarf an Fahrdiensten. „Die Asylbewerber können den Bürgerbus kostenlos nutzen, aber manche Termine liegen schlicht zu früh“, so Hoppe. An Kleidung und Geschirr hätten die Bürger schon sehr viel gespendet, gebraucht werden immer wieder Waschmaschinen, Kühlschränke, Gardinen und Handtücher.

Bothel

Der Samtgemeinde Bothel ist es bisher gelungen, die meisten Familien dezentral in einzeln angemieteten Wohnungen und Häusern unterzubringen. „Dadurch besteht eine akzeptable bis gute Integration in der Nachbarschaft wie auch in den Schulen und ermöglicht eine überwiegend selbständige Lebensführung“, erklärt der stellvertretende Samtgemeindebürgermeister Michael Fehlig. Derzeit leben 85 Flüchtlinge in der Kommune – davon überwiegend Familien sowie etwa zehn Einzelpersonen.

Die Frage, ob es Probleme mit Anwohnern oder Flüchtlingen gibt, kann Fehlig mit einem klaren „Nein“ beantworten. Dagegen wächst die Hilfsbereitschaft: Derzeit formieren sich Unterstützerkreise, insbesondere dort, wo bereits Netzwerke durch örtliche Vereine oder Kirchengemeinden existieren. Hilfe gibt es auch durch Nachbarn und Familienpatenschaften.

„Jeder kann helfen, indem er eine Patenschaft übernimmt oder bei den Arbeitsgruppen (Fahrradwerkstatt, Kleiderkammer) mitarbeitet. Die Samtgemeinde hofft noch auf Sachspenden wie intakte Fahrräder, Kinder-Kleidung, Gefriergeräte oder TV-Receiver – Angebote nimmt die Kommune per E-Mail an fluechtlingshilfe@bothel.de entgegen. „Eine große Hilfe wären Dolmetscher für Serbisch und Albanisch für die Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen“, so Fehlig.

Ottersberg

Im Flecken Ottersberg leben zur Zeit etwa 150 Flüchtlinge. „Dabei greifen wir überwiegend auf den gemeindeeigenen Wohnraum zurück, aber wir haben schon privaten angemietet“, so Jürgen Buthmann-von Schwartz, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. „Wohnraum suchen wir daher weiterhin.“ Probleme mit Anwohnern oder mit Flüchtlingen, die über ein übliches Maß hinausgehen, habe es bisher nicht gegeben. „Es gibt einen relativ großen Unterstützerkreis der sich ehrenamtlich bei der Betreuung mit einbringt“, so Buthmann-von Schwartz. „Dabei geht es insbesondere um den Aufbau von sozialen Kontakten, um Dolmetscherdienste, um Fahrdienste zu Ärzten beispielsweise und um Vermittlung der Sprache neben den Sprachkursen der VHS.“ Daneben fungiert ein Sprachcafé im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Ottersberg als ungezwungener Treffpunkt für alle – organisiert vom Ehepaar Buchartz aus Fischerhude. „Über die Mitarbeit von weiteren Personen sind sie sicherlich sehr dankbar“, bemerkt Buthmann-von Schwartz. „Da die Wohnungen komplett möbliert werden, sind Möbelspenden nicht so gefragt. Was andere Sachspenden angeht, ist die Verwaltung im Rathaus Ansprechpartner.“

Oyten

In Oyten stammt ein Großteil der 90 Flüchtlinge aus dem afrikanischen Eritrea. „Die Stimmung ist sehr gut“, zieht Reinhold Oelkers von der Gemeindeverwaltung eine erste Bilanz. „Die nachbarschaftliche Bevölkerung hilft viel und engagiert sich tatkräftig. Beispielsweise im Bremer Breden, wo die Nachbarn Essen, Kaffee und Kuchen zur Begrüßung für Neuankömmlinge vorbereiten. Das ist schön anzusehen.“ Probleme mit Anwohnern gibt es nach seiner Auskunft keine, auch Proteste seien nicht bekannt. Das Gegenteil sei der Fall. „Aber wir suchen noch Wohnraum in Oyten und in der näheren Umgebung“, so Oelkers. Wer etwas zur Miete anbieten kann, den bittet die Verwaltung sich unter 04207/914016 telefonisch zu melden. „Als Unterstützerkreis hat sich das Sprachcafé in Bassen etabliert“, sagt der Verwaltungsmitarbeiter. „Die Helfer kümmern sich, zeigen den Ort, wo es Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten gibt. Auch Hilfe bei Behördengängen und bei der Deutung offizieller Schreiben gibt es im Sprachcafé.“ Spenden nimmt das Awo-Sozialkaufhaus beim Penny-Kreisel in Bassen entgegen. „Spielzeug brauchen wir eher weniger, da wir eigentlich nur einzelne Männer zugewiesen bekommen“, so Oelkers.

Ansprechpartner: In Rotenburg übernimmt der ökumenische Arbeitskreis Asyl eine wichtige Aufgabe. Eckhard Lang, Flüchtlingsberater im Diakonischen Werk, ist telefonisch unter 04261/2104 erreichbar. Das Amt für Jugend und Soziales der Stadt beantwortet Fragen und nimmt Angebote an Möbeln sowie Wohnungen entgegen: 04261/71192. Kleidung für Erwachsene nimmt das Kaufhaus Karo unter 04261/8400860 und für Kinder das Simbav unter 04261/9438996 an. In Visselhövede informiert der Vorsitzende des Präventionsrates, Gustav Stegmann, unter 04262/3870. Sascha Kirschke nimmt unter 04262/3544 Möbelspenden entgegen. Sottrum sucht Menschen, die Fremdsprachen wie Französisch, Arabisch, Serbisch oder Albanisch beherrschen – telefonisch unter 04264/832038. Auch der Asylkreis der St.-Lucas-Kirchengemeinde Scheeßel sucht Helfer. Ansprechpartner ist Paul-Gerhard Göttert telefonisch 04263/8745. Sittenser Bürger können Möbelspenden telefonisch beim Bauhof unter 04282/5600 melden. Bothel sucht Wohnungen und Menschen, die beispielsweise bei der Fahrradwerkstatt helfen möchten. Informationen erteilt Birgit Ahlswe telefonisch unter 04266/9831531.

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