Ab Dezember: Willi Reichert beendet sein Turmwächter-Dasein - Von Christine Duensing

Kultur im Ungewissen

Ab Dezember wächterlos: Willi Reichert verlässt seinen Posten auf dem Sonnentaugelände in Visselhövede.
 ©Archiv

Visselhövede. Die Stadt aus anderer Perspektive: Wer schon einmal oben war, weiß um die Schönheit des Ausblicks vom historischen Wasserturm aus, auf dem Sonnentaugelände, dem ehemaligen Honig- und Wachswerk in Visselhövede. Mehr als ein Jahrzehnt hat Willi Reichert diesem Ort Leben eingehaucht, für kulturellen Austausch gesorgt, rund um die Uhr den Turmwächter gespielt. Doch damit ist jetzt Schluss.

Was ist ein Turm ohne seinen Wächter? Diese Frage müssen sich die Stadt und ihre Bürger nun stellen. Und die Zeit drängt. In der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungs-, Wirtschaftsförderungs- und Kulturausschusses ließ Bürgermeister Ralf Goebel am Dienstagabend die Bombe platzen: „Willi Reichert hört auf, schon zum 1. Dezember – aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen.“

Der Kulturschaffende habe einen neuen Arbeitsvertrag für 2016 – an den Mindestlohn angepasst – deswegen nicht unterzeichnet, so der Bürgermeister. Kulturinteressierten Visselhövedern und Bürgern von umzu ist der Name Reichert bereits seit vielen Jahren ein Begriff. Reichert wohnte bis Ende vergangenen Jahres sogar auf dem Sonnentaugelände und war daher stets in Reichweite, wenn interessierte Besucher aus der Region einen Treppenaufstieg wagen wollten. „Uns geht dort eine schillernde Persönlichkeit verloren, das ist wirklich sehr schade. Herr Reichert hat dem Ganzen Profil gegeben“, bedauert Goebel Reicherts Entschluss.

Neben jeder Menge Ausstellungen im Wasserturm zu den jährlichen Saisonzeiten von Ende März bis Anfang Oktober – seien es Bilder, Skulpturen oder andere Werke, geschaffen von Künstlern von nah und fern – kümmerte Reichert sich auch verlässlich um kulturelle Höhepunkte in der Galerie Hohe Heide und um Kunst-Veranstaltungen auf dem gesamten Gelände.

Als „Mann für alles“ wirbelte er Tag ein Tag aus auf dem Sonnentaugelände. Sei es, um alle Bilder pünktlich zur Vernissage an ihrem rechtmäßigen Platz anzubringen, Einzelpersonen und Gruppen beim Führen durch die Räume voll Kulturgeschichte zu erfreuen oder um die Masse an Künstlern zu koordinieren, die im Sonnentau um Ausstellung warben. Nicht zuletzt sorgte er in diesem Jahr für den reibungslosen Ablauf einer gemeinsamen Vorstellungsaktion mit der Bildnerischen Werkstatt der Rotenburger Werke.

Wie es mit der „Kultur im Sonnentau“ nach Reichert weitergeht, dafür hatte der Bürgermeister am Dienstagabend keinen Schlachtplan vorzulegen. Goebel: „Da bin ich für Anregungen sehr dankbar. Herr Reichert wird sich gelegentlich noch einbringen, sagt er, aber es muss jetzt zeitnah eine andere Lösung her. Wir sollten auf jeden Fall versuchen, diese besonderen Galerien fortzuführen, die sich auch über Visselhövedes Grenzen hinaus einen Namen gemacht haben.“

Wie des Turmwächters Zukunftspläne aussehen, wusste der Verwaltungschef aber zu berichten: „Herr Reichert wird demnächst an einem Info-Point auf dem Kasernengelände arbeiten, um dort die Koordination und die Beratung im Flüchtlingscamp zu übernehmen. Dann fungiert er dort als Sprachrohr.“

Künftig sieht Reichert seinen Turm dann wohl öfter aus einer ihm ungewohnten Perspektive.

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